Skip to main content

2019 | Buch

Beiträge zur Jahrestagung der Gesellschaft für Musikforschung in Kassel 2017

Das Populäre in der Musik und das Musikverlagswesen

herausgegeben von: Dr. Annette van Dyck-Hemming, Prof. Dr. Jan Hemming

Verlag: Springer Fachmedien Wiesbaden

Buchreihe : Systematische Musikwissenschaft

insite
SUCHEN

Über dieses Buch

Dieses Buch versammelt Ansätze der Musikwissenschaft, die auf der Tagung der Gesellschaft für Musikforschung in Kassel 2017 diskutiert wurden. Studien zu Gitarrenriffs im Heavy Metal, Vokalmusik der Renaissance oder Techno stehen dabei neben Untersuchungen zum Einfluss Th. W. Adornos auf die Forschung und Forderungen, populäre Musik ernst zu nehmen. Zweiter Themenschwerpunkt sind Verlage, ihre Netzwerke und ihr Verhältnis u. a. zu Beethoven sowie Fragen zu Urheberrecht und digitaler Publikation. Der Band dokumentiert die Vielfalt musikologischer Forschung, die sich mit Musikwirtschaft und -software, Aufnahmetechnik, aber auch Instrumentenbau, Klaviersonaten und der Freundschaft zwischen Luciano Berio und Umberto Eco beschäftigt, und gibt so Antworten auf aktuelle und historische musikalische Fragen.

Inhaltsverzeichnis

Frontmatter

Themenschwerpunkt: Musikverlagswesen: gestern – heute – morgen

Frontmatter
Zur Einführung: Was können und dürfen Musikwissenschaft und Musikverlage künftig (noch) voneinander erwarten?

Jedes Mal, wenn am Sonntagabend die Titelmusik des Tatorts von Klaus Doldinger gespielt wird, fließt Geld, und zwar in Form von Lizenzzahlungen, die über ein komplexes Geflecht aus Verwertungsgesellschaften und auch Musikverlagen abgewickelt werden. Das muss man sich einmal vorstellen: da komponiert jemand Anfang der 1970er-Jahre diese Musik, hat die Arbeit seit Jahrzehnten abgeschlossen, und verdient immer noch daran! Ist das eigentlich gerechtfertigt? Oder wäre es nicht angemessener gewesen, Doldinger wäre mit einer einmaligen Zahlung für die einmal geleistete Arbeit entlohnt worden? Diese Art des ‘work for hire’ ist im europäischen Urheberrecht – anders als in den USA – nicht einmal vorgesehen. Ein Autor kann seine Urheberschaft nicht abtreten, sondern lediglich die Nutzung seiner Werke lizensieren. Nochmal: Warum ist das eigentlich so? Und ist es richtig so?

Jan Hemming
Das Musikverlagswesen als Gegenstand der Musikhistoriographie

Wir haben uns längst daran gewöhnt: Musikhistorische Darstellungen umgehen das Herstellen von und das Handeln mit Musikalien weiträumig. In den Registern wissenschaftlicher Arbeiten finden sich, freilich neben den Protagonisten des musikalischen Geschehens, kaum je Namen von Verlegern; dagegen sind Herder, Schopenhauer, Nietzsche und selbstverständlich Adorno und Dahlhaus omnipräsent, und wenn einmal Steiner auftaucht, so ist in der Regel nicht einer der Hauptverleger Beethovens, sondern der Anthroposoph gemeint. Irgendwie scheint die (allerdings nicht näher begründete, geschweige denn diskutierte) Vorstellung zu bestehen, dass Musik einfach nur da ist, dass sie, und zwar für uns, existiert – bestenfalls in Form einer historisch-kritischen Ausgabe auf modernstem technischen und philologischen Niveau – und dass es die Hauptaufgabe des Analytikers und Exegeten ist, sie zu deuten, sei es, im historischen oder im ästhetischen Kontext.

Axel Beer
Briefedition als Kataloganreicherung

Dieser Text leitet den Editionsansatz der Online-Ausgabe der Korrespondenz des Komponisten und Violinisten Louis Spohr aus der bibliothekswissenschaftlichen Tradition her.

