Die Großbank Unicredit hat sich einen Anteil an der Commerzbank gesichert. Der Kauf macht das italienische Institut hinter dem Bund zum zweitgrößten Eigentümer des Frankfurter Geldhauses. Beobachter bewerten den Anteilserwerb als "geschickten Schachzug".
Der Bund verkaufte im Rahmen des vor einer Woche angekündigten Verkaufs eines Teils der Commerzbank-Aktien 4,49 Prozent der Anteile komplett an die italienische Unicredit. Die Bank war bereit, mehr zu zahlen, als die Papiere am Dienstagabend an der Börse wert gewesen waren. Das gesamte Gebot sei infolge einer "deutlichen Überbietung" aller übrigen Angebote an die Unicredit zugeteilt worden, teilte die zuständige Finanzagentur des Bundes mit.
Anteilsverkauf bringt Staat 702 Millionen Euro
Der Zuteilungspreis habe 13,20 Euro je Aktie und damit 60 Cent mehr betragen, als die Papiere zum Handelsschluss am Dienstag wert waren. Üblich sind bei solchen Platzierungen Abschläge. Der Bund nahm durch den Verkauf 702 Millionen Euro ein. Die Höhe des Staatsanteils sinkt durch den Verkauf der etwas mehr als 53 Millionen Aktien auf 12 Prozent. Der Staat bleibt damit der größte Aktionär der Commerzbank.
Nach dem Erwerb der Staatsanteile hält die Unicredit nun rund neun Prozent an der Commerzbank, womit sie mit einem Schlag zum zweitgrößten Aktionär aufsteigt neben dem deutschen Staat, dessen Anteil auf zwölf Prozent sinkt. Die Italiener schlugen nicht nur bei dem vor einer Woche angekündigten Verkauf von Aktien durch den Bund zu, sondern kauften auch Anteile am Markt. Zudem ist eine weitere Aufstockung denkbar, denn die italienische Bank will bei den Aufsichtsbehörden die Genehmigung beantragen, bei Bedarf mehr als 9,9 Prozent der Commerzbank übernehmen zu dürfen. Die Unicredit ist in Deutschland bereits mit der HVB vertreten.
Anteilserwerb ist "geschickter Schachzug"
"Die Aussage der Unicredit, dass sie ihren Anteil an der Commerzbank möglicherweise noch weiter erhöhen wird, könnte zu Spekulationen über eine vollständige Übernahme führen", hieß es von einem Börsianer. Ein weiterer Händler merkte an, dass der Unicredit-Chef Andrea Orcel Anfang des Jahres angedeutet habe, dass Übernahmen für die italienische Bank attraktiver werden könnten.
Hugo Cruz und Ben Maher von Keefe Bruyette & Woods glauben, dass eine vollständige Commerzbank-Übernahme finanziell und strategisch sinnvoll wäre. Unicredit habe deutlich gemacht, dass sie nach M&A-Zielen Ausschau hält, "aber wir warten auf weitere Details".
Analyst Philipp Häßler von der DZ Bank zeigte sich in einem ersten Kommentar überrascht vom Geschehen und betonte, die Übernahmefantasie sei zurück. Er sieht in dem Anteilserwerb "einen geschickten Schachzug", da die Italiener sich entweder für eine spätere Übernahme positionierten oder bei einer Übernahme durch einen Dritten zumindest mitreden könnten. Er interpretiert den Paketverkauf auch so, dass der Bund keine Einwände gegen die Unicredit zumindest als neuen Großaktionär hat.
Vorstandschef Knof verlängert Vertrag nicht
Zeitgleich zu den Übernahmespekulationen verkündet der aktuelle Commerzbank-Chef Manfred Knof, nach Ende der Vertragslaufzeit Ende Dezember 2025 sein Amt abgeben zu wollen. "Das ganze Commerzbank-Team hat in den letzten Jahren unter großen Anstrengungen den Neuanfang geschafft und steht jetzt auf einem äußerst soliden Fundament", teilte Knof mit. Er sei stolz, diese Wegstrecke der Bank mitgestaltet zu haben.
Der Aufsichtsrat der Commerzbank AG wolle umgehend mit einem geordneten Suchprozess für die Nachfolge des Vorstandsvorsitzenden starten, so die Bank in einer Mitteilung.