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09.03.2016 | Betriebsstoffe | Schwerpunkt | Online-Artikel

Es klemmt beim CNG

verfasst von: Alexander Heintzel

6:30 Min. Lesedauer

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Ein Schlüssel zur nachhaltigen CO2-Reduktion sind alternative Kraftstoffe. Nicht nur Designerkraftstoffe sind von Interesse, sondern auch Methanol und Methan. Die MTZ sprach mit Experten.

Der Verbrennungsmotor besitzt nach wie vor noch viel Entwicklungspotenzial, insbesondere im Zusammenspiel mit alternativen Kraftstoffen. Forschung und Industrie eigentlich erst am Anfang der Diskussion über designte Kraftstoffe. Hier ist noch viel Forschungs- und Entwicklungsarbeit vonnöten, die aber zügig vorangetrieben werden muss, will man beizeiten Lösungen für eine nachhaltige Zukunft marktreif präsentieren, was bereits Dr. Peter Sauermann, Direktor der Forschung bei Aral, im Interview Aufwendungen in neue Kraftstoffe sind erheblich aus der MTZ 4-2013 kenntnisreich schilderte. Mit dieser Thematik setzt sich auch das MTZextra Kraft- und Schmierstoffe der Zukunft auseinander. Für die ganze Diskussion um alternative Kraftstoffe gilt, dass die wesentliche Frage nicht die Technik betrifft, sondern vielmehr den Punkt, wie sich bei den investiven Größenordnungen, die nötig sind, letztendlich wirtschaftlich ein Geschäftsmodell darstellen lässt. Das gilt auch für Methanol und Methan - Grund genug einige grundlegende Gedanken aufzugreifen und hierzu auch die Experten Michael Bargende (FKFS), Jens Hadler (APL) und Thomas Koch (KIT) zu befragen.

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Alternative Kraftstoffe

Alternative Kraftstoffe, die möglichst zu einer Meidung von Schadstoffemissionen und zu einer Eliminierung oder einem Recycling der Kohlendioxidemission führen sollen, werden entscheidend für die Entwicklung zukünftiger Automobilantriebe sein.Im Kapi


Methanol nur schwer durchsetzbar

Eine nachhaltige Reduktion von CO2-Emissionen könnte durchaus mit der zügigen globalen Kommerzialisierung von Methanol als Treibstoff realisiert werden, da Methanol im Grunde genommen was das C-H-O-Verhältnis angeht den genannten Suchkorridor für alternative Kraftstoffe erfüllt. So konstatiert Jens Hadler: "Ein Vorteil bei Methanol ist, dass damit die Klopfresistenz ebenso wie die Verdichtung im Vergleich zum Betrieb mit herkömmlichem ROZ95-Kraftstoff deutlich erhöht werden kann". Dadurch könnte beispielsweise in Märkten, in denen noch viele große Saugmotoren unterwegs sind, wie etwa in China und den USA, relativ einfach CO2 im unteren einstelligen Prozentbereich eingespart werden. Allerdings steht der APL-Chef Methanol kritisch gegenüber. Es sei zwar gut bezüglich C-H-O, aber "wegen seiner Toxizität beispielsweise im Vergleich zu Ethanol oder Oxygenaten" äußerst problematisch. Hadler ist daher sehr zurückhaltend was die Zukunft für Methanol anbelangt. Auch Thomas Koch vom KIT sieht trotz der hervorragenden Verbrennungseigenschaften "Methanol aufgrund seiner Toxizität und seiner eingeschränkten Handhabbarkeit für den Endkunden leider nicht". Allerdings stuft er CH3OH als interessantes Zwischenprodukt für andere Kohlenwasserstoffe, wie etwa OME ein. Ein Problem bei Methanol ist die fehlende weiche Klopfgrenze, in der Michael Bargende "die große Gefahr bei Methanol" sieht. Darüber hinaus beurteilt der Stuttgarter Professor den sehr hohen Verbrauch von Methanol aufgrund des niedrigen Heizwerts als Manko für dessen Kommerzialisierung.

Methan als nachhaltige Alternative im Kraftstoffbereich

Die Rohemissions-Vorteile von Methan sind gemeinhin bekannt. Vor diesem Hintergrund ist die Frage interessant, warum CNG als Kraftstoff für Pkw und Nfz derzeit ein Nischendasein führt und wie stark seine Rolle zukünftig ausfallen wird, zumal mit dem Gasnetz der größte Energiespeicher Deutschlands zur Verfügung steht. CNG im Pkw ist für Bargende für die Zukunft gesetzt, "weil der Weg über PtG zum künstlichen Methan ein relativ einfacher ist". Es habe einen sehr hohen Heizwert, erlaube hohe motorische Wirkungsgraden, habe extrem eine hohe Klopffestigkeit und auch kein Reichweitenproblem. Damit "ist es für den Pkw eigentlich der ideale nachhaltige Kraftstoff", so Bargende.