Karl Traugott Goldbach
Urheberschutz für Wissenschaftliche Ausgaben und Erstausgaben

Lange Zeit waren die Ergebnisse dessen, was Musikwissenschaftler mit hervorragender Fach- und Sachkenntnis nach intensiver Forschung als Originalfassung oder als eine dem Original sehr nahe kommende Fassung eines Werkes erarbeitet hatten, außerhalb des Urheberrechts angesiedelt, somit ungeschützt und frei von jedermann nutzbar.

Thomas Tietze, Christian Krauß
Der Bärenreiter-Verlag und seine Satelliten

Als Karl Vötterle 1923 im schwäbischen Augsburg den Bärenreiter-Verlag “ins Leben rief”, glaubte er selbst nicht daran, dass aus einem familiären “Copyshop” eines der führenden Unternehmen seines Zeichens für Musik auf dem Weltmarkt werden würde. Der Name ist gleichsam sein Motto: So greift im ersten Verlagssignet ein kleiner Junge, auf einem Bären reitend, im Sternbild des Großen Bären nach dem Alkor-Stern.

Patrick Kast
Die Verlage Furore, Merseburger und Pan

Musikverlagswesen gestern – heute – morgen ist ohne Zweifel ein spannendes Thema und hat gewiss viele Facetten, vor allem wenn das Gestern von Merseburger ein anderes Gestern ist als das Gestern des Furore-Verlags. Das ist ja schon fast das Heute!

Renate Matthei
Zur Situation der Universitätsbibliotheken

Das wissenschaftliche Publikationswesen basiert derzeit je nach Fachdisziplin zum überwiegenden Teil noch auf dem subskriptionsbasierten Modell, d. h. Universitätsbibliotheken erwerben Lizenzen für den campusweiten Zugriff auf E-Journals und halten Abonnements von Printzeitschriften, letzteres im digitalen Zeitalter jedoch mit stark rückläufiger Tendenz. Dieses Modell stellt wissenschaftliche Bibliotheken zunehmend vor Herausforderungen.

Tobias Pohlmann
Musikverlage als Motoren der Popularisierung am Beispiel von Ludwig van Beethoven, Richard Strauss und Alban Berg. Ein (unzulässiger?) Vergleich

Seit der Aufklärung und dem Aufkommen des bürgerlichen Kapitalismus haben Musikverlage die Karrieren von Komponisten nicht nur begleitet, sondern deren Verlauf wesentlich mitbestimmt. Neben der Verbreitung von Werken und ihrem pekuniären Erfolg kam dabei auch die Fama zum Vorschein, die Komponistenkarrieren begleitete: Der Ruf der Komponisten, ihre Bedeutung wurden ebenso gefestigt wie die Kanonisierung des Repertoires. Der Prozess der Konstruktion von Bildern der jeweiligen Komponisten und ihrer Status fällt dabei mit dem Anspruch des Schöpferischen, dem Genie‐Begriff sowie mit der Etablierung und Modifikation des modernen Musikbegriffs insgesamt zusammen.

Daniel Ender
Drucker, Herausgeber und Verleger. Netzwerke der Augsburger Musikpublizistik in der Reformationszeit

Dieser Beitrag beleuchtet die Strukturen des Augsburger Musikdrucks in der Reformationszeit (1520 bis ca. 1550). Er geht der Frage nach, warum die Stadt, die in der vorreformatorischen Zeit Innovationsmotor des Notendrucks gewesen war, hinter andere großen Zentren des Musikverlagswesens wie Nürnberg oder Wittenberg zurückfiel. Ein Hauptaugenmerk der Untersuchung liegt auf den beteiligten Personen und ihren Tätigkeitsfeldern im Musikverlagswesen – allen voran auf den Mitgliedern der Familie Fugger, auf dem Herausgeber Sigmund Salminger und dem Drucker Melchior Kriegstein.

Moritz Kelber
Berliner Musikverlage

Dass Musikverlage eine wichtige Rolle bei der Verbreitung und Vermittlung von Musik einnehmen, steht inzwischen nicht mehr in Frage. Anders als Leipzig war Berlin ursprünglich kein Zentrum des Musikverlagswesens. Die Zahl der Verlage stieg jedoch von nur 17 Verlage Mitte des 19. Jahrhunderts rapide an, nachdem Berlin 1871 zur Reichshauptstadt wurde: Um die Jahrhundertwende lassen sich über 70 Musikverlagen nachweisen.

