Bei der Bilanzierung müssen Unternehmen viele handels- und steuerrechtliche Vorgaben umsetzen. Welche Themen aktuell für Kopfzerbrechen sorgen, erläutert Klaus von Sicherer im Interview.
Springer Professional: Viele Unternehmen setzen sich im Jahresabschluss 2018 erstmals mit den Neuregelungen für geringwertige Wirtschaftsgüter auseinander. Was hat sich geändert?
Klaus von Sicherer: Vor genau 20 Jahren, im Jahr 1988, waren unter geringwertigen Wirtschaftsgütern abnutzbare bewegliche und selbstständig nutzbare Wirtschaftsgüter des Anlagevermögens zu verstehen, deren Anschaffungs- oder Herstellungskosten 800 DM netto nicht überschritten. Nun wurden die Schwellenwerte für geringwertige Wirtschaftsgüter (GWG) angehoben, bezogen auf den Vergleichszeitraum praktisch verdoppelt. Für Wirtschaftsgüter, die nach dem 31. Dezember 2017 angeschafft, hergestellt oder in das Betriebsvermögen eingelegt werden, ist die Schwelle für GWG’s von bislang 410 Euro auf 800 Euro erhöht worden. Bei der Grenze von 800 Euro ist vom Nettowert, also ohne Umsatzsteuer, auszugehen. Alternativ können GWG’s von mehr als 250 Euro bis 1.000 Euro netto in einen Sammelpool eingestellt werden, der dann jedes Jahr mit 20 vom Hundert abzuschreiben ist.
Wie beurteilen Sie den Aufwand in der Praxis aufgrund dieser Umstellung?
Der Aufwand aus der Umstellung auf die neuen höheren Grenzwerte für GWG’s besteht vor allem in der Schulung der Mitarbeiter und in der entsprechenden Änderung der Buchhaltungssysteme. Während die Schulung der Mitarbeiter wahrscheinlich mehr Zeit beanspruchen wird, ist die Änderung der Buchhaltungssysteme in verhältnismäßig kurzer Zeit technisch zu regeln.
Welche Fragestellungen in der Bilanz sorgen aus Ihrer Sicht aktuell immer wieder für Kopfzerbrechen?
Die Komplexität der Erstellung eines Jahresabschlusses führt zwangsweise zu vielfältigen Problemfragen, wie beispielsweise die Berechnung der Abschreibung auf Finanzanlagen, die Probleme der Währungsumrechnung bei international tätigen Unternehmen oder die Buchung von Geschäftsvorfällen in Fremdwährung. Auch die Bilanzierung von langfristigen Forderungen an verbundene Unternehmen, die dann als Ausleihungen auszuweisen sind, kann komplex sein oder auch die richtige Abzinsung von langfristigen Forderungen und Verbindlichkeiten. Generell am schwierigsten zu bilanzieren sind eher seltene Ereignisse im Unternehmen, wie zum Beispiel so genannte Asset Deals (Verkauf von immateriellen Vermögensgegenständen, Sachanlagen, Umlaufvermögen, Rückstellung und Verbindlichkeiten) und Share Deