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Erschienen in: Wirtschaftsinformatik & Management 2/2019

Open Access 27.02.2019 | Spektrum

Berichterstattung zum Bitcoin in deutschsprachigen Tageszeitungen: Ergebnisse einer empirischen Studie

verfasst von: Prof. Dr. René Riedl, Max Neuhofer, Bernhard Stockinger, Florian Grillenberger, Josef Hörersdorfer, Christian Öttl, Adis Sahman

Erschienen in: Wirtschaftsinformatik & Management | Ausgabe 2/2019

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Hinweise

Infos zur Studie

Die vorliegende Untersuchung wurde im Rahmen eines studentischen Projektseminars an der University of Applied Sciences Upper Austria, Schwerpunkt Digital Business, unter der Leitung von Prof. Dr. René Riedl durchgeführt. Die als Koautoren angeführten Studierenden waren in die Datenerhebung und -analyse eingebunden. Weitere Forschungen zu Kryptowährungen, Bitcoin und Vertrauen in blockchainbasierte Systeme sind aktuell in Durchführung.
Die Themen Kryptowährungen und Bitcoin gewinnen in Praxis und Wissenschaft vermehrt an Bedeutung. Da die Berichterstattung in Tageszeitungen zu einem Thema einen signifikanten Einfluss auf die öffentliche Meinungsbildung hat, haben wir alle Artikel zum Bitcoin, der weltweit bekanntesten Kryptowährung, aus sechs Tageszeitungen im deutschsprachigen Raum (D-A-CH) analysiert. Ziel dieser Analyse war es herauszufinden, mit welcher Tendenz (negativ, neutral, positiv) über den Bitcoin berichtet wird. Folgende Zeitungen wurden analysiert: Handelsblatt und Süddeutsche Zeitung (D), Die Presse und Der Standard (A) sowie Neue Zürcher Zeitung und St. Galler Tagblatt (CH). Insgesamt wurden 1498 Artikel analysiert, die im Zeitraum 4. Quartal 2011 (erstmaliges Erscheinen eines Beitrags) bis einschließlich 1. Quartal 2018 (Ende des Analysezeitraums) veröffentlicht wurden. Die Studienergebnisse zeigen, dass mehrheitlich negativ über den Bitcoin berichtet wird (798 Artikel, 53 %); 357 Artikel (24 %) sind neutral und 343 Artikel (23 %) sind positiv. Weiter zeigen die Ergebnisse, dass zwischen den sechs untersuchten Tageszeitungen in der Tendenz der Berichterstattung keine signifikanten Unterschiede bestehen. Zudem haben wir untersucht, wie die Berichterstattung mit dem Kursverlauf des Bitcoins zusammenhängt. Wesentliche Befunde sind, dass mit zunehmendem Kurs die Artikelanzahl ansteigt und der relative Anteil neutraler sowie positiver Artikel zunimmt; es gab jedoch keinen einzigen Zeitraum (bei 26 untersuchten Quartalen), in dem die negativen Artikel nicht überwogen haben.
Kryptowährungen sind digitale Zahlungsmittel; sie können für Transaktionen im Internet verwendet werden, sofern der Verkäufer die Währung akzeptiert. Kryptographisch abgesicherte Protokolle sowie eine dezentrale Datenhaltung sind die wesentlichen Grundlagen von Kryptowährungen, die einen digitalen Zahlungsverkehr ohne zentrale Instanzen wie Banken ermöglichen. Die Blockchain stellt vielfach die Basistechnologie dar (eine einfache Beschreibung der Funktionsweise der Blockchain findet sich beispielsweise bei [1]). Die weltweit bekannteste Kryptowährung ist der seit 2009 existierende Bitcoin [2]. Laut dem Schweizer Portal cryptocoincharts.info gab es Anfang November 2018 weltweit 4670 Kryptowährungen mit einer Marktkapitalisierung von rund 206 Mrd. US Dollar, wobei Bitcoin mit einer Kapitalisierung von rund 111 Mrd. US Dollar einen Marktanteil von 54 % hat.
