Eigentlich waren die Wissenschaftler des Instituts für Werkstoffe im Bauwesen (WiB) der TU Darmstadt nur auf der Suche nach einem besonders nachhaltigen Dämmstoff gewesen. Einem Dämmstoff, der möglichst vollständig recycelbar ist, um beim Rückbau keinen Sondermüll und ebenso die dabei höheren Kosten aufgrund der Entsorgung zu produzieren. Eine Auseinandersetzung, der sich laut der Einleitung des Springer-Fachbuchs "Stabilität von ultraleichten Schaumbetonen" keine ingenieurwissenschaftliche Fachrichtung mehr entziehen kann – und mit der im Besonderen die Baustoff-Forschung im Bauwesen konfrontiert ist.
Doch dann erfüllte das Ergebnis noch weitere Anforderungen, die an moderne Dämmstoffe gestellt werden – ausführlich besprochen im erwähnten Springer-Fachbuch "Stabilität von ultraleichten Schaumbetonen". Was hatten die Forscher der TU Darmstadt gemacht? Zunächst hatten sie Wasser mit ein wenig oberflächenaktivem Stoff in einem Generator aufgeschäumt. Für die Festigkeit wurde der Schaum mit Zementschleim vermischt. Beim Abbinden entsteht dabei ein leichter, rein mineralischer Dämmstoff, wie die Wissenschaftler berichten. Dieser könne entweder flüssig direkt auf das zu dämmende Bauteil aufgetragen oder aber in Form gegossen werden.
Es gab keine allgemeinen Regelungen
Eingesetzt wurde der neue Dämmstoff erstmals beim Bau der ETA-Fabrik, einer Modellfabrik auf dem Campus der TU, in der das Zusammenspiel von Produktion und Gebäude erforscht wird. Die Außenhülle dieser Fabrik wurde aus Fertigteilen errichtet, bei denen schon im Betonwerk die tragenden Betonteile mit dem neuen Dämmstoff vollflächig versehen wurden. Da für das neu eingesetzte Material noch keine allgemeinen Regelungen existierten, hätten unter anderem Teile der Statik, die Wärmedämmung sowie der Brandschutz gesondert von der Baubehörde geprüft werden müssen, so die Wissenschaftler.
So kann der mineralisierte Schaum beim Rückbau als ein materialkonformes Bauteil betrachtet werden – durch einfaches Zermahlen kann es wieder dem Stoffkreislauf zugeführt werden. Zudem ist der Schaum nicht brennbar. Die Trockenrohdichte liegt zwischen 160 Kilogramm pro Kubikmeter und 200 Kilogramm pro Kubikmeter. Der Porenanteil liegt bei etwa 90 Prozent, die Wärmeleitfähigkeit bei 180 Kilogramm pro Kubikmeter bei zirka 0,06 – die Wärmedämmeigenschaften lassen sich mit denen von Glas- und Steinwolle ähnlicher Rohdichte vergleichen.
Materialschwund während des Abbinde- und Aushärtungsprozesses
Derzeitiger Nachteil des mineralisierten Schaums ist laut den Wissenschaftlern noch der Materialschwund während des Abbinde- und Aushärtungsprozesses. Um diesen zu beheben, wird momentan an alternativen Zusammensetzungen geforscht.
Andere Forschungsarbeiten würden zudem darauf abzielen, den Zement durch Geopolymere zu ersetzen, also alkalisch aktivierte zementfreie Bindemittel, die aufgrund ihrer besonderen Erhärtungsreaktion hohe Frühfestigkeiten und eine hohe Hitzebeständigkeit entwickeln. Diese würden zudem ein im Vergleich deutlich niedrigeres Treibhauspotential aufweisen und zu weiterer Nachhaltigkeit aufgrund der Lebenszyklusbetrachtung mit Betriebskosten, dem Energieaufwand bei der Herstellung und der Entsorgung beitragen.