Unternehmen in Deutschland, Österreich und der Schweiz wissen, wie wichtig eine datengetriebene Entscheidungskultur ist. Das zeigen Innovationen und Investitionen. Was fehlt, ist die richtige Umsetzung.
Unternehmen in Deutschland, Österreich und der Schweiz (DACH) stecken im digitalen Reifeprozess fest. Es fehlt vor allem ein Selbstverständnis, Daten zur Steigerung der Wertschöpfung zu nutzen. Für die BI & Analytics-Studie biMA® 2017/18 von Sopra Steria Consulting und dem Business Application Research Center (BARC) wurden 314 Unternehmen unterschiedlicher Branchen und Größen in Bezug auf ihren Reifegrad in der BI- und Analytics-Landschaft analysiert.
Das Resultat ist klar: Es fehlt vor allem ein Selbstverständnis, Daten zur Steigerung der Wertschöpfung zu nutzen. Eine datengetriebene Entscheidungskultur ist bislang in jedem vierten Unternehmen erkennbar. Viele der übrigen Unternehmen vernachlässigen die unternehmenskulturelle Weiterentwicklung und fokussieren sich zu stark auf die Einführung technischer Big-Data-Lösungen.
Definition: Business Intelligence und Big Data
Wofür genau Big-Data-Lösungen und weitere Anwendungen der Business Intelligence genutzt werden können, definieren die Springer-Autoren Ralf Klinkenberg, Philipp Schlunder, Edin Klapic und Thomas Lacker im Buchkapitel "9. Zukunftsweisende Informations- und Kommunikations-Technologien" im Buch "Industrie 4.0 für die Praxis":
"Durch die Zusammenführung von Daten aus verschiedenen Quellen und Systemen (Datenintegration) und eine weitere Verarbeitung der Daten, z. B. durch Aggregation, Transformation oder Bereinigung sowie geeignete Visualisierungen lassen sich bereits wertvolle Einblicke in Prozesse und aktuelle Zustände erkennen (Business Intelligence). So kann man z. B. Tracken, in welchem Bearbeitungsschritt sich gerade welcher Kundenauftrag befindet, wie die Maschinenauslastungen sind, wo welche Probleme auftraten oder gerade auftreten, wie die aktuellen Lagerbestände sind, welche Bestellmengen für die Fertigung aller aktuellen Aufträge notwendig sind, und so weiter." (Seite 132-133).
Gesucht: Eine Kultur der Offenheit und die Bereitschaft für Veränderung
Innerhalb der Studie wurden die Unternehmen in fünf Reifegradstufen gegliedert. Während der Großteil der befragten Unternehmen auf Stufe vier rangiert, sollte das Ziel sein, Stufe fünf zu erreichen. Hier geht es vor allem darum, ein gewisses Selbstverständnis in Bezug auf die Nutzung analytischer Methoden und Daten zu haben.
"Diese Unternehmen unterstützen ihre Geschäftsprozesse flächendeckend durch Datenanalyse in Form von Handlungsempfehlungen. Um dorthin zu gelangen, haben sie eine Kultur der Offenheit etabliert und die Bereitschaft für Veränderung geschaffen", sagt Lars Schlömer, Leiter BI & Analytics von Sopra Steria Consulting. "Zudem sind Unternehmen mit einer datengetriebenen Kultur stärker intern und extern vernetzt als Unternehmen niedriger Reifestufen", so Schlömer.
Dass die Nutzung von Daten und Business Intelligence in Unternehmen von Vorteil ist, betont auch Springer-Autor Robert Mayr in seinem Buch "Digitalisierung im Spannungsfeld von Politik, Wirtschaft, Wissenschaft und Recht". Im Buchkapitel "Neue Horizonte: Die digitale Transformation optimiert unternehmerische Prozesse" unterstreicht er: "Wir haben es hier mit einer Entwicklung zu tun, nicht mit einem Umbruch, der wie durch Umlegen eines Schalters die Welt verändert" (Seite 252).
Weiterhin beschreibt er, dass es noch einige Zeit dauert, bis die Datennutzung wirklich umgesetzt und die Nutzung intelligenter Hilfsmittel akzeptiert werde. "Diese Zeit müssen die Unternehmen allerdings nutzen, um sich selbst und die Tätigkeiten ihrer Beschäftigten entsprechend zu transformieren" (Seite 253).
Das Wissen ist da, die Umsetzung fehlt
Die Mehrheit der DACH-Unternehmen ist allerdings weit entfernt, diese Veränderung der BI- & Analytics-Kultur mitzugehen. 20 Prozent der Unternehmen nutzen zwar explorative Methoden zum Gewinnen von Ideen sowie agile Weiterentwicklungen. Dies reicht jedoch bei Weitem nicht aus, um einen dauerhaften Bewusstseinswandel anzustoßen.
Auffällig ist hier eine breite Kluft zwischen Erkenntnis und Umsetzung. 50 Prozent der befragten Unternehmen halten analytisch basierte Entscheidungen für sehr wichtig. Lediglich zwölf Prozent leben dies flächendeckend im Tagesgeschäft und stützen tatsächlich wie selbstverständlich Entscheidungen auf Basis von Analytik.
BI-Kompetenz und Fachkompetenz müssen zueinander finden
Ebenso deutlich wird, dass vier von zehn Unternehmen zwar einen beträchtlichen Bedarf an Innovationen haben, die sie mittlerweile auch durch Methoden wie DevOps und Design Thinking entwickeln. Dennoch werden diese innovativen Prototypen für Produkte und Leistungen schlussendlich nur von drei Prozent der befragten Unternehmen systematisch in das operative Geschäft integriert.
Hier besteht ein enormer Entwicklungsbedarf, um Wertschöpfung durch Analytik und eine agile Ausrichtung mit messbarem Return on Investment zu erzielen. "Organisatorisch ist es deshalb wichtig, dass BI-Kompetenz und Fachkompetenz zueinanderfinden. Der nötige strategische und organisatorische Umbruch sollte immer durch Fachlichkeit getrieben werden und darf nicht allein die Sache der Data Scientists sein", sagt Lars Schlömer von Sopra Steria Consulting.