Ein bedeutsamer Unterschied vieler Kryptowährungen – und insbesondere auch des Bitcoins – zu Standardwährungen wie dem Euro oder US-Dollar besteht darin, dass eine zentrale Instanz (wie eine Notenbank) nicht im Alleingang die Produktion von Währungseinheiten und somit den Wert einer Währung beeinflussen kann. Eine Gemeinsamkeit von Kryptowährungen und Standardwährungen ist jedoch, dass es sich um Fiatgeld handelt, also um Objekte ohne inneren Wert, die als Tauschmittel genutzt werden. Die Nutzung des Zahlungsmittels basiert dabei auf Akzeptanz und Vereinbarung zwischen Handelspartnern, die Vorteile in der Nutzung sehen. Der Bitcoin wird von diversen Unternehmen als Zahlungsmittel akzeptiert. Beispielsweise kann man auf coinmap.org sowie www.​btc-echo.​de Bitcoin-Akzeptanzstellen anzeigen lassen. Eine wesentliche Kritik am Bitcoin (sowie an Kryptowährungen im Allgemeinen) ist, dass aufgrund der Kursvolatilität keine ausreichende Wertstabilität gegeben ist (jedenfalls im Vergleich zu westlichen Währungen wie dem Euro oder US-Dollar), sodass der Bitcoin bislang eher zu Spekulationszwecken verwendet wurde und weniger als Zahlungsmittel. Kristoufek [3, S. 5] hat die Beziehung zwischen dem Bitcoin-Kurs und dem Interesse am Bitcoin untersucht (operationalisiert über Google-Suchanfragen und Besucherzahlen des Wikipedia-Eintrags); im Fazit schreibt er: „[S]trong causal relationships between the prices and searched terms. Importantly, we find that this relationship is bidirectional, i. e. not only do the search queries influence the prices but also the prices influence the search queries. This is well in hand with the expectations about a financial asset with no underlying fundamentals. Speculation and trend chasing evidently dominate the Bitcoin price dynamics.“
Kryptowährungen im Allgemeinen und Bitcoin im Speziellen sind in der jüngeren Vergangenheit auch im deutschsprachigen Raum zunehmend in die öffentliche Wahrnehmung gerückt. Neben der Berichterstattung im Internet auf diversen Plattformen (wie etwa auf bitcoin.de) hat vor allem die Berichterstattung in Tageszeitungen zugenommen, sodass sich nicht mehr nur „Kryptowährungsspezialisten“ mit dem Thema befassen, sondern zunehmend auch „Normalbürger“ das Thema wahrnehmen. Diese Wahrnehmung ist Voraussetzung dafür, eventuell auch Bitcoin-Nutzer zu werden.
Die Meinungen über den Bitcoin gehen weit auseinander. Einige sind von der Idee einer dezentralen Währung überzeugt oder sehen im Bitcoin gar die digitale Weltwährung der Zukunft [2]. Andere sehen im Bitcoin kaum Vorteile, manche sogar gravierende Gefahren und bedeutsame Akteure am Finanzmarkt warnen vielfach explizit vor dem Erwerb und Handel mit Bitcoins (beispielsweise mehrere Gouverneure von Notenbanken von EU-Staaten). Weiter geben manche Ökonomen an, dass der Wert des Bitcoins null ist („we find empirical evidence that the fundamental price of Bitcoin is zero“ [4, S. 32]). Doch wie steht es tatsächlich um das Image des Bitcoins? Dieser Frage gehen wir im vorliegenden Beitrag nach.