Nun mag das ja für Deutschland stimmen, aber im europäischen Ausland ist LPG und nicht CNG vorherrschend, also ein Abfallprodukt, das in der Raffinerie anfällt. Es hat zumindest solange preisliche Vorteile, wie die Nachfrage nach LPG nicht die Abfallmenge an Butan und Propan übersteigt. Die mobile Gasinfrastruktur in Europa setzt also auf einen begrenzten Nischenmarkt. Nach Meinung Bargendes liegt dies darin begründet, dass „der Leidensdruck ist bei allen alternativen Kraftstoffen, egal ob CNG, OME, DME oder andere Alternativen, noch nicht groß genug ist. Solange es diesen nicht gibt, wird sich keine Alternative durchsetzen. Wir müssen uns in Bezug auf alternative Kraftstoffe auf eine Zeit vorbereiten, in der es diesen Leidensdruck geben wird“. Forschung und Industrie müssen also konzentriert darauf hinarbeiten, dass dann marktreife Lösungen vorliegen. Langfristig ist CNG im Vergleich zu LPG die nachhaltigere Lösung, weil sie zuerst auf fossiler Basis vorliegt und dann synthetisch ersetzt werden kann. "Das ist bei LPG nicht der Fall", so der FKFS-Vorstand, "niemand wird Butan oder Propan synthetisch herstellen. Das macht energetisch keinen Sinn im Vergleich zu Methan".

Jens Hadler sieht bezüglich der Durchsetzung von CNG das "klassische Henne-Ei-Problem: solange es nicht genügend Tankstellen gibt, werden keine CNG-Fahrzeuge oder nur bivalente Antriebe angeboten und solange nicht viele CNG-Fahrzeuge im Markt sind, wird das Tankstellennetz nicht weiter ausgebaut". Die Problematik ist also weniger techniklastig, sondern vielmehr wirtschaftlich getrieben: Welcher Hersteller sieht in der Entwicklung und Vermarktung eines monovalenten Konzepts ein erfolgversprechendes Geschäftsmodell? In 20 oder 50 Jahren wird CNG nicht viel teurer sein, auch wenn es dann über PtG erzeugt wird. Andere Kraftstoffe aber müssten deutlich teurer werden, weil das Öl knapper wird und die PtL-Prozesse große Investitionen erfordern. Hadler geht daher davon aus, „dass der Anteil von CNG bei den Pkw zumindest nicht weniger wird als heute. Bei den Nutzfahrzeugen aber wird der CNG-Anteil, ob selbst- oder fremdgezündet, ebenso weiter wachsen, wie der Anteil an LNG“. Dort seien die Variablen deutlich geringer, als im Bereich Pkw. Hadler: "Ich habe entweder einen Verteilerverkehr von einer festen Basis aus oder aber Langstreckenverkehr, der sich über das Autobahnnetz bewegt und bei dem genau definiert werden kann, wo getankt werden sollte oder muss".

Zu hohe Installationskosten für Gas bei Nfz

Unabhängig vom Einsatz im Pkw oder im Nfz ist Methan ein sehr geeigneter, weil sehr klopffester Kraftstoff. Dennoch hat Thomas Koch vom KIT "immer noch große Sorgen, sowohl bei CNG als auch bei LPG, was die Infrastrukturkosten für Nutzfahrzeuge anbelangt". Diese führen aus seiner Sicht weiterhin dazu, dass es eine Nischenapplikation bleiben wird, weil die momentanen Kosten- und Verbrauchsvorteile für CNG noch nicht im Markt überzeugen können. "Vielleicht sieht das 2025 oder 2030 anders aus, wenn eine Verschiebung im Preisniveau passiert", so Koch zur MTZ. "Stand heute sind fünfstellige Add-on Installierungskosten beispielsweise für einen Verteiler-Lkw für die Gasversorgung für viele Kunden leider ein K.o.-Kriterium für eine CNG-Applikation", so seine ernüchternde Bilanz. Allerdings könnte die Momentaufnahme im Lkw-Langstreckenbetrieb, wo ja weitaus größere Laufleistungen anfallen, durchaus anders ausfallen. Hier verweist Koch auf die Aktivitäten den interkontinentalen amerikanischen Lkw-Markt auf LNG umzurüsten, von denen man aktuell durch den Verfall des Rohölpreise eher wenig spüre. Im europäischen Fernverkehr allerdings, glaubt der Leiter des Instituts für Kolbenmaschinen mittelfristig nicht an eine Realisierung. Bei allen Überlegungen zu einer langfristigen Lösung dürfe man CH4 aber nicht ad acta legen. "Persönlich glaube ich eher an die flüssigen Kohlenwasserstoffe, auch wenn diese mehr Energie für die Herstellung benötigen. Mit ihrer hohen Energiedichte werden sie sich meines Erachtens insbesondere im Fernverkehr eher durchsetzen", lautet seine klare Prognose. 

Fazit? Die Experten sind sich einig, was die Vorzüge von Methan anbelangt, differieren aber bezüglich der Marktchancen. Fakt ist: Wenn Kunden erst einmal auf CNG umgeschwenkt sind, dann bleiben sie zumeist dabei. Die Hemmschwelle ist aber nach wie vor relativ groß. Es gibt in Deutschland rund 1.000 CNG-Tankstellen bei insgesamt rund 10.000 Tankstellen. Aber selbst bei diesem ordentlichen Verhältnis von 1:10 wollen sich viele Kunden noch nicht damit beschäftigen, wo sie tanken können. CNG ist heute deutlich günstiger als alle anderen Kraftstoffe und schafft trotzdem nicht den Durchbruch. Wir meinen: Beim Pkw wird das Thema CNG virulent bleiben, aber mit vielen Variablen behaftet, beim Nutzfahrzeug und natürlich stationär wird CNG ganz sicher kommen.

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