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24.10.2014 | Baukonstruktion | Schwerpunkt | Online-Artikel

Simulation von Detonationen im Stadtbereich

verfasst von: Christoph Berger

2:30 Min. Lesedauer

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Ingenieure der Technischen Universität München (TUM) haben Modelle entwickelt, um die Auswirkungen von Detonationswellen im Stadtbereich vorhersagen zu können. Mit ihrer Hilfe soll verhindert werden, dass kontrollierte Sprengungen schwere Schäden an umliegenden Bauwerken verursachen.

Im August 2012 wurde in einer Baugrube im Münchner Stadtteil Schwabing eine 250 Kilogramm schwere Fliegerbombe aus dem Zweiten Weltkrieg entdeckt. Da sie nicht entschärft werden konnte, wurde sie kontrolliert gesprengt. 2500 Menschen mussten dafür ihre Häuser verlassen. Die Druckwelle richtete zahlreiche Schäden an den umliegenden Gebäuden an: zerborstene Scheiben, Risse in den Wänden und herabfallende Deckenteile.

Im November 2013 zerstörte die kontrollierte Sprengung eines Blindgängers in Oranienburg sogar ein ganzes Haus, das sich neben dem Fundort befand.

Sicherheit für die Bürger

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Wissenschaftler der Technischen Universität München (TUM) um Prof. Martin Mensinger vom Lehrstuhl für Metallbau forschen im Projekt „Verfahren zur Analyse von Detonationseinwirkungen in urbanen Gebieten“ (DETORBA) an Möglichkeiten, durch neue Simulationsmethoden Schäden durch Detonationswellen an Bauwerken besser vorherzusagen. DETORBA, an dem auch einige Unternehmen als Projektpartner beteiligt sind, wird vom BMBF im Rahmenprogramm „Forschung für die zivile Sicherheit“ gefördert.

Druckwellen überlagern sich

Zu Beginn ihrer Arbeit erstellten die Ingenieure realistische Modelle, um das Verhalten der Detonationswelle vorherzusagen. Sie stellten fest, dass die Druckwelle von den Gebäuden reflektiert wird. So kommt es schließlich zu mehrfachen Überlagerungen der zurückgeworfenen Wellen.

Bereits einfache Gebäudeformen führen zu äußerst komplexen Wechselwirkungen. Um diese so realistisch wie möglich berechnen zu können, nutzten die Ingenieure hochauflösende dreidimensionale Stadtmodelle, die auf Geoinformationssystemen (GIS) beruhen.  

Nachgiebigere Pfeiler sind beanspruchbarer

Da die anfälligen Stellen von Bauwerken und Bauteilen bekannt sind, können die Forscher anhand der Modelle sehr genau abschätzen, wo in der Baustruktur Schädigungen zu erwarten sind und welches Ausmaß sie erreichen. Aber auch die Verletzungsgefahr für die Menschen durch eine Detonation im städtischen Raum bewerten die Wissenschaftler. 

Wo und wie die Explosion Bauteile und Bauwerke verformt, analysieren die Ingenieure durch eine Kombination der Druckwellen-Simulation mit mechanischen Modellen. Auf Basis dieser Ergebnisse erforschen sie beispielsweise, wie die Widerstandsfähigkeit der Pfeiler von Bauwerken gesteigert werden kann.

„Wir haben gezeigt, dass Stützen deutlich geringer durch Druckwellen beansprucht werden, wenn sie nachgiebiger sind“, erklärt Bauingenieur Stefan Trometer. „Eine gezielte Nachgiebigkeit entsteht beispielsweise durch eine gelenkige Befestigung der Stütze auf dem Fundament. Wenn man diesen Befestigungspunkt zusätzlich etwas unterhalb der Geländeoberfläche anordnet, hat dies ebenfalls einen positiven Einfluss auf die Widerstandsfähigkeit. Wir entwickeln hierfür spezielle Stützen in Stahl-Beton-Verbundbauweise.“

Erstellen von Gefährdungskarten

Es ist außerdem möglich für fiktive Szenarien – dazu gehören Fliegerbombenfunde oder andere Bedrohungen wie Attentate – Gefährdungskarten zu erstellen. Im Ernstfall sollen Rettungskräfte die Möglichkeit haben, auf die Simulationen zuzugreifen. Sie erhalten so Informationen darüber, an welchen Stellen die größten Schäden zu erwarten sind und welche Bereiche beispielsweise für Rettungswege frei sein könnten. Auch die Evakuierungen von Gebäuden bei Fliegerbombenfunden könnten mithilfe der Karten besser geplant werden.

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Die Hintergründe zu diesem Inhalt

2006 | Buch

Explosion-Resistant Buildings

Design, Analysis, and Case Studies

2010 | OriginalPaper | Buchkapitel

Fire and Explosion

Quelle:
Risks in Technological Systems