Ziel der Studie

Ziel der vorliegenden Studie war es, die Stimmungslage zum Bitcoin im deutschsprachigen Raum anhand der Berichterstattung in Tageszeitungen festzustellen. Es wurde dazu ein Modell entwickelt, um die Tendenz der Berichterstattung in einem Artikel messen zu können; dabei wurde zwischen negativ, neutral und positiv unterschieden. Zudem war es Ziel der Studie, die absolute Anzahl veröffentlichter Artikel sowie die Tendenz der Berichterstattung mit dem Bitcoin-Kurs in Beziehung zu setzen.
Im Folgenden wird die Methodik der Studie beschrieben, danach folgt eine Darstellung der wesentlichen Ergebnisse. Der Beitrag wird mit einem Fazit abgeschlossen, in dem auch auf die Limitationen der vorliegenden Studie eingegangen wird, woraus sich zukünftiges Forschungspotenzial ergibt.

Methodik

Als Untersuchungsgrundlage wurden ausschließlich Artikel herangezogen, die in der Druckausgabe der folgenden Tageszeitungen veröffentlicht wurden (Analysezeitraum: seit der erstmaligen Verwendung des Begriffs „Bitcoin“ in einem Beitrag bis einschließlich 31. März 2018): Handelsblatt und Süddeutsche Zeitung (Deutschland), Die Presse und Der Standard (Österreich) sowie Neue Zürcher Zeitung und St. Galler Tagblatt (Schweiz). Die Auswahl der Zeitungen war durch folgende Faktoren beeinflusst: Wahrnehmung einer Zeitung als Qualitätsblatt, Zugang zu allen Druckausgaben über ein Online-Archiv (ab 2009, Entstehung des Bitcoins), wobei dieser Zugang nur mit geringen Kosten verbunden sein durfte (und nicht mit einem Fixbetrag je gesichtetem Artikel), und Möglichkeit der Unterscheidung zwischen Print- und Onlineartikeln im Archiv. Beispielsweise wurde in der vorliegenden Studie das Online-Archiv aom.apa.at (Austria Presse Agentur OnlineManager) verwendet. In den Suchmasken der Archive (Volltextsuche) wurde der Begriff „Bitcoin“ eingegeben. Insgesamt wurden 1498 Artikel identifiziert, die sich wie folgt auf die Zeitungen verteilen: Handelsblatt (351), Süddeutsche Zeitung (301), Die Presse (283), Der Standard (235), Neue Zürcher Zeitung (217) und St. Galler Tagblatt (111).
Sämtliche Artikel wurden in einer Datei erfasst und klassifiziert, und zwar wie folgt (nachfolgend anhand eines Beispielartikels dargestellt): ID (SZ_140226_21; dieser Artikel erschien am 26. Februar 2014 in der Süddeutschen Zeitung auf S. 21), Titel der Headline („Wie eine Bankenpleite: Der Bitcoin-Handelsplatz Mt.Gox bricht zusammen und stürzt die virtuelle Währung noch tiefer in die Krise. Der Börsen-Gründer kündigt einen ‚Wendepunkt des Geschäfts‘ an, Experten rechnen aber mit der Insolvenz“), Erscheinungsdatum (26.02.2014), Seite (21), Anzahl der Wörter des Beitrags (1001), Tendenz des Artikels (negativ, neutral, positiv; im Beispiel negativ).
Das Modell zur Messung der Tendenz der Berichterstattung in einem Artikel wurde wie folgt definiert:
1.
Analyseobjekt ist der gesamte Artikel (es wurde folglich jeder der 1498 Artikel als negativ, neutral oder positiv klassifiziert).
 
2.
Wenn ein Artikel auf Basis der Headline (inklusive Sub-Headline) eindeutig negativ oder positiv war, dann erfolgte die Klassifikation direkt, ohne den Artikel weiter im Detail zu analysieren (der Artikel SZ_140226_21 konnte beispielsweise bereits auf der Basis seiner Headline inklusive Sub-Headline als negativ klassifiziert werden).
 
3.
Konnte ein Artikel auf der Basis von Schritt 2 nicht klassifiziert werden, dann folgte eine Bewertung auf Satzebene. Dazu wurden alle Sätze eines Artikels untersucht, in denen der Begriff „Bitcoin“ oder ein davon abstrahierter Begriff wie „Kryptowährung“ oder „Digitalwährung“ vorkommt (Letzteres geschah aber nur dann, wenn aus dem Kontext eindeutig hervorging, dass sich der abstrahierte Begriff auf den Bitcoin bezog). Überwog die Anzahl negativer bzw. positiver Sätze, so wurde der Artikel dementsprechend als negativ bzw. positiv klassifiziert. War die Anzahl negativer und positiver Sätze identisch, so wurde der Artikel als neutral klassifiziert. Beispiel (Artikel HB_130409_36): „Das dezentrale Digitalgeld Bitcoin hat trotz Sicherheitslücken und Warnungen vor einer Spekulationsblase das nächste Rekordhoch erklommen.“ Weil die Anzahl negativer Wörter (Sicherheitslücken, Warnungen, Spekulationsblase) größer ist als die Anzahl positiver Wörter (Rekordhoch), wurde dieser Satz als negativ klassifiziert.
 
