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25.03.2024 | Betriebsstoffe | Fragen + Antworten | Online-Artikel

Das müssen Sie zur Diesel-Alternative HVO wissen

verfasst von: Christiane Köllner

13 Min. Lesedauer

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Die Dieselkraftstoff-Alternative HVO, hergestellt aus Abfall- und Reststoffen, soll 90 % weniger CO2 als fossiler Diesel verursachen. In Deutschland war der Verkauf von HVO als Reinkraftstoff lange verboten. Jetzt hat sich das geändert. 

Nur Elektromobilität reicht nicht, um die Klimaschutzziele bis 2030 zu erreichen. Denn alleine über Neufahrzeuge, also den Austausch der Fahrzeugflotte, werden sich die CO2-Ziele nicht fristgerecht erfüllen lassen. Es gilt, vor allem die Bestandsflotte aus Fahrzeugen mit fossil betriebenen Verbrennungsmotoren klimafreundlicher zu machen, und zwar mit alternativen Kraftstoffen. Wie zum Beispiel mit hydriertem Pflanzenöl (HVO), das aus Rest- und Abfallstoffen hergestellt wird. Dieser alternative Dieselkraftstoff wird insbesondere im Schwerlasttransport und Nutzfahrzeugbereich gebraucht. 

Der Bundesrat hat jetzt die 10. Bundes-Immissionsschutzverordnung (10. BImSchV) sowie das Saubere-Fahrzeuge-Beschaffungs-Gesetz (SaubFahrzeugBeschG) verabschiedet. Damit können Verbraucher künftig saubere Dieselkraftstoffe aus ausschließlich erneuerbaren Quellen tanken, wie zum Beispiel HVO und E-Fuels (gemäß DIN EN 15940). Damit kann HVO voraussichtlich ab dem 13. April 2024 an deutschen Tankstellen in Reinform (HVO100) getankt und verkauft werden. Bislang konnte HVO dem herkömmlichen Diesel nur beigemischt werden. Alles Wissenswerte rund um HVO im Überblick. 

Empfehlung der Redaktion

01.01.2024 | Entwicklung

Erneuerbare Kraftstoffe - Neue Technologien und Vorschriften

Die Defossilisierung des Transport- und Mobilitätssektors ist eines der vorrangigen Ziele, um den CO2- Ausstoß zu reduzieren. Der Umstieg auf erneuerbare Energieträger soll in wenigen Jahrzehnten vollzogen sein, und zwar nicht nur in Bezug auf Fahrzeuge, sondern auch in allen übrigen Bereichen. Neste hat das Potenzial erneuerbarer Kraftstoffe für einen nachhaltigen Verkehr untersucht und ebenso die Bedeutung gesetzlicher Maßnahmen für die Beschleunigung des Übergangs.

Was ist hydriertes Pflanzenöl (HVO)?

Hydrierte Pflanzenöle (HVO, englisch Hydrogenated oder Hydrotreated Vegetable Oils) sind paraffinische Dieselkraftstoffe, die durch Hydrierung von Fetten und Ölen gewonnen werden. Neben Pflanzenölen können Abfälle sowie Öle und Fette aus Reststoffen, wie beispielsweise gebrauchtes Speiseöl, eingesetzt werden. "Anders als die Umesterung zu Biodiesel, stellt die Umsetzung mit Wasserstoff geringere Anforderungen an die Herkunft und Qualität der Ausgangsstoffe", erklären die Springer-Autoren um Michael Großmann im Kapitel Kraftstoffversorgung und Kraftstoffe (Seite 65) des Buchs Dieselmotor-Management.

Wie wird HVO hergestellt?

Die Pflanzenöle werden durch eine katalytische Reaktion mit Wasserstoff (Hydrierung) in Kohlenwasserstoffe umgewandelt. "Die Hydrierung führt zu einer Spaltung der Fette und Öle, bei der auch alle Sauerstoffatome und ungesättigten Bindungen entfernt werden. Aus den Fettsäuren entstehen langkettige Paraffine, der Glycerinanteil wird in Propangas konvertiert und der Sauerstoff als Wasser gebunden", so die Springer-Autoren um Michael Großmann (Seite 65) weiter. Da auf diesem Weg Paraffine aus Biomasse erzeugt werden, spreche man von Bioparaffinen. 

