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18.11.2014 | Baustoffe | Schwerpunkt | Online-Artikel

Neue Regeln für Wärmedämmverbundsysteme mit Polystyrol

verfasst von: Christoph Berger

3:30 Min. Lesedauer

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Polystyrol wird sehr häufig als Dämmstoff von Häusern verwendet. Allerdings wird der Baustoff aus Erdöl gewonnen und ist somit entflamm- und brennbar. Die Bauministerkonferenz ist nach einer Versuchsreihe zu dem Ergebnis gekommen, dass deswegen neue Regelungen sinnvoll sind.

Die Bauministerkonferenz (BMK) hatte sich bereits in vorangegangenen Sitzungen intensiv mit dem Thema Wärmedämmverbundsysteme (WDVS) mit Polystyroldämmstoffen beschäftigt und weitere Untersuchungen einschließlich einer Versuchsreihe für die Fälle beauftragt, bei denen sich der Brandherd außerhalb des Gebäudes befindet.

Die Konferenz gab nun nach der letzten Sitzung bekannt, dass das jetzt vorliegende Ergebnis zeigt: In Bezug auf diese neuen Brandszenarien sind neue und ergänzende Regelungen sinnvoll. Deshalb würden nun Änderungen in den Zulassungsbestimmungen vorgenommen, insbesondere bei Neubauten, Erneuerungen und der nachträglichen Dämmung bestehender Gebäude.

Darüber hinaus wird die BMK für bestehende Gebäude Empfehlungen wie beispielsweise Abstände für oder Einhausungen von Müllcontainern aussprechen.

Schon nach etwa 20 Minuten ist alles verbrannt

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Schon im Vorfeld der letzten Sitzung hatte der NDR darüber berichtet, dass die Tests gezeigt hätten, dass auch Flammschutzmittel nichts gegen die Brände ausrichten können, dass mit Polystyrol gedämmte Häuserfassaden beispielsweise bei Mülltonnenbränden oftmals Feuer fingen. So sei in der Versuchsreihe das WDVS schon nach 13 Minuten vollständig in Flammen aufgegangen, nach 22 Minuten war alles verbrannt.

Gifte werden freigesetzt

Kommt es zum Brand des WDVS mit Polystyroldämmstoffen, hat dies zudem noch weitere Folgen. Im Buchkapitel „Ökologische Qualität“ des Springer-Fachbuchs „Wohngebäudeerneuerung“ heißt es beispielsweise: „Polystyrol, das sich zum Beispiel in den Dämmstoffen EPS (Expandiertes Polystyrol) und XPS (Extrudiertes Polystyrol) befindet, zersetzt sich ab einer Temperatur von 110 bis 210 Grad Celsius vor allem in Styrol, aber auch in geringen Mengen in Ethylbenzol, Toluol und Xylol. Styrol ist ein starkes Nervengift mit Verdacht auf krebserregende und erbgutschädigende Wirkung und wird als gesundheitsschädlich eingestuft.“

Ebenfalls gesundheitsschädlich sind danach Ethylbenzol, Toluol und Xylol, Toluol und Ethylbenzol zusätzlich leicht entzündlich. In Abhängigkeit von den Additiven, besonders den Flammschutzmitteln, kämen weitere Emissionen hinzu, schreiben die Autoren.

Auch Witterung hat Einfluss auf WDVS

Im Buchkapitel „Kunststoffe“ aus „Wendehorst Baustoffkunde“ werden über den Brandschutz hinausgehende Nachteile dieser Form des WDVS aufgezählt: „Ebenso kann langzeitige Bewitterung an zugbeanspruchten Kunststoff-Außenbauteilen Spannungsrissbildung hervorrufen. Formteile aus Polystyrol neigen besonders zu Spannungsrissbildung; schlagzäh modifiziertes Polystyrol ist weniger anfällig.“

In dem Kapitel – überhaupt wird in dem Buch sehr genau die Handhabung mit dem Stoff beschrieben – wird auch das Anbringen der Dämmplatten erklärt: „Fast alle Wärmedämmstoffe werden mit Kontaktklebstoffen auf Polychloroprenbasis verklebt. Eine Ausnahme bildet Polystyrol-Hartschaum, der von den in diesen Klebstoffen enthaltenen Lösemitteln angelöst wird. Deshalb werden Polystyrol-Hartschaum-Dämmplatten meist mit Dispersionsklebstoffen mit Zementzusatz, in seltenen Fällen mit Reaktionsklebstoffen auf Epoxidharzbasis verklebt.“

Bei der Anbringung gibt es einiges zu beachten

Laut den Autoren verwendet man bei Wärmedämmverbundsystemen auf Außenfassaden im Falle genügend tragfähiger Untergründe die gebördelte Verklebung nach der sogenannten Punkt-Wulst-Methode: „Auf den Hartschaumplattenrückseiten wird der Klebemörtel entlang der Plattenränder umlaufend auf einer Breite von ca. 3 bis 4 cm aufgetragen; auf der Restfläche werden einige handtellergroße Klebepunkte verteilt, wobei darauf zu achten ist, dass die von der Zulassung des Systems geforderte Mindestklebefläche von meist 40 % erreicht wird.“

Die Dämmplatten seien dabei dicht zu stoßen, heißt es. Klebstoff im Stoß sei strikt zu vermeiden, da er eine deutlich schlechtere Dämmwirkung als der Dämmstoff besitze und sich deshalb später infolge Kondensations- und damit einhergehender Verschmutzungseffekte im Außenputz markieren würde.

Überhaupt würden als Kunststoffe für die Wärmedämmung Hartschaum-Platten vornehmlich aus Polystyrol (PS) und Polyurethan (PUR) sowie im Dachbereich Rolldämmbahnen aus Polystyrol-Hartschaum eingesetzt, die mit einer bituminösen, als erste Lage im Sinne der Flachdachrichtlinien zählenden Dachbahn kaschiert sind.

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