Als Quelle für den Bitcoin-Kurs wurden die täglichen Schlusskurse in Euro vom Handelsplatz bitcoin.de (Bitcoin Deutschland AG) verwendet; diese Plattform gehört zu den bekanntesten Bitcoin-Börsen im deutschsprachigen Raum. Seit August 2011 stellt dieser Handelsplatz Kursdaten für Bitcoin zur Verfügung. Da der erste in der vorliegenden Studie untersuchte Bitcoin-Beitrag im 4. Quartal 2011 veröffentlicht wurde, ist die Verfügbarkeit des Bitcoin-Kurses seit Sommer 2011 zeitlich ausreichend, um die Beziehung zwischen Anzahl der Artikel sowie Tendenz der Artikel und Bitcoin-Kurs zu untersuchen.

Ergebnisse zur Tendenz der Berichterstattung

Tab. 1 fasst die Ergebnisse zusammen. Die Gesamtbetrachtung der Ergebnisse über alle sechs Zeitungen zeigt, dass 53 % der 1498 Artikel negativ sind, 24 % sind neutral und 23 % sind positiv. Daraus folgt, dass in den untersuchten Zeitungen überwiegend negativ über den Bitcoin berichtet wird. Weiter zeigen die Ergebnisse, dass zwischen den sechs untersuchten Tageszeitungen in der Tendenz der Berichterstattung keine signifikanten Unterschiede bestehen. Auf Länderebene ergibt sich jedoch ein interessanter Unterschied. Aus Tab. 1 geht hervor, dass in den österreichischen Zeitungen der höchste Anteil negativer Artikel (58 %) und der höchste Anteil positiver Artikel (24 %) zu verzeichnen ist, wohingegen der Anteil neutraler Artikel verhältnismäßig niedrig ist (18 %). Die Verteilungen (negativ, neutral, positiv) ähneln sich in Deutschland und der Schweiz sehr (negativ: 52 % D und 48 % CH, neutral: 26 % D und 29 % CH, positiv: 22 % D und 23 % CH), insbesondere sind dort mehr neutrale Artikel zu verzeichnen als in Österreich.
Tab. 1
Verteilung der Artikel in negativ, neutral, positiv
Analyseobjekt
Anzahl Artikel
Negative Artikel (%)
Neutrale Artikel (%)
Positive Artikel (%)
Gesamt D‑A-CH
1498
798 (53)
357 (24)
343 (23)
Gesamt D
652
339 (52)
171 (26)
142 (22)
Handelsblatt
351
185 (53)
64 (18)
102 (29)
Süddeutsche Zeitung
301
154 (51)
107 (36)
40 (13)
Gesamt A
518
302 (58)
92 (18)
124 (24)
Die Presse
283
162 (57)
40 (14)
81 (29)
Der Standard
235
140 (60)
52 (22)
43 (18)
Gesamt CH
328
157 (48)
94 (29)
77 (23)
Neue Zürcher Zeitung
217
100 (46)
69 (32)
48 (22)
St. Galler Tagblatt
111
57 (51)
25 (23)
29 (26)