Beatrix Obal
Partnerschaft oder Konkurrenz? – Handschriftliche Partituren und gedruckte Klavierauszüge von Opern in den Zeitschriften und Verlagskatalogen des deutschsprachigen Raums in der zweiten Hälfte des 18. Jahrhunderts

In den Fachzeitschriften des deutschsprachigen Raums sind gegen Ende des 18. Jahrhunderts häufig Klagen über die Unzulänglichkeit von Klavierauszügen als Beurteilungsgrundlage von Opern zu lesen. Daher liegt der Schluss nahe, dass den Rezensenten der Zugang zu den Opernpartituren verwehrt blieb. Doch zeigt der Blick in die Verlagskataloge beispielsweise von Breitkopf, Rellstab und Artaria, dass zusätzlich zu den Klavierauszügen auch Partituren in Handschrift erhältlich waren.

Andrea Horz

Themenschwerpunkt: Das Populäre in der Musik

Frontmatter
Zur Einführung: Das Populäre in der Musik

Der Themenschwerpunkt 2 der Kasseler GfM-Tagung war dem Phänomen Populäre Musik gewidmet, welches aus unterschiedlichen fachlichen Perspektiven diskutiert werden sollte. Entsprechend waren Vertreterinnen und Vertreter der Kultur- und Medienwissenschaft, der Historischen Musikwissenschaft, der Musikethnologie, der Musikpädagogik und der Systematischen Musikwissenschaft eingeladen, ihre jeweils fachspezifische Sicht auf das Populäre in der Musik darzulegen und in einer abschließenden Podiumsdiskussion gemeinsam zu erörtern. Nachfolgend wird zunächst eine kurze Einleitung in das Thema sowie eine Zusammenfassung der zentralen Aspekte der Podiumsdiskussion gegeben und anschließend die Fachbeiträge der jeweiligen Referentinnen und Referenten in der Reihenfolge ihrer Präsentation auf dem Symposium geboten.

Veronika Busch, Jan Hemming
Zur Medialität von Pop-Songs und die Konsequenzen für die Songanalyse

Die Analyse von Popsongs setzt eine Reflexion ihrer Medialität voraus. Ihre primäre Erscheinungsform ist die Studioaufnahme. Daraus folgt die Abkehr von der Analyse auf Basis von Notation und das Entwickeln alternativer Analyseformen.

Fernand Hörner
Frottola goes pop. Ein Gedankenspiel

In der Renaissance gab es noch keinen expliziten Diskurs um das Populäre; gleichwohl wurde es bereits bewusst eingesetzt und bot in der noch nicht schematisierten historischen Offenheit einen interessanten historischen Begegnungsraum. Diese These (Peter Burke u. a.) lädt dazu ein, das weltliche Gattungsspektrum der Zeit zu differenzieren und die Gattung der Frottola als Populärkultur zu betrachten, eine Vokalmusik italienischer Sprache, die um 1500 vom Hof aus in Mode kam. Das Gedankenspiel geht von Io non compro più speranza (‘Ich kaufe keine Hoffnung mehr’) aus, 1504 in Venedig gedruckt und auf den Musiker Marchetto Cara zurückzuführen, der am Hof in Mantua für die Markgräfin Isabella d’Este Gonzaga tätig war.

Sabine Meine
Über Musikethnologie und Popularmusikforschung

In diesem Beitrag werde ich zwei häufig vorkommende Ansätze in der Popularmusikforschung diskutieren, die ich teilweise als problematisch sehe: 1) Studien in der Tradition Adornos kritischer Theorie und 2) musikanalytische Studien, die eine hermeneutische Herangehensweise aufweisen. Ich werde versuchen aufzuzeigen, dass die Musikethnologie methodologische Impulse liefern kann, die produktiv für die Popularmusikforschung sein können.