Dabei bieten sich zur Herstellung von HVO-Kraftstoffen grundsätzlich zwei Wege an, und zwar "die gemeinsame Hydrierung mit Mineralölprodukten in einer herkömmlichen Raffinerie oder die ausschließliche Hydrierung von Pflanzenölen in speziellen Anlagen", so die Springer-Autoren um Viktor Wesselak im Kapitel Biomasse (Seite 583) aus dem Handbuch Regenerative Energietechnik.

In den vergangenen Jahren haben vor allem Mineralölkonzerne, wie Neste aus Finnland, Eni aus Italien und Total aus Frankreich, die Produktion von hydriertem Pflanzenöl in Europa aufgebaut.

Wie unterscheiden sich HVO und Biodiesel?

HVO wird gelegentlich mit Biodiesel verwechselt. Beide Kraftstoffe werden aus organischen/erneuerbaren Biomassen hergestellt und sollen fossile Brennstoffe ersetzen, unterscheiden sich aber in ihrer chemischen Zusammensetzung und im Produktionsprozess. Chemisch handelt es sich bei Biodiesel um Fettsäuremethylester (FAME). "Zur Gewinnung von Biodiesel werden Carbonsäuren (Fettsäuren) mit Methanol verestert", erklären die Springer-Autoren um Henning Baumgarten im Kapitel Antriebe (Seite 602) aus dem Vieweg Handbuch Kraftfahrzeugtechnik. Die Springer-Autoren um Michael Großmann prognostizieren: "Die Hydrierung von Pflanzenölen zu HVO entwickelt sich zunehmend zu einer Alternative zur Veresterung zu Biodiesel" (Seite 65). 

Empfehlung der Redaktion

01.05.2023 | Titelthema

"Der Planet hat einfach keine Zeit zu warten"

Mit biologischen Kraftstoffen kann der CO 2-Ausstoß der Fahrzeuggesamtflotte gesamtheitlich deutlich gesenkt werden, der Kraftstoff steht aber oft in Konkurrenz zur Nahrungsmittelproduktion. Neste gibt für das eigene HVO eine CO 2-Minderung um bis zu 90 % an, wobei der Kraftstoff in Reinform in bestehenden Dieselmotoren eingesetzt werden kann. Im Interview erläutert Jörg Hübeler, Leiter der Marktentwicklung für Europa und Asia-Pacific, wie HVO hergestellt wird, welche Vor- und Nachteile es gibt und welchen Einfluss das Produkt von Neste auf die Gesamtflotte haben kann. Die Zahlen in diesem Interview beziehen sich ausschließlich auf die Produkte von Neste.

Beispielsweise verfügt der erneuerbare Diesel von Neste "über eine höhere Energiedichte sowie wesentlich bessere Kälteeigenschaften, wodurch Probleme wie die Verstopfung des Kraftstofffilters oder Probleme beim Kaltstart vermieden werden", schreibt Mats Hultmann, Leiter OEM-Partnerschaften bei Neste, im MTZ-Artikel Erneuerbare Kraftstoffe – Neue Technologien und Vorschriften. Er sei kältebeständig bis -22 °C. Im Gegensatz zu Biodiesel enthalte er keinen Sauerstoff und könne problemlos über einen langen Zeitraum gelagert werden.

Welche Eigenschaften hat HVO?

Die Eigenschaften sind sehr dieselähnlich. Hydrierte Pflanzenöle unterscheiden sich jedoch von fossilem Diesel in zwei Parametern: Ihre Dichte ist etwas geringer als die Dichte mineralischen Diesels und die Cetanzahl als Maß für die Zündwilligkeit des Kraftstoffs ist dagegen mit einen Wert von bis zu 99 deutlich höher als bei fossilem Diesel, aber auch als bei Biodiesel beziehungsweise Pflanzenöl, erklären die Springer-Autoren um Viktor Wesselak. 

Hydrierte Pflanzenöle lassen sich mit beliebigem Anteil oder als Reinkraftstoff (HVO100) verwenden und im Raffinerieprozess bei der Dieselherstellung einspeisen (Cohydrate), so die Springer-Autoren um Peter Eckert im Kapitel Brennstoffe (Seite 567) des Buchs Grundlagen Verbrennungsmotoren. Die Motorverträglichkeit sei deutlich besser als bei den FAME‐Kraftstoffen, insofern könnten auch höhere Quoten beigemischt werden.

Was sind die Vorteile von HVO?