Ergebnisse zum Zusammenhang von Kursverlauf und Berichterstattung

Wir haben auch untersucht, wie die Berichterstattung mit dem Kursverlauf des Bitcoins zusammenhängt. Auf der Basis der täglichen Schlusskurse (Quelle: bitcoin.de) wurde für jedes der 26 untersuchten Quartale (Q4 2011 bis Q1 2018) ein Durchschnittskurs ermittelt, der mit der Anzahl der im jeweiligen Quartal veröffentlichten Artikel korreliert wurde. Die Korrelationskoeffizienten (Pearson) waren bei allen sechs Zeitungen ≥0,9. Daraus folgt, dass zwischen den Größen „Anzahl Bitcoin-Artikel“ und „Bitcoin-Kurs“ ein stark positiver Zusammenhang besteht. Mit zunehmendem Kurs des Bitcoins steigt die Anzahl der Artikel zum Bitcoin; kausal formuliert gilt (für den im Rahmen der vorliegenden Studie untersuchten Wertebereich der Daten): Je höher der Kurs des Bitcoins steigt, desto mehr wird über den Bitcoin berichtet. Die umgekehrte Kausalität ist nicht plausibel („Je mehr über den Bitcoin berichtet wird, desto mehr steigt der Kurs.“), und zwar deshalb, weil eine überwiegende Mehrheit der Artikel negativ ist (vgl. Tab. 1). Es entspricht nicht dem Verhalten einer Mehrheit von Investoren, bei negativer Berichterstattung zu einem Objekt (unabhängig davon, ob es sich um Aktien, Devisen oder Kryptowährungen handelt) dieses Objekt stark nachzufragen.
Ein weiterer wesentlicher Befund der vorliegenden Studie ist, dass mit zunehmendem Kurs der relative Anteil neutraler sowie positiver Artikel zunimmt (und somit die negativen Artikel abnehmen). Dennoch ist anzumerken, dass es keinen einzigen Zeitraum (bei 26 untersuchten Quartalen) gab, indem die negativen Artikel nicht überwogen haben. Abb. 1 stellt diesen Befund grafisch dar. Auf der X‑Achse sind die 26 Quartale aufgetragen, auf der Y‑Achse die Anzahl der Artikel (links) und der Bitcoin-Kurs in Euro (rechts). Man sieht, dass unabhängig vom Kurs in allen Quartalen die negativen Artikel überwiegen (Orange: negativ, Blau: neutral, Grün: positiv).
Eine Sichtung der Detailergebnisse der sechs Zeitungen zeigt, dass in der Berichterstattung geringfügige Unterschiede bestehen. Bemerkenswert ist unter anderem, dass bei einer Betrachtung des 1. Quartals 2018 die Süddeutsche Zeitung als einziges untersuchtes Medium keine Dominanz negativer Artikel aufweist (neutral > negativ > positiv), obwohl der Bitcoin-Kurs nach seinem bisherigen Allzeithoch am 17. Dezember 2017 (fast 20.000 US-Dollar bzw. über 16.000 €) massiv einbrach und Ende Dezember 2017 bei rund 11.500 €, Ende Januar 2018 bei rund 8000 €, Ende Februar 2018 bei rund 8500 € und Ende März 2018 bei rund 5600 € lag. Bei den anderen fünf Zeitungen war im 1. Quartal 2018 die Verteilung wie folgt: Handelsblatt (negativ > positiv > neutral) sowie Die Presse, Der Standard, Neue Zürcher Zeitung und St. Galler Tagblatt (negativ > neutral > positiv). Unterschiede gibt es auch hinsichtlich des 4. Quartals 2017 (man bedenke, dass es hier den rasanten Kursanstieg von rund 5000 € Ende Oktober auf über 16.000 € Mitte Dezember gab). Die Ergebnisse der Berichterstattung im 4. Quartal 2017 sehen wie folgt aus: Handelsblatt, Die Presse und Der Standard (negativ > positiv > neutral), Süddeutsche Zeitung (negativ > neutral > positiv), Neue Zürcher Zeitung (neutral > positiv > negativ) und St. Galler Tagblatt (positiv > negativ > neutral).

Fazit

Es gibt nur wenige Themen im Bereich der Informations- und Kommunikationstechnologien, die in der jüngeren Vergangenheit mehr Aufmerksamkeit als der Bitcoin auf sich gezogen haben. Während manche Autoren von der Idee einer dezentralen Digitalwährung überzeugt sind oder im Bitcoin gar die Weltwährung der Zukunft sehen [5], warnen andere in scharfer Tonalität vor den Gefahren [4]. Vor diesem Hintergrund haben wir Artikel zum Bitcoin aus sechs Tageszeitungen im deutschsprachigen Raum untersucht. Die Datengrundlage ist mit insgesamt 1498 Artikeln groß und erstreckt sich über einen Zeitraum vom 4. Quartal 2011 bis zum 1. Quartal 2018. Unsere Ergebnisse zeigen, dass mehrheitlich negativ über den Bitcoin berichtet wird (53 %), wogegen neutrale Artikel (24 %) und positive Artikel (23 %) in etwa gleicher Anzahl veröffentlicht wurden. Zudem zeigen die Ergebnisse, dass zwischen den sechs untersuchten Tageszeitungen in der Tendenz der Berichterstattung keine signifikanten Unterschiede bestehen. Ein weiterer Befund ist, dass mit zunehmendem Kurs die Artikelanzahl ansteigt und der relative Anteil neutraler sowie positiver Artikel zunimmt. Dennoch gab es bei 26 untersuchten Quartalen keinen einzigen Zeitraum, in dem die negativen Artikel nicht überwogen haben.
Auf der Basis dieser Befundlage und der Tatsache, dass Tageszeitungen einen bedeutsamen Einfluss auf die öffentliche Meinungsbildung und somit auf Einstellung und Verhalten vieler Menschen haben, kann geschlossen werden, dass die Wahrnehmung des Bitcoins bei einer Mehrheit der Leserschaft der untersuchten Zeitungen negativ ist. Weiter ist davon auszugehen, dass Leser online wie offline mit ihrem sozialen Umfeld kommunizieren, sodass von einer weiteren Ausbreitung der negativen Wahrnehmung des Bitcoins auszugehen ist.
Diese Schlussfolgerung wird durch Ergebnisse einer repräsentativen Umfrage (N = 1003 Verbraucher in Deutschland) zu Digitalwährungen aus dem Frühjahr 2018 gestützt [6]. Unter anderem zeigen die Ergebnisse dieser Umfrage, dass Verbraucher der Preisstabilität von Gold am stärksten vertrauen (82 %), gefolgt von staatlichen Währungen (72 %), wohingegen lediglich 23 % der Befragten Digitalwährungen als vertrauenswürdig in Bezug auf die Preisstabilität einstufen (siehe zum Vertrauen in den Bitcoin auch [7]). Weiter zeigen die Ergebnisse der Umfrage, dass zwar 88 % der Befragten von Digitalwährungen wie dem Bitcoin bereits gehört haben, aber nur 5 % haben Digitalwährungen bereits tatsächlich erworben. Unter den Verbrauchern, die Digitalwährungen bereits erworben haben, ist der meistgenannte Grund für den Erwerb die Spekulation auf Wertsteigerung (54 %), signifikant weniger Personen (26 %) nennen die Funktion als mögliches Zahlungsmittel. Daraus folgt, dass Digitalwährungen heute primär als Spekulationsobjekt betrachtet werden und weniger als Zahlungsmittel (was insbesondere auf den Bitcoin zutrifft), und dieser Umstand begründet unter anderem, warum die untersuchten Tageszeitungen bislang tendenziell negativ über den Bitcoin berichteten (und dies nach Ansicht der Verfasser dieses Beitrags auch zu Recht, da Kryptowährungen wie Bitcoin in erster Linie als Zahlungsmittel eingeführt wurden und nicht als Spekulationsobjekt).

