Konzerne nutzen rechtliche Grauzonen und verlagern Gewinne ins Ausland um Steuern sparen.
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Es gibt viele wohlklingende Begriffe, die in der Beratung gerne genutzt werden für die Steuersparmodelle von Unternehmen: Da wird von Steuervermeidung, Steuerverschiebung oder auch von Gestaltungsspielräumen gesprochen. Für viele Kritiker grenzen die entsprechenden Strategien globaler Konzerne wie Amazon oder Google jedoch an Steuerbetrug. Und die aktuelle Untersuchung "Unternehmensteuer in Deutschland: Rechtliche Grauzonen und zivilgesellschaftliche Alternativen" der Otto Brenner Stiftung, an der auch Attac-Autoren mitgewirkt haben, bestätigt, was viele Experten schon lange vermuten: Die gesetzlichen Steuerregelungen in Deutschland begünstigen große, multinationale Konzerne gegenüber kleineren Unternehmen und dem Mittelstand.
Konzernbesteuerung ist undurchschaubar
Gerade das Beispiel des Internetgiganten Amazon zeigt, dass die bisherigen steuerlichen Regelungen nicht ausreichend greifen. Aus diesem Grund wurde vom Bundesfinanzministerium die sogenannte "Amazon-Steuer" auf den Weg gebracht. Marketplace-Anbieter haften danach für die Umsatzsteuer, die ein auf der Plattform tätiger Online-Händler nicht abführt. Das ist jedoch nur ein erster Schritt im Bereich der Besteuerung solcher Handelsportale. Es bleibt die Frage, was mit den Milliardenumsätzen passiert, die von den großen Unternehmen selbst erzielt werden. Werden deren Gewinne korrekt versteuert? Laut der Untersuchung waren die Steuerquoten lediglich für ein Viertel der Konzerne nachvollziehbar. Und nur in 75 Prozent der untersuchten Fälle konnten die Unternehmenseigentümer vollständig ermittelt werden. Die Firmen profitieren also von dieser mangelnden Transparenz.
Wer denkt, dass sich ein Großteil der deutschen Steuereinnahmen durch die Abgaben von Unternehmen speist, den wird die aktuelle Untersuchung "The Missing Profits of Nations" überraschen. Forscher haben dabei festgestellt, dass multinationale Unternehmen 40 Prozent ihrer Gewinne in Steueroasen verlagern. In Zahlen ausgedrückt sind das laut der Analyse über 600 Milliarden US-Dollar.
Konzerne zahlen vergleichbar wenig Steuern
Milliardengewinne werden also nicht in den Ländern versteuert, in denen sie generiert werden. Vor allem amerikanische Konzerne zeigen sich einfallsreich in Sachen Steuervermeidung. Verlierer dieser Strategie sind insbesondere die EU und die USA, die hohe Steuerverluste verbuchen müssen. Laut der Analyse büßen die USA 15 Prozent und die EU sogar 20 Prozent der Körperschaftsteuereinnahmen ein. Interessant ist, dass die Politik indirekt diesen Missstand durch eine lückenhafte Konzernbesteuerung fördert.
So ist die Körperschaftsteuer in den vergangenen Jahren in vielen Ländern gesenkt worden. In den USA wurde der Steuersatz aktuell von 35 auf 21 Prozent gesenkt. Und auch die Analyse des Bundesfinanzministeriums "Die wichtigsten Steuern im internationalen Vergleich" zeigt, dass auch in Europa einige Staaten ihre nominalen Körperschaftsteuersätze 2017 gesenkt haben - etwa Ungarn, Italien, Kroatien, Luxemburg, Norwegen, Slowakei und das Vereinigte Königreich. Nur in Slowenien stieg der Steuersatz. Deutschland bleibt unterhalb einer tariflichen Gesamtbesteuerungsmarke für Unternehmen von 30 Prozent. Doch wenn Konzerne ihre Gewinne in Steueroasen verschwinden lassen und Länder zudem Unternehmen tendenziell geringer besteuern, bleibt die Frage, wer für die Steuereinnahmen sorgt?
Steuermoral von Konzernen wird untergraben
Laut Statista lagen die Einnahmen aus der Körperschaftsteuer in Deutschland im Jahr 2017 bei rund 29,26 Milliarden Euro und die Gewerbesteuereinnahmen bei rund 52,87 Milliarden Euro. Arbeitnehmer wurden bei der Lohnsteuer 2017 insgesamt mit rund 195,52 Milliarden Euro besteuert und Endverbraucher wurden mit der Umsatzsteuer in Höhe von insgesamt 170,5 Milliarden Euro belastet. Betrachtet man diese Verteilung, ist die Unzufriedenheit der Bürger mit der offensichtlichen Steuerungerechtigkeit nachvollziehbar. Zwar argumentiert die Politik häufig damit, dass Unternehmenssteuerreformen den Wirtschaftsstandort attraktiver machen. Doch dürfte dieser Steuersenkungswettbewerb zum Vorteil großer Player die Steuermoral sicher nicht verbessern. Zumal die Strategien der Konzerne immer wieder zeigen, dass sie lieber keine als weniger Steuern zahlen.
Steuern zahlen muss attraktiv werden
Die Otto Brenner Stiftung schlägt ein sogenanntes Steuersiegel für faire Unternehmen vor. Steuern zahlen soll so attraktiv für die Reputation werden. Springer-Autor Stephan Mühlbacher stellt in seinem Buchkapitel "Strategien zur Verbesserung der Steuermoral" fest: "Wird die Verteilungsgerechtigkeit als hoch empfunden, nimmt das Vertrauen in staatliche Behörden zu und die Bereitschaft steigt, freiwillig mit den Steuerbehörden zusammenzuarbeiten." Seiner Ansicht nach stehen den Finanzbehörden grundsätzlich zwei Strategien zur Verfügung, um das Verhalten der Steuerzahler zu regulieren: einerseits auf die Abschreckungswirkung von Kontrollen und Strafen zu setzen und andererseits Maßnahmen zu ergreifen, um das Vertrauen der Steuerzahler zu gewinnen.