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27.10.2020 | Bilanz | Schwerpunkt | Online-Artikel

CFOs großer Unternehmen finden ihren Optimismus wieder

verfasst von: Angelika Breinich-Schilly

5 Min. Lesedauer

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Noch zur Jahresmitte sahen die Finanzentscheider deutscher Konzerne sehr pessimistisch in die Zukunft. Eine aktuelle Umfrage zeigt nun eine Trendwende, auch im Hinblick auf die Konjunktur. Dennoch ist der Optimismus mit Vorsicht zu genießen.

"Die Geschäftsaussichten haben sich seit dem historischen Tief im März eindrucksvoll verbessert, eine sehr deutliche Mehrheit sieht sich entweder in der Erholungsphase oder sogar bereits zurück auf dem Vorkrisen-Wachstumskurs - natürlich vorbehaltlich, dass die Lage weiter so stabil bleibt und es keinen zweiten Lockdown gibt", erläuterte Deloitte-Chefökonom Alexander Börsch die Ergebnisse des aktuellen CFO Surveys seines Hauses. Hierfür wurden vom 3. bis 30. September 100 Finanzentscheider deutscher Großunternehmen zu ihren gesamtwirtschaftlichen Erwartungen und konkreten Geschäftsaussichten befragt.

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Die Hälfte der Finanzentscheider geht davon aus, die krisenbedingten Verluste in diesem Jahr wettzumachen. 28 Prozent sehen ihren Umsatz bereits wieder auf Vorkrisenniveau. Jedes fünfte Unternehmen hofft, dieses Niveau im Laufe des Jahres 2020 wieder zu erreichen. Ganz vorne liegen dabei Branchen wie die Immobilienindustrie und der Konsumgüterbereich. Nicht mit einer schnellen Rückkehr zum Vorkrisenmodus rechnen hingegen Chief Financial Officers (CFO) aus dem Automobilsegment sowie der Maschinenbaubranche. Jeweils ein Drittel sieht eine vollständige Erholung der Umsatzzahlen nicht vor 2022.

CFOs sehen positiven Konjunkturtrend

Der überwiegend optimistische Blick der Finanzexperten lässt sich auch auf die allgemeine wirtschaftliche Entwicklung im Land übertragen: 45 Prozent der Befragten sehen derzeit einen positiven Konjunkturtrend und mehr als zwei Drittel erwarten eine Verbesserung auf Sicht von zwölf Monaten. International ergibt sich hingegen ein durchwachsenes Bild: Während die konjunkturelle Lage in der restlichen Eurozone und vor allem in den USA von den befragten CFOs sehr negativ gesehen wird, bewerten sie global betrachtet nur China ähnlich optimistisch wie ihr Heimatland.

Das liegt auch daran, dass sich die wirtschaftliche Aktivität in den Ländern sehr unterschiedlich stark abgeschwächt hat, meint Ulrich Stolzenburg in der Zeitschrift "Wirtschaftsdienst" (Ausgabe 9 | 2020). Der Autor gehört zum Team des Prognosezentrums und des Forschungsbereichs Innovation und Internationaler Wettbewerb am Ifw Kiel. 

Laut Stolzenburg ist das Bruttoinlandsprodukt (BIP) in den Niederlanden im ersten Halbjahr nur um knapp zehn Prozent zurückgegangen, in Deutschland lag das Minus bei 11,5 Prozent. Während die Rückgänge in Italien (17,6 Prozent), Frankreich (18,9 Prozent), Großbritannien (22,1 Prozent) und Spanien (22,7 Prozent) weitaus drastischer waren. Maßgeblich für diese massiven Unterschiede seien neben dem variierenden Infektionsgeschehen der Grad der seuchenpolitischen Eingriffe, etwa die Härte und Dauer des Lockdowns, sowie die jeweilige Wirtschaftsstruktur, zum Beispiel Abhängigkeiten im Hinblick auf Tourismus oder Export.