HVO ist sauerstofffrei und "weist daher eine bessere Lagerstabilität und langsamere Motorölalterung auf als Biodiesel", erklären die Springer-Autoren um Henning Baumgarten (Seite 831). Aufgrund der hohen Cetanzahl und damit einhergehend schnellen Zündung seien insbesondere die HC- und CO-Emissionen im unteren Lastbereich und bei kalten Motorbedingungen geringer als mit Biodiesel und fossilem Dieselkraftstoff. Im Vergleich zu Standard-Dieselkraftstoff soll sich mit HVO100 eine CO2-Reduzierung um rund 90 % ("Well to Wheel") realisieren lassen, so der Lkw-Hersteller DAF. "Bei der Drop-in-Betankung mit HVO sind die CO2-Emissionen etwa 2 % niedriger als bei Dieselkraftstoff", so FEV im Artikel Effizienz- und Emissionspotenziale CO2-neutraler alternativer Kraftstoffe (Seite 19) aus der MTZ 5-2023.

Die Aromatenfreiheit trage laut Baumgarten et al. zu einem geringeren Ausstoß von Rußemissionen bei, wobei die Reduktion hier weniger ausgeprägt sei als mit dem sauerstoffhaltigen FAME. Das Fehlen aromatischer Strukturen führe auch zu niedrigeren Partikelemissionen im Vergleich zu konventionellem Dieselkraftstoff, so FEV (Seite 19).

Eine Analyse der Universität Rostock und der FVTR GmbH hat zudem gezeigt, dass HVO niedrigere NOx-Werte im Vergleich zu einem Referenzdiesel aufwies. Je höher das HVO-Verhältnis sei, desto geringer die NOx-Emissionen. Die Forschenden haben die Verbrennung von E-Fuels in großen Dieselmotoren untersucht. Analysiert worden zwei E-Fuels als 30- und 70-prozentige Mischungskomponenten (OME30, OME70, HVO30, HVO70) mit EN 590-Diesel in Einspritzkammer- und Einzylindermotortests.

Was sind die Nachteile von HVO?

Im Vergleich zu Biodiesel und Pflanzenölen liegt ein wesentlicher Nachteil von hydrierten Pflanzenölen im Verlust der guten biologischen Abbaubarkeit. Der Grund hierfür sei in der hohen Oxidationsstabilität der hydrierten Pflanzenöle (fehlende Doppelbindungen und fehlender Sauerstoff) zu suchen, so die Springer-Autoren um Viktor Wesselak (Seite 583).

Werden hydrierte Pflanzenöle in speziellen Anlagen ("Stand-alone-Verfahren") hergestellt, dann hat das im Gegensatz zur Mitraffination den Nachteil höherer Anfangsinvestitionen. Allerdings stehen hier optimierte Prozessbedingungen gegenüber, die eine gleichbleibend hohe Produktqualität auch bei unterschiedlichen Rohstoffen und Rohstoffqualitäten sicherstellen können, so Wesselak et al. (Seite 583f).

Zudem erfordere die Umwandlung der Ausgangsmaterialien in HVO eine große Menge Wasserstoff, der derzeit zu größten Teilen aus fossilen Energieträgern gewonnen werde und somit die gesamten THG-Einsparungen mindere, erklären die Springer-Autoren um Henning Baumgarten (Seite 831). 

Der volumetrische spezifische Kraftstoffverbrauch mit HVO sei bei der Verwendung als Drop-in-Kraftstoff etwa 1 bis 2 % höher als mit herkömmlichem Diesel, was auf die geringere Dichte zurückzuführen sei und durch Kalibrierungsanpassungen kompensiert werden könne, so FEV (Seite 19).

Was muss beim Einsatz von HVO beachtet werden?

Bei der Verwendung von HVO100 anstelle von gewöhnlichem Diesel sind laut Toyota keine speziellen Maßnahmen oder Änderungen der Fahrweise erforderlich. Technisch sei nur eine Anpassung des Einspritzsystems nötig, um die Kraftstoffmenge zu erhöhen, aufgrund der geringeren Kraftstoffdichte von HVO100 im Vergleich zu herkömmlichem Diesel.

Die Umstellung habe keinen Einfluss auf die Betriebsfähigkeit des Fahrzeugs. Auch ließen sich beide Kraftstoffe im Alltag gemischt verwenden. Die Anpassung des Einspritzsystems und der Einsatz von HVO100 sollen lediglich zu einer geringfügigen Erhöhung der maximalen Motorleistung führen. 

