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04.12.2015 | Baustoffe | Interview | Online-Artikel

„Mit Carbonbeton denken wir das Bauen neu“

verfasst von: Christoph Berger

3 Min. Lesedauer

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Das Konsortium Carbon Concrete Composite der TU Dresden ist am 27. November 2015 für seinen neuartigen Verbundbeton mit dem diesjährigen Forschungspreis ausgezeichnet worden. Manfred Curbach, Vorstandsvorsitzender des Projekts, erklärt im Interview die Vorteile der Innovation.

Springer für Professionals: Herr Professor Curbach, herzlichen Glückwunsch zur Verleihung des Deutschen Nachhaltigkeitspreises Forschung 2015!

Univ.-Prof. Dr.-Ing. Dr.-Ing. E.h. Manfred Curbach: Wir sind sehr dankbar und stolz zugleich. Die Auszeichnung treibt die Entwicklung des innovativen Baustoffes weiter voran und würdigt unsere bisherige Forschungsarbeit.

Sie haben den Preis für den im Rahmen des C³-Projekts entwickelten Carbonbeton erhalten. Erklären Sie bitte kurz, um was für einen Beton es sich dabei handelt, wie ist er aufgebaut?

Es handelt sich hierbei um einen Verbundwerkstoff aus Hochleistungsbeton und Carbon. Im Vergleich zum Stahlbeton wird der Stahl durch Carbon ersetzt. Der Herstellungsprozess sieht dabei unter anderem so aus: In einer Textilmaschine werden einzelne Carbongarne zu einem textilen Gelege (Gitter) verarbeitet. Alternativ dazu können in einem Pultrusionsprozess die Carbongarne zu Stäben verbunden werden. Dieses Gitter/Stäbe lassen sich dann – ähnlich wie bei einer Stahlbewehrung – auf die Baustelle oder in Fertigteilwerke transportieren. Dort wird die Carbon-Bewehrung für die Verstärkung bestehender Konstruktionen oder für Neubauteile eingesetzt.

Worin liegen die Potenziale des Carbonbetons?

Bei Stahlbetonbauteilen ist eine Betondeckung erforderlich, um den Stahl vor Korrosion zu schützen. Carbon dagegen rostet nicht, wodurch eine dicke Schutzschicht aus Beton nicht notwendig ist. Wir können dünnwandiger bauen und sparen somit enorm viel Material ein. Hinzu kommt noch die Flexibilität des Materials, die vor allem Architekten Möglichkeiten eröffnet, Gebäudegeometrien zu entwerfen, die bisher nur äußerst schwer umsetzbar waren. Die meisten assoziieren Beton mit plumpen und voluminösen Bauwerken. Mit Carbonbeton denken wir das Bauen neu. Dieses Neugedachte ist filigran, stabil, frei formbar, dauerhaft und ressourcenschonend.

Das Nicht-Rosten und neue Gebäudegeometrien sind also die Hauptunterschiede zum häufig verwendeten Stahlbeton?

Stahlbeton revolutionierte den Bausektor. Seine Eigenschaften, große Lasten zu tragen und eine hohe Biege- und Zugfestigkeit zu besitzen, machen ihn zum idealen Baumaterial. Der einzige Nachteil des Stahlbetons besteht jedoch darin, dass durch unterschiedliche Einflüsse der Stahl im Beton rosten kann. Somit verkürzt sich die Lebensdauer der Bauwerke deutlich. Carbonbeton ist dagegen korrosionsbeständig, langlebig und verbraucht weniger Material. Um beispielsweise marode Bauwerke mit Stahlbeton zu verstärken, benötigen wir heute circa acht Zentimeter an zusätzlicher Betonschicht. Bei der Verwendung von Carbonbeton wird lediglich eine Schicht von einem Zentimeter aufgetragen.

Was sagt der Preis über die Stellung des Bauwesens in Deutschland aus – immerhin haben sich sowohl die Preisjury als auch das Online-Publikum für Ihre innovative Entwicklung entschieden?

Um den globalen Herausforderungen gerecht zu werden, muss sich das Bauwesen durch technologische Innovationen einem Wandel in Richtung Ressourceneinsparung unterziehen. Der Nachhaltigkeitspreis Forschung fokussierte in diesem Jahr nachhaltige Stadtentwicklung der Zukunft. Er verdeutlicht, dass vor allem im Bausektor ein Umdenken notwendig ist. Die Entscheidung der Jury und das Online-Voting zeigen, dass die gebaute Umwelt einer konkurrenzfähigen Alternative zum Stahlbeton bedarf. Mit Carbonbeton führen wir eine neue Leistungsebene ein, mit dem Ziel, in zehn Jahren 20 Prozent des Stahlbetons durch Carbonbeton ersetzen zu können.

Zur Person

Univ.-Prof. Dr.-Ing. Dr.-Ing. E.h. Manfred Curbach ist Vorstandsvorsitzender des BMBF Konsortiums C³ – Carbon Concrete Composite e. V. Außerdem leitet er das Institut Massivbau an der TU Dresden. Curbach leitet die deutsche Delegation des Internationalen Beton-Verbandes fib, er ist Sprecher des Schwerpunktprogramms SPP Leicht Bauen 1542 und Mitglied in der Nationalen Akademie der Wissenschaften Leopoldina.
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