Julio Mendívil
Populäre Musik aus Sicht der Musikpädagogik im Spiegel von Schulmusikbüchern

Die musikalische Bildung von Schülerinnen und Schülern an weiterbildenden Schulen wird seit jeher durch Musikbücher unterstützt. Werke populärer Musik wurden besonders nach dem Zweiten Weltkrieg in die deutschsprachige Schulbuch-Literatur unter den Gesichtspunkten von Analyse, Formenlehre, Musiktheorie, Informationen zur elektronischen Musik etc. eingefügt. Eine quantitative Erhebung, basierend auf ca. 50 Schulmusikbüchern seit 1970, weist darauf hin, dass Schulbuchverlage den Musikunterricht nur anhand weniger bestimmter Werke anleiten.

Brigitte Vedder
Klassik in Kinderfilmen

Die Verwendung klassischer Musik in Kinderfilmen kann ein musikpädagogischer Gewinn sein oder eine vertane Chance. Junge Heranwachsende, vor allem Mädchen, kennen klassische Musikstücke zum Beispiel aus Barbiefilmen. Obwohl sie angesichts der bewegenden Geschichten die klangliche Untermalung meist nur unbewusst aufnehmen, wird dadurch generell eine gewisse ästhetische Offenheit gefördert.

Claudia Breitfeld
Differenzen zwischen nationalen und internationalen sowie disziplinären und interdisziplinären Forschungsansätzen zu populärer Musik vor dem Hintergrund der Tagung der International Association for the Study of Popular Music in Kassel 2017

Die Vielfalt des Themenangebots auf einer Konferenz der International Association for the Study of Popular Music kann leicht zu einem Eindruck der Beliebigkeit führen. Vor dem Hintergrund der Tagung in Kassel 2017 und der vertieften Betrachtung einiger Einzelbeiträge wird in diesem Artikel die Frage gestellt, welches die international dominierenden thematischen, methodischen und inhaltlichen Hauptstränge sind. Gleichzeitig wird ihr Verhältnis zu solchen Ansätzen der Popularmusikforschung diskutiert und problematisiert, die in erster Linie aus dem deutschsprachigen Raum und/oder aus der Musikwissenschaft als Einzeldisziplin hervorgehen.

Jan Hemming
Von Avantgarde zum Pop. Die ästhetische Metamorphose des musikalischen Minimalismus

Der musikalische Minimalismus ist in den 1960er-Jahren – in ästhetischer Nähe zur Minimal Art-Bewegung – bekanntermaßen mit dem Anspruch einer avantgardistischen künstlerischen Bewegung gestartet. Die frühen Arbeiten La Monte Youngs, Terry Rileys, Steve Reichs und Philip Glass’, aber auch die von Phill Niblock und Alvin Lucier, konnten als radikal und neu gelten, obwohl oder gerade weil der Bruch mit der europäischen ‘Tradition des Neuen’, dem noch der seriellen Musik inhärenten Fortschrittsdenken, in der Mitte des 20. Jahrhunderts die Entstehung des frühen Minimalismus begünstigt hatte. Nach ihrer Aufbruchsphase geriet die Minimal Music spätestens seit den 1970er-Jahren auf eine ‘Erfolgsspur’, die unmittelbar mit den musikalischen Mitteln der Reduktion, der Wiederholung, einer Neotonalität und einer damit einhergehenden Redundanz erklärt werden kann.

Ulli Götte
Thüringer Musikszene – Probleme und Potentiale

Der Beitrag stellt Probleme und Potentiale der aktuellen Thüringer Musikszene dar. Eine Analyse von 108 Interviews mit professionellen und semi-professionellen Künstlern und Bands eruiert Erfahrungen, Probleme, Erfolgsstreben und Professionalisierung innerhalb der Imrovisations- und Songkultur Thüringens. Das Ergebnis zeigt ein großes unerschlossenes Potential der Musikszene in Thüringen auf.

Tobias Marx
…dove ne’ teatri quanti abitatori sono in una città possono andare ad udire… – Populäre Kultur und das venezianische Musiktheater

Die venezianischen Theater waren spätestens seit dem frühen 18. Jahrhundert jedermann zugänglich, für bestimmte Berufsgruppen sogar bei freiem Eintritt. Dies belegen zahlreiche Berichte von Reisenden, Aussagen von Theaterverantwortlichen sowie für das venezianische Überwachungssystem typische Denunziationsschreiben, in denen z. B. über Ausschreitungen im Theater berichtet wird. Bereits Hellmuth Christan Wolff wies in seiner Publikation Die venezianische Oper in der zweiten Hälfte des 18. Jahrhunderts (Berlin 1937) auf die besondere Rolle der Gondolieri als Theaterpublikum hin, deren exaltiertes Verhalten im Theater zur Touristenattraktion wurde und jugendlichen Patriziern als Rollenvorbild diente.