Empfehlung der Redaktion

2020 | OriginalPaper | Buchkapitel

Interaction and influence of HVO-based fuels on diesel combustion

With a share of more than 20% of the total CO2 emissions of the European Union, both individual and freight traffic contribute significantly to climate change. Against the backdrop of the Paris agreement and global commitment to tackle climate change, new ways towards a CO2-neutral mobility have to be identified. Most stakeholders in business, science and politics agree that no single key technology will be sufficient to address this issue but a range of technologies will be needed to develop the mobility of the future. One way to achieve CO2 neutrality within the stock fleet is a symbiosis of conventional internal combustion engines and regenerative reFuels.

Warum steht HVO in der Kritik?

Vergleichbar mit Biodiesel, "stehen die für die HVO-Produktion genutzten Fette und Öle meist in Konkurrenz zur Nahrungs- und Futtermittelproduktion", so die Springer-Autoren um Henning Baumgarten (Seite 831). Somit zähle HVO eher zur 1. Generation Biokraftstoffe – "auch wenn in der Literatur aufgrund seiner Eigenschaften oft von einem "‘fortschrittlichen Kraftstoff‘" die Rede“ sei. In Deutschland genutzter Biodiesel werde zu 70 % aus Rapsöl und zu 25 % aus Abfall und Reststoffen gewonnen, HVO hingegen zu 100 % aus Palmöl, das hauptsächlich aus Asien stamme. Als Grundnahrungsmittel sei Palmöl das am meisten verbrauchte Pflanzenöl der Welt. Insbesondere auch weil Palmenbäume tiefe Erde, stabil hohe Temperaturen und viel Feuchtigkeit benötigten, würden vor allem Nichtregierungsorganisationen die steigende Palmölproduktion für die Kraftstoffherstellung kritisieren. Auch die Springer-Autoren um Jürgen Krahl sehen "die Konkurrenz zur Nahrungs- und Futtermittelproduktion durch den Einsatz von Pflanzenölen als Rohstoff durchaus gegeben", wie sie im Kapitel Alternative Dieselkraftstoffe (Seite 148) aus dem Handbuch Dieselmotoren beschreiben. 

Für die Herstellung von Biodiesel und erneuerbarem Diesel (auf HVO-Basis) wurden in der Europäischen Union 2022 zwar in erster Linie Rapsöl und gebrauchtes Speiseöl verwendet. Allerdings folgt auf Platz drei schon das Palmöl, dessen Anteil am Verbrauch seit 2014 recht konstant ist. Laut der Bundesanstalt für Landwirtschaft und Ernährung ist im Jahr 2021 Ausgangsstoff für Biokraftstoffe neben Abfällen und Reststoffen sogar zu einem etwas größeren Anteil Palmöl. Da in Deutschland (und bereits in Frankreich, Schweden, Belgien, Österreich) seit 2023 keine Biokraftstoffe mehr aus Palmöl gefördert werden, ist mit einem weiteren Rückgang des Palmöl-Anteils zu rechnen.

Seit Januar 2023 wird die Produktion von Biokraftstoffe aus Palmöl nicht mehr vom Bund unterstützt. Anstelle des Palmöls sollen künftig nur noch fortschrittliche Biokraftstoffe aus Abfall- und Reststoffen wie etwa Gülle oder Stroh gefördert werden. Die Mineralölfirmen konnten sich die Beimischung von Palmöl auf die Treibhausgasminderungs-Quote bislang anrechnen lassen. Die Firmen dürfen Palmöl ab 2023 nicht mehr nutzen, um die gesetzlich verbindliche Quote zu erfüllen. Jörg Hübeler, Leiter der Marktentwicklung für Europa und Asia-Pacific beim finnischen Mineralölkonzern Neste betont im Interview "Der Planet hat einfach keine Zeit zu warten" (Seite 27f) aus der MTZ 5-2023: "Unser Kraftstoff ist zu über 90 % abfall- und reststoffbasiert. Im Jahr 2022 waren es schon 95 %. Dazu kommt ein Anteil aus zertifiziertem Pflanzenöl, das ist Sojaöl und tatsächlich auch Palmöl. Unabhängig der Regulierung wurde aber entschieden, 2023 weltweit aus Palmöl auszusteigen. In Deutschland verwenden wir schon heute kein Palmöl mehr." Als Ersatz für den Palmöl-Anteil soll der Einsatz von Abfall- und Reststoffe sowie von tierischen Fetten oder auch Algen erweitert werden. 