Positivere Geschäftsaussichten fördern Investitionsbereitschaft

Dass sich die Stimmung nach dem wirtschaftlichen Absturz im Frühjahr so schnell und deutlich erholen würde, hat die Studienautoren überrascht. Zu Beginn der staatlichen Einschränkungen lag der Indexwert mit minus 68 auf dem tiefsten Stand seit Beginn der Erhebung 2012. Im September schnellte dieser bereits wieder in den positiven Bereich und liegt derzeit bei 54 Zählern. Im Klartext heißt das, dass zwei Drittel der Finanzentscheider positiver gestimmt sind als noch vor drei Monaten.

"Das zeigt auch die generelle Investitionsbereitschaft, die sich deutlich erholt hat", so Börsch. Geld wollen die befragten CFOs vor allem für die Optimierung von Organisation und Prozessen sowie die Digitalisierung locker machen. Klassische Investitionen in Maschinen, Anlagen oder Gebäude stehen dagegen weit unten auf der Agenda. "Überhaupt ist zu beobachten, dass generell eher in immaterielle Assets wie Software, Daten oder Branding investiert wird - ein deutlicher Hinweis, dass die Covid-19-Krise die wirtschaftliche Transformation in Richtung digitaler Wirtschaft beschleunigt hat", meint der Ökonom.

Investitionen fließen vor allem in die digitale Ökonomie

"Ein krisenstabilisierender Effekt der Digitalisierung konnte bereits während der Finanz- und Wirtschaftskrise 2008/2009 ausgemacht werden, wie eine ökonometrische Analyse […] mit Daten zu zwölf europäischen Ländern und sieben Branchen zeigt", schreibt Irene Bertschek in der Zeitschrift "Wirtschaftsdienst" (Ausgabe 9 | 2020). "Bei Unternehmen, die hoch digitalisiert waren, nahm das Produktivitätswachstum während der Krise um 0,5 Prozentpunkte ab, bei gering digitalisierten Unternehmen sank es dagegen um 2,3 Prozentpunkte. Gleichzeitig gelang es höher digitalisierten Unternehmen, insbesondere im Dienstleistungssektor, eher Prozessinnovationen umzusetzen", erläutert die Professorin des Forschungsbereichs Digitale Ökonomie am ZEW – Leibniz-Zentrum für Europäische Wirtschaftsforschung in Mannheim.

Dass die aktuell positive Stimmung und die steigenden Investitionen einen V-förmigen Aufschwung wahrscheinlich machen, hält Börsch allerdings nicht für sicher:

Zum einen beruht die positive Tendenz vor allem auf dem vergleichsweise milden Pandemie-Verlauf in Deutschland. Ein Wiederaufflammen der Infektionszahlen und entsprechende Lockdowns würden dies natürlich konterkarieren. Zudem ist durch den Einbruch im zweiten Quartal das Niveau der Wirtschaftsleistung sehr viel niedriger, weswegen die kräftige Aufwärtsbewegung einige Quartale anhalten müsste, um nahtlos an das Ausgangsniveau anzuknüpfen. Die großen sektorspezifischen Unterschiede bei der Erholung in Kombination mit den anhaltenden Restriktionen in einigen Sektoren wie dem Gastgewerbe, welche nicht im CFO Survey abgebildet sind, lassen dies zumindest fraglich erscheinen."

Entwicklung der Exportmärkte entscheidend

Für ihn hängt die weitere Entwicklung maßgeblich davon ab, wie sich der Exportsektor entwickelt, der für eine ungebremste Fortsetzung des Aufschwungs im kommenden Jahr unerlässlich sei. "Wichtige Exportmärkte wie USA, Frankreich, Spanien oder Großbritannien stecken aber durch die Corona-Krise in wirtschaftlichen Schwierigkeiten. Hinzu kommen Risiken wie der Brexit, dessen Auswirkungen ab Januar 2021 zu spüren sein könnten. Daher dürfte nach der ersten, jetzt ermittelten Dynamik ein langsameres Wachstum realistisch werden, und der Aufschwung würde weniger wie ein V verlaufen als vielmehr an die Form des mathematischen Wurzelzeichens erinnern", erklärt der Experte. 

Allerdings hält er eine V-artige Aufwärtsbewegung samt langsameren Konjunkturverlauf 2021 im Vergleich zu den sehr düsteren Prognosen der ersten Jahreshälfte "auch schon für eine gute Nachricht".

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