Vera Grund
Techno: Interaktion von Simplizität und Komplexität

Techno als Musikgattung ist ein populäres Genre mit zahlreichen Stilvarianten, deren minimale Gemeinsamkeiten die Nutzung elektronischer Produktionsmittel und durchlaufender, dominanter Beats sind. Das hat ihm den Ruf musikalischer Simplizität eingebracht. Die nähere Untersuchung der musikalischen Substanz erscheint wenig ergiebig, sind doch die meisten Produktionen zwar klangfarbenreich, aber in ihrer Struktur direkt am Grundbeat orientiert, während traditionelle musikalische Parameter wie Melodie, Harmonie und Rhythmus allenfalls eine untergeordnete Rolle spielen. Mark Butler zeigte dagegen in seinen Studien zur Produktion und ihrer Live-Performance, dass in der Praxis des Techno ein neuer musikalischer Kontext entstanden ist, in dem stilspezifische und komplexe musikalische Elemente enthalten sind.

Martha Brech, Jan Urbiks, Anna-Lena Vogt
Zur Konzeptualisierung von Metal-Riffs

Über Metal-Riffs wird häufig mit energetischen Metaphern gesprochen. Derartige Äußerungen sollten nicht als nachgeordnete Zuschreibungen, sondern als Hinweis auf eine grundlegende konzeptuelle Metapher verstanden werden, die bereits auf der ersten Ebene der Produktion wirksam ist. Der vorliegende Beitrag konzentriert sich auf den Zusammenhang zwischen Konzeptualisierung und strukturell-musikalischen Aspekten.

Christoph Wald

Symposium der Fachgruppe Musikwissenschaft an Musikhochschulen: Künstlerische Promotion – Schimäre oder Fortschritt?

Frontmatter
Künstlerische Promotion – Schimäre oder Fortschritt? Ouvertüre zum Symposium

Das Thema ‘Künstlerische Promotion’ wird seit einigen Jahren in den Kunsthochschulen weithin heiß diskutiert. Bislang war üblicherweise an Kunsthochschulen mit Promotionsrecht hierzulande ‘nur’ eine Promotion zum Dr. phil. möglich mit Themen, die so unähnlich jenen an Universitäten nicht waren.

Dorothea Hofmann

Symposium der Fachgruppe Instrumentenkunde: Verlagswesen und Instrumentenhandel

Frontmatter
Das Verlagssystem im vogtländischen Musikinstrumentenbau

Die wirtschaftliche Struktur des Musikinstrumentenbaus im sächsischen Vogtland und im angrenzenden Westböhmen wurde vom 18. Jahrhundert bis zur Mitte des 20. besonders stark vom Verlagssystem geprägt. Der folgende Beitrag gibt zunächst einen Einblick in die grundlegenden Publikationen zum Thema, ohne damit den Anspruch auf einen chronologischen Abriss zur Geschichte des Verlagssystems zu verfolgen. Auch die Ambivalenz bei der Bewertung dieser Wirtschaftsform in verschiedenen historischen Darstellungen kann nur angedeutet werden.

Enrico Weller
Das Verlagssystem im vogtländischen Musikinstrumentenbau im Spiegel erhaltener Streichinstrumente des Klosters Michaelstein

In der Sammlung des Klosters Michaelstein befinden sich 173 Streichinstrumente aus dem vogtländischen Musikinstrumentenbau-Zentrum. Sie umfassen eine große Spannbreite von sorgfältig gearbeiteten bis zu minderwertigen Erzeugnissen aus der Zeit vom 18. bis zum 20. Jahrhundert und repräsentieren damit einen gewissen Querschnitt des Geigenbaus in dieser Region.