Die Bewertung des Umweltnutzens von HVO ist schwierig. Wird HVO aus Palmöl hergestellt, verschlechtert sich die Treibhausgasbilanz des Kraftstoffes deutlich, so das Bundesumweltministerium, weil wegen des Anbaus von Ölpalmen große Teile des Regenwaldes in Südostasien gerodet werden und anschließend über weite Strecken nach Europa verschifft wird. Zudem werden geeignete Altfette zumindest in Europa bereits heute schon der Energieerzeugung zugeführt. Werden sie stattdessen zur HVO-Herstellung verwendet, müssten sie womöglich in der ursprünglichen Nutzung durch Erdgas substituiert werden.  

Empfehlung der Redaktion

2019 | OriginalPaper | Buchkapitel

Parffinic Biofuels: HVO, BTL Diesel, and Farnesane

Of various paraffinic (alkane) biofuels, the application of hydrotreated vegetable oil (HVO), biomass-to-liquid (BTL) diesel, and farnesane except biojet fuels to compression ignition engines will be discussed in this chapter. The property, fundamental combustion studies, and combustion and emission characteristics of neat paraffinic biofuels and blends with diesel or biodiesel will be analyzed. The interest in using these new renewable non-oxygenated fuels is recently increased.

Was sind bekannte paraffinische Kraftstoffe?

Ein häufig erwähnter Vertreter der paraffinischen Dieselkraftstoffe ist der sogenannte Care-Diesel. "C.A.R.E." ist ein Markenprodukt, das vom finnischen Mineralölunternehmen und Biokraftstoffhersteller Neste Oyj unter der Produktbezeichnung "Neste MY Renewable Diesel" hergestellt und deutschlandweit von der Firma Tool-Fuel als Care-Diesel vertrieben wird. Neste MY Renewable Diesel ist ein durch Hydrierung gewonnener paraffinischer Dieselkraftstoffe der aus Rest- und Abfallstoffen – vornehmlich Altspeiseölen und Fettresten – hergestellt wird.  

Als Blendkomponente für Dieselkraftstoffe sind laut ADAC synthetische beziehungsweise paraffinische Kraftstoffe zulässig und kommen bereits heute zum Einsatz. Eine dieser neuen Kraftstoffformulierungen ist Diesel R33. "Der Begriff Diesel R33 drückt den Regenerativitätsgrad von 33 Prozent aus", so der Automobilclub. Der Kraftstoff bestehe zu 7 % aus Altspeiseölmethylester (FAME), zu 26 % aus HVO (Hydrotreated Vegetable Oils) sowie aus einem qualitativ hochwertig additivierten Dieselkraftstoff.

Wo wird HVO angeboten?

HVO ist deutlich über die Demonstrationsphase hinaus und bereits ein etablierter Kraftstoff im Markt. Weltweit zeigt die Tankstellenkarte auf efuelsnow.de an, dass HVO aktuell an circa 12.200 Tankstellen, meist als Beimischung, verfügbar ist (Stand: März 2024). Für Europa werden insgesamt circa 2.409 HVO100-Stationen in Europa angezeigt. Das Angebot an HVO100 in Europa steigt kontinuierlich, vor allem in Italien, Österreich, Belgien, Dänemark, Finnland, Estland, Lettland, Litauen, den Niederlanden, Norwegen und Schweden. In den kommenden Jahren soll die Produktion des regenerativen Diesels laut Toyota von derzeit rund 4 Millionen t pro Jahr auf 15,5 Millionen t bis 2030 steigen.

In Deutschland hatte der Reinkraftstoff HVO100 lange Zeit keine Zulassung vom Umweltbundesamt. Das Umweltbundesamt (UBA) kam 2020 zu dem Schluss: "Bei paraffinischen Dieselkraftstoffen kann aufgrund der Vielfältigkeit der Ausgangsstoffe sowie der Herstellungspfade nicht sichergestellt werden, dass gegenüber fossilem Diesel eine Verbesserung in Bezug auf Nachhaltigkeit bzw. Klima- und Umweltwirkung gegeben ist." Als Zumischkomponente für Dieselkraftstoff war HVO jedoch seit 2012 auf dem Markt, eine Beimischung von bis zu 26 % zu konventionellem Diesel erlaubt. "Im Rahmen der Clean Vehicle Directive dürfen öffentliche Flotten bereits HVO nutzen, um den Bestandsfuhrpark kosteneffizient und schnell zu defossilisieren", so Jörg Hübeler von Neste im MTZ-Interview (Seite 28).