Limitationen der Studie und zukünftige Forschung

Bei der Interpretation der Ergebnisse der vorliegenden Studie ist darauf zu achten, dass die Stichprobe mit 1498 Artikeln zwar relativ groß ist, jedoch keine Aussage dazu gemacht werden kann, ob die Ergebnisse repräsentativ für den gesamten Tageszeitungsmarkt in Deutschland, Österreich und der Schweiz sind. Wie im Methodenteil dargelegt, erfolgte die Auswahl der untersuchten Zeitungen unter anderem auf der Basis der Wahrnehmung als Qualitätsblatt (damit ist im gegenständlichen Kontext primär gemeint, ob eine Zeitung einen relativ hohen Anteil an Leserschaft oberer Bildungsschichten hat). Es gibt folglich Potenzial für zukünftige Forschung, insbesondere ist es lohnenswert, die vorliegende Studie auf der Basis von Tageszeitungen zu replizieren, die einen geringen Leseranteil oberer Bildungsschichten haben. Weiter ist es lohnenswert, nicht nur die Berichterstattung in Tageszeitungen zu untersuchen, sondern auch in Medien, die mit geringerer Frequenz erscheinen (wie beispielsweise Die Zeit oder Der Stern, die wöchentlich erscheinen).
Aus methodischer Sicht ist auch zu erwähnen, dass die Klassifikation der Artikel in negativ, neutral oder positiv anhand des im Methodenteil beschriebenen Modells erfolgte, das im Rahmen dieser Studie entwickelt wurde. Andere Methoden wie etwa die automatisierte Sentimentanalyse (bei der Texte computerbasiert daraufhin untersucht werden, ob die Einstellung des Verfassers zu einem bestimmten Objekt, hier der Bitcoin, positiv oder negativ ist [8]) können zu anderen Ergebnissen führen. Dementsprechend rufen wir auch hier zu weiterer Forschung auf.
Zudem wäre eine Ausweitung der gegenständlichen Untersuchung auf Medien in anderen Sprachräumen interessant, insbesondere auf den angloamerikanischen Raum, einerseits weil dort große Börsen für den Handel mit Kryptowährungen existieren (z. B. coinbase.com sowie kraken.com, jeweils mit Sitz in San Francisco) und andererseits weil Medien dort aufgrund ihrer Macht und Verbreitung einen signifikanten Einfluss auf Märkte – und somit auch auf den Bitcoin-Kurs – nehmen können (man denke hier beispielsweise an The Wall Street Journal, The New York Times oder Time Magazine). In der vorliegenden Studie wurde festgestellt, dass mit zunehmendem Kurs des Bitcoins die Anzahl der Artikel zum Bitcoin ansteigt. Es wurde darauf hingewiesen, dass auf der Grundlage der vorliegenden Daten die folgende Kausalität explizit nicht gilt: Je mehr über den Bitcoin berichtet wird, desto mehr steigt der Kurs. Es wäre interessant zu untersuchen, ob die Berichterstattung weltweit einflussreicher Medien zum Bitcoin einen signifikanten Einfluss auf den Bitcoin-Kurs hat. Beispielsweise könnte man die folgende Hypothese untersuchen: Wenn einflussreiche Medien (wie etwa The Wall Street Journal oder The New York Times) überwiegend positiv über den Bitcoin berichten, dann beeinflusst das den Bitcoin-Kurs positiv.

Zur Zukunft von Kryptowährungen und des Bitcoins

Ob Kryptowährungen im Allgemeinen und der Bitcoin im Speziellen eine Modeerscheinung sind oder tatsächlich das Zahlungsmittel der Zukunft sein werden, lässt sich aus heutiger Sicht nicht zuverlässig sagen. Sicher ist aber, dass nur wenige anderen Themen im letzten Jahrzehnt so stark polarisiert haben, wie die drei folgenden Zitate von weltweit einflussreichen Persönlichkeiten belegen (1. negativ, 2. neutral, 3. positiv) [9]:
1.
„Stay away from it. It’s a mirage, basically. In terms of cryptocurrencies, generally, I can say almost with certainty that they will come to a bad ending.“ Warren Buffet, CEO of Berkshire Hathaway
 
2.
„Still thinking about #Bitcoin. No conclusion – not endorsing/rejecting. Know that folks also were skeptical when paper money displaced gold.“ Lloyd C. Blankfein, CEO of Goldman Sachs
 
3.
„Bitcoin is a remarkable cryptographic achievement, and the ability to create something that is not duplicable in the digital world has enormous value.“ Eric E. Schmidt, Former CEO of Google & Alphabet Board of Directors Member
 
Die Zukunft wird zeigen, wer richtig und wer falsch gelegen ist.
1 Solange Bitcoin primär als Spekulationsobjekt und weniger als digitales Zahlungsmittel betrachtet wird, ist weiterhin von einer tendenziell negativen Berichterstattung auszugehen.
2 Das Vertrauen in den Bitcoin kann gestärkt werden, wenn der Bitcoin von vielen Anbietern als Zahlungsmittel akzeptiert wird.
3 Die Akzeptanz als Zahlungsmittel durch viele Anbieter ist Voraussetzung für eine weite Verbreitung des Bitcoins und eine positive öffentliche Wahrnehmung.