Monika Lustig

Freies Symposium: Musikwissenschaft und Musikwirtschaftsforschung – Interdisziplinäre Erkundungen

Frontmatter
Musik(wirtschafts)kulturforschung. Skizzen einer kulturwissenschaftlichen Musikwirtschaftsforschung

Der vorliegende Beitrag skizziert einige Gedanken zur sich aktuell im Entstehen befindenden Disziplin ‘Musikwirtschaftsforschung’. Ausgehend von den zentralen Prämissen der ‘Kulturellen Ökonomik’ präsentiert dieser Text einen möglichen Gegenstandsbereich von Musikwirtschaftsforschung: das dynamische Gefüge von Musik- und Wirtschaftskulturen sowie die darin eingebetteten ‘moderierenden Elemente’, die aus diesem Gefüge ein ‘Beziehungsgefüge’ werden lassen. An Hand eines Beispiels aus dem Bereich der Event Studies wird der im Text skizzierte Ansatz, Musikwirtschaftsforschung auch als Musik(wirtschafts)kulturforschung zu begreifen, erläutert und kommentiert.

Beate Flath
Ausbildung für die Musikwirtschaft

In der deutschen Musikwirtschaft mit ihren unterschiedlichen, aber meist interagierenden Branchen arbeiten derzeit mehr als 200.000 Menschen, angestellt und frei. In den letzten knapp eineinhalb Jahrzehnten hat sich die Ausbildung für die Musikwirtschaft massiv verändert, immer mehr akademische Angebote werden, abseits der Popakademie in Mannheim – meist von privaten Anbietern – initiiert. Der Beitrag stellt sich die Frage, welche unterschiedlichen Ausbildungsangebote derzeit existieren und wie sie die Absolventen gezielt auf den späteren Berufseinstieg vorbereiten.

Martin Lücke

Musik und Politik

Frontmatter
Die Geburt der (National-)Musik aus dem Geiste der Tragödie? Die Schweiz, ihre Musik und der Zweite Weltkrieg

Der Zweite Weltkrieg führte in der Schweiz zu einem verstärkten Nationalismus. Im Zuge der sogenannten Geistigen Landesverteidigung wurde auch die Schweizer Musikwelt aufgefordert, deren nationales Selbstverständnis zuvor nur schwach ausgeprägt war. So entwickelten Musikschaffende und -publizistik innert weniger Jahre verschiedene Ansätze zu einer genuin ‘Schweizer’ Musik, von denen nur wenige ihren unmittelbaren Kontext überlebten.

Simeon Thompson
Music for Spanish Anti-Fascism. Hanns Eisler’s Himne per a l’Olimpíada Popular (1936) and Marcha del Quinto Regimiento (1937)

In April 1936 Eisler visited Spain for the first time in order to attend the 14th Festival of the International Society for Contemporary Music, held that year in Barcelona. In the Catalan capital, he learned about the celebration, in July that year, of an international ‘People’s Olympiad’, conceived as an anti-fascist protest against the 1936 Berlin Summer Olympics. He decided to collaborate by composing a representative song for the event.

Diego Alonso Tomás
Musik in der politischen Werbung

Musik hat sich innerhalb der politischen Werbung fest etabliert. Die Disposition von Musik wird insbesondere im Verlauf von Wahlkämpfen politischer Parteien wahrgenommen. So werden die Bürgerinnen und Bürger in verschiedenen Rezeptionssituationen mit bewusst eingesetzten Musikstücken konfrontiert, z. B. bei Wahlkampfauftritten und in Wahlwerbespots. Diese politische bzw. politisierte Musik besteht neben der zentralen (ernsthaften, glaubwürdigen) Argumentationsroute und wird als peripheres (sympathisches, suggestives) Überzeugungsmittel2 eingesetzt und kann die effektorientierte Inszenierung3 von Partei(programm) und Kandidatin oder Kandidat unterstützen. Es wird vermutet, dass innerhalb der Fallstruktur, die sich aus der Verbindung von der Partei- bzw. Kandidatenausrichtung, dem Musikstück und dem Komponisten bzw. Interpreten zusammensetzt, eine spezifische Passung zum Erfolg führt.

