28.02.2018 | Bauphysik | Im Fokus | Online-Artikel
Ein Großschlieren-System für das Raumklima
Das neue Messgerät an der Bauhaus-Universität Weimar.
Thomas Möller
"Für die hygrothermische Bemessung der Bauteile und Gebäude sind auch die raumseitigen Klimakomponenten zu quantifizieren. Neben der Eigensicherung des Gebäudes dient das Raumklima auch der Gewährleistung der Funktionssicherung, zum Beispiel der Behaglichkeit in Wohn- und Bürobauten oder der Sonderklimate in Produktionshallen, Museen usw.", schreibt Prof. Dr.-Ing. habil. Peter Häupl im Kapitel "Charakterisierung des Raumklimas" des Springer-Fachbuchs "Lehrbuch der Bauphysik".
Um hierbei zu neuen Erkenntnissen zu kommen, um tiefergehendes Wissen über den Einfluss des Raumklimas auf den Menschen zu erhalten und um zu erforschen, wie ein optimiertes Heiz- und Belüftungssystem der Zukunft aussehen könnte, investierte der Freistaat Thüringen rund 400.000 Euro in einen Schlierenspiegel, der nun an der Bauhaus-Universität Weimar steht – eines von weltweit derzeit vier existierenden Großschlieren-Systemen. Mithilfe des Messverfahrens lassen sich präzise Rückschlüsse auf vorhandene Luftströmungen im Raum und folglich auf das Wohlbefinden eines Menschen ziehen.
Luftströmungen werden sichtbar
Mit dem Schlierenverfahren werden kleinste Luftströmungen der Raumluft sichtbar, Schlieren, die mit dem bloßen Auge nicht zu erkennen wären, wie es aus Weimar heißt. Zunutze macht man sich bei der Visualisierung, dass Dichteunterschiede oder Dichtegradienten in einem Fluid eine Änderung des optischen Brechungsindex zur Folge haben. Detailliert wird das Verfahren sowie der dazugehörige Aufbau der Anlage im Kapitel "Strömungssichtbarmachung" des Springer-Fachbuchs "Strömungsmesstechnik" beschrieben. Herzstück des Messgerätes ist ein konkaver und extrem fein geschliffener Spiegel mit rund einem Meter Durchmesser. Hinzu kommen eine LED-Lichtquelle, eine Schlierenkante sowie eine Kamera mit hoher Auflösung und einem Objektiv mit hoher Schärfeleistung.
Simuliert werden nun unterschiedlichste Klimaverhältnisse in einem abgeschlossenen, mit Sensorik ausgestattetem Raum, der sogenannten Klimakammer. Mithilfe einer thermischen Manikin, einer Puppe mit unter der Hautoberfläche verlaufenden Heizdrähten, simulieren die Forscher eine dem Menschen ähnliche Hauttemperatur und prüfen, wie sich diese bei wechselnder Raumklimatisierung verändert. Außer dem Schlierenverfahren kommen dabei auch das Particle-Streak-Tracking-Verfahren (PST) sowie thermografischen Untersuchen zum Einsatz.