Zusammenfassung

  • Eine Analyse von 1498 Artikeln aus sechs Tageszeitungen zeigt, dass im deutschsprachigen Raum vorwiegend negativ über den Bitcoin berichtet wird.
  • Zwischen den untersuchten Tageszeitungen bestehen nur geringe Unterschiede.
  • Zwischen der Berichterstattung zum Bitcoin und dem Kursverlauf gibt es einen Zusammenhang.
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Literatur
1.
Zurück zum Zitat Schlatt, V., Schweizer, A., Urbach, N., & Fridgen, G. (2016). Blockchain: Grundlagen, Anwendungen und Potenziale. Projektgruppe Wirtschaftsinformatik: Fraunhofer-Institut für Angewandte Informationstechnik FIT. Schlatt, V., Schweizer, A., Urbach, N., & Fridgen, G. (2016). Blockchain: Grundlagen, Anwendungen und Potenziale. Projektgruppe Wirtschaftsinformatik: Fraunhofer-Institut für Angewandte Informationstechnik FIT.
4.
Zurück zum Zitat Cheah, E.-T., & Fry, J. (2015). Speculative bubbles in Bitcoin markets? An empirical investigation into the fundamental value of Bitcoin. Economics Letters, 130, 32–36.CrossRef Cheah, E.-T., & Fry, J. (2015). Speculative bubbles in Bitcoin markets? An empirical investigation into the fundamental value of Bitcoin. Economics Letters, 130, 32–36.CrossRef
5.
Zurück zum Zitat Koenig, A. (2015). BITCOIN – Geld ohne Staat: Die digitale Währung aus Sicht der Wiener Schule der Volkswirtschaft. München: FBV. Koenig, A. (2015). BITCOIN – Geld ohne Staat: Die digitale Währung aus Sicht der Wiener Schule der Volkswirtschaft. München: FBV.
6.
Zurück zum Zitat Bock, A. (2018). BearingPoint-Umfrage zur Wahrnehmung virtueller Währungen zeigt: Trotz hohem Bekanntheitsgrad werden Kryptowährungen kaum genutzt. Frankfurt am Main Bock, A. (2018). BearingPoint-Umfrage zur Wahrnehmung virtueller Währungen zeigt: Trotz hohem Bekanntheitsgrad werden Kryptowährungen kaum genutzt. Frankfurt am Main
7.
Zurück zum Zitat Auinger, A., & Riedl, R. (2018). Blockchain and trust: Refuting some widely-held misconceptions. Proceedings of the International Conference on Information Systems (ICIS) Auinger, A., & Riedl, R. (2018). Blockchain and trust: Refuting some widely-held misconceptions. Proceedings of the International Conference on Information Systems (ICIS)
8.
Zurück zum Zitat Liu, B. (2012). Sentiment analysis and opinion mining. Synthesis Lectures on Human Language Technologies, 5, 1–167.CrossRef Liu, B. (2012). Sentiment analysis and opinion mining. Synthesis Lectures on Human Language Technologies, 5, 1–167.CrossRef
Metadaten
Titel
Berichterstattung zum Bitcoin in deutschsprachigen Tageszeitungen: Ergebnisse einer empirischen Studie
verfasst von
Prof. Dr. René Riedl
Max Neuhofer
Bernhard Stockinger
Florian Grillenberger
Josef Hörersdorfer
Christian Öttl
Adis Sahman
Publikationsdatum
27.02.2019
Verlag
Springer Fachmedien Wiesbaden
Erschienen in
Wirtschaftsinformatik & Management / Ausgabe 2/2019
Print ISSN: 1867-5905
Elektronische ISSN: 1867-5913
DOI
https://doi.org/10.1365/s35764-018-0151-5

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