Hendrik Neubauer

Musik und Medien

Frontmatter
In Edisons Werkstatt: Voice trials und ihre Rückwirkung auf die technische Entwicklung und auf das Singen

Anhand von Dokumenten zur Gesangsaufnahme aus dem Archiv von Thomas Alva Edison in New Jersey/USA soll gezeigt werden, dass die Studioarbeit bzw. die technischen Gegebenheiten Auswirkungen auf das Musizieren bzw. die musikalische Praxis von Sängerinnen und Sängern hatte. Die Ästhetik der Tonaufnahme ist also mit der Praxis des Singens und der Geschichte des Körpers untrennbar verbunden.

Karin Martensen
Grammophon und Stummfilm – Zur Imagebildung von OpernsängerInnen durch den Verbund auditiver und visueller Medien zu Beginn des 20. Jahrhunderts

Mit der Vermarktung der ‘Komplementärmedien’ Tonaufnahme und Stummfilm wurden gezielt Images von Opernstars kreiert. Unabhängig vom Medium ist zu beobachten, dass Stars gewünschte Facetten ihrer Personae über die Wahl und Dramaturgie der dargestellten Protagonisten beleuchteten, mithin Stars sich an den Rollen, die sie verkörperten, für ihre eigene Imagebildung bedienten.

Tilo Hähnel, Philipp Kreisig
Musiktechnik und Gender. Zur Konstruktion von Männlichkeit in Bildern und Diskursen über Musiksoftware

Wie viele andere Technologien und Objekte ist Musiksoftware an der Konstruktion von Geschlechtervorstellungen, -bildern und –rollen beteiligt. Der Beitrag fragt danach, wie auf den Ebenen der Entwicklung und des Designs, der medialen Vermittlung sowie der Aneignung von Musiksoftware die Gender-Dimension daran beteiligt ist, für wen Musiksoftware produziert wird und welche Vorstellungen und Bilder des Musikmachens dabei vermittelt werden. Die Konstruktion von Gender geschieht dabei auf vielfältige Art und Weise sowie über unterschiedliche Medien und Kontexte. Sie reicht von der Erziehung über Freundeskreise und Musik(hoch)schulen zu Musikvideos, Zeitschriften, Werbung und Konzerten. Die Entwicklung von Musiktechnologie, die Musikproduktion als auch die Live-Inszenierung von Musiktechnologien waren und sind eine stark männlich geprägte Domäne. Musiksoftware ist insofern ein Bereich, in dem insbesondere Vorstellungen von Männlichkeit entwickelt und geprägt wurden.

Andreas Möllenkamp

Angewandte Kulturtheorie(n)

Frontmatter
Kritik und ‘höhere’ Kritik? Paul Bekker und Theodor W. Adorno im Vergleich

Paul Bekker und Theodor W. Adorno haben die Musikwissenschaft des 20. Jahrhunderts in Deutschland maßgeblich geprägt und mitgestaltet.

Daniel Siebert
Die Freundschaft Luciano Berios zu Umberto Eco. Beispiel eines interdisziplinären Dialogs über Musik

Die Entwicklung der Neuen Musik weltweit hat als besonderes Phänomen die Integration verschiedener Fachdisziplinen wie zum Beispiel Philosophie und Sprachwissenschaft in ihrem Entwurf hervorgebracht, was sowohl zu Bereicherung als auch zu Differenzen führte. Als Beispiel eines solchen interdisziplinären Dialogs über Musik soll in diesem Referat eine in den 1960er-Jahren entstandene Freundschaft zwischen den beiden Italienern Luciano Berio und Umberto Eco angesprochen werden. Während ihrer gemeinsamen Arbeit im Studio di Fonologia Musicale der italienischen Rundfunkanstalt RAI diskutierten beide Protagonisten sowohl über den ästhetischen Begriff der Offenheit in Kunstwerken als auch über die im Roman Ulysses vorkommende Onomatopoesie.