Jetzt haben sich die Bestimmungen in Deutschland geändert: Der Bundestag hatte bereits in einem Entschließungsantrag vom 3. März 2023 die Bundesregierung aufgefordert, die deutsche Regulierung für Kraftstoffe dahingehend zu ändern, dass Einsatz und Vertrieb paraffinischer Kraftstoffe in Reinform für alle Nutzer ermöglicht wird. Am 22. November 2023 hatte die Bundesregierung die Einführung paraffinischen Diesels als Reinkraftstoff mit einer Novelle der 10. Verordnung zur Durchführung des Bundesimmissionsschutzgesetzes (10. BImSchV) beschlossen. Paraffinischer Dieselkraftstoff wurde nach der Norm DIN EN 15940 für den Einsatz im Straßenverkehr in die 10. BImSchV aufgenommen. Demnach dürfen Tankstellen in Deutschland künftig auch paraffinische Dieselkraftstoffe als Reinkraftstoff anbieten, die zum Beispiel aus Altspeiseölen oder auf Basis von Erdgas (Kraftstoff GtL) hergestellt wurden. Der Bundesrat hat der Novelle der 10. BImSchV am 22. März 2024 zugestimmt. Zeitgleich mit der neuen Verordnung soll die bisherige Förderung paraffinischer Dieselkraftstoffe aus fossilen Quellen im Rahmen des Gesetzes über die Beschaffung sauberer Straßenfahrzeuge (SaubFahrzeugBeschG) beendet werden, um klimaschädliche Anreize zu vermeiden. Zudem soll Diesel B10 (Diesel mit einem Beimischungsanteil von bis zu 10 % Biodiesel) eingeführt und der aktuelle B7-Kraftstoff weiter als Bestandssorte erhalten bleiben.

Eine Umfrage des ADAC im Frühjahr 2021 zeigte, dass nur wenige Pkw-Modelle für die Verwendung von paraffinischen Dieselkraftstoffen nach DIN EN 15940 seitens der Automobilhersteller freigegeben sind. Wie eine Übersicht von Fuelmotion (Stand: Februar 2023) verdeutlicht, werden es aber stetig mehr Fahrzeughersteller und -typen sowie Modelle. Mittlerweile gibt es von fast allen Herstellern Freigaben für synthetische Kraftstoffe nach EN 15940.

Wie sind die Aussichten für HVO?

Nach Angaben von Neste-Experte Mats Hultmann sollen die Produktionskapazitäten erneuerbarer Kraftstoffe in den kommenden Jahren exponentiell ansteigen und voraussichtlich bereits 2025 weltweit 30 Millionen t erreichen. Aus technischer Sicht seien die Aussichten für eine Ausweitung der Produktion von erneuerbaren Kraftstoffen sehr positiv, betont Hultmann. "Zwar gibt es eine Obergrenze für die verfügbare Menge an Rohstoffen eines bestimmten Typs, aber es werden ständig neue vielversprechende Materialien für die Verwendung in erneuerbaren Kraftstoffen entwickelt", so Hultmann. Neste untersuche unter anderem feste Siedlungsabfälle und recycelte Kunststoffabfälle sowie Algen und Lignozellulose. Darüber hinaus soll die Weiterentwicklung von Technologien wie Power-to-X (PtX) die Verfügbarkeit von erneuerbaren Kraftstoffen erhöhen.

Weiterführende Themen

Die Hintergründe zu diesem Inhalt

2019 | OriginalPaper | Buchkapitel

Hydriertes Pflanzenöl (HVO)

Quelle:
Zukünftige Kraftstoffe

2021 | OriginalPaper | Buchkapitel

Antriebe

Quelle:
Vieweg Handbuch Kraftfahrzeugtechnik

2020 | OriginalPaper | Buchkapitel

Kraftstoffversorgung und Kraftstoffe

Quelle:
Dieselmotor-Management

2019 | OriginalPaper | Buchkapitel

Brennstoffe

Quelle:
Grundlagen Verbrennungsmotoren

2018 | OriginalPaper | Buchkapitel

Alternative Dieselkraftstoffe

Quelle:
Handbuch Dieselmotoren

2017 | OriginalPaper | Buchkapitel

Biomasse

Quelle:
Handbuch Regenerative Energietechnik

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