Martin Link

Freie Beiträge

Frontmatter
Die Popularisierung von Rochlitz’ Geschmack Gedanken zur Dynamik von Musikhistoriographie am Beginn des 19. Jahrhunderts

Schenkt man diesen Worten in Johann Friedrich Rochlitz’ bekannten Wiener Briefen aus dem Jahr 1822 unbeirrt Glauben, übersieht man leicht, dass das Engagement des Leipziger Autors für seine Kunstideale keineswegs als ausschließlich inhaltsbasierter Selbstläufer bezeichnet werden kann. Im Gegenteil wurde Rochlitz’ musikpublizistisches OEuvre um 1800 durch eine Reihe sich ergänzender Aspekte befördert. Sie weisen deutlich über das geschriebene Wort des Autors hinaus. Die Beschäftigung mit dieser Thematik im Rahmen der folgenden Ausführungen ermöglicht, die Einschätzung von Rochlitz als diskursprägendem Musikschriftsteller in medialer, verlegerischer und marktstrategischer Hinsicht zu differenzieren.

Carolin Krahn
“Classische Meisterwerke” von “besonderem Werth”: Sonaten für Pianoforte in Musikperiodika um 1830

Am Korpus von Klaviersonaten, das sich um 1830 unter anderem in neu lancierten Musikperiodika konstituiert, lässt sich beobachten, wie im deutschsprachigen Raum der Begriff des “Classischen” verwendet und gleichzeitig genauer geprägt wird. Mediale Verbreitung, sich ausbildendes Verlagsrecht, bürgerlichnationales Selbstbewusstsein und Bildungsstreben sowie publizistische Debatten in Fach- und Tagespresse wirken dabei in einem rezeptionsgeschichtlichen Selektionsprozess zusammen. Indem der vorliegende Beitrag diesen Prozess nachzeichnet, rekonstruiert er in Ansätzen einen als “classisch” bezeichneten Klaviersonaten-Typus, der in den ersten Jahren nach Beethovens Tod mutmaßlich die Rezeption und Produktion von Werken dieser Gattung geleitet hat. Schließlich weist die Untersuchung auf ‘blinde Flecken’ gängiger historiographischer Perspektiven hin, unter denen die hier in den Vordergrund gerückten Aspekte als bloß akzidentiell gelten.

Felix Michel
Popularisierung der traditionellen koreanischen Musik: Gugak, das Eigene, aber doch Fremde in Korea. Fallbeispiel der Fernseh-Musik-Show Pan Stealer (2016)

Die traditionelle koreanische Musik Gugak (wörtlich: ‘nationale Musik’) gilt heutzutage zwar als etwas Eigenes der Koreaner, aber zugleich auch als etwas Fremdes, besonders bei der jungen Generation. Die koreanische Fernseh-Musikshow Pan Stealer. Korean Traditional Music Strikes Back (2016, 8 Ep. von Mnet) versucht eine Zusammenarbeit mit Gugak-Musikern und Pop-Musikern aus verschiedenen Genres, um dem koreanischen Publikum Gugak näher zu bringen.

Jieun Kim
“Meine Ruh ist hin, mein Herz ist schwer…”: Franz Schuberts Einbezug der Katastrophe in die langsamen Sätze

Der vorliegende Aufsatz handelt von der damals neuartigen Dramaturgie des langsamen Satzes Franz Schuberts: von der auf dem Höhepunkt einsetzenden Dissonanz mit dem anschließenden Abbruch, die am Ende der sich entwickelnden Formstationen nach der Steigerung erklingt. Dieses Zutreiben auf einen nicht aufgelösten, abbrechenden, dissonanten Höhepunkt, der als Inszenierung einer Katastrophe begriffen werden kann, taucht im langsamen Satz im Mittelteil der ‘großen’ C-Dur-Sinfonie D 944, des Klaviertrios D 929, des Streichquintetts D 956 und der Klaviersonate D 959 auf verschiedene Weise auf. Die detaillierte Analyse zeigt, dass das Urmodell dieser Dramaturgie wohl das Lied “Gretchen am Spinnrade” D 118 ist, das zu einem der allererst publizierten Lieder gehört.

Yusuke Takamatsu
Metadaten
Titel
Beiträge zur Jahrestagung der Gesellschaft für Musikforschung in Kassel 2017
herausgegeben von
Dr. Annette van Dyck-Hemming
Prof. Dr. Jan Hemming
Copyright-Jahr
2019
Electronic ISBN
978-3-658-23767-7
Print ISBN
978-3-658-23766-0
DOI
https://doi.org/10.1007/978-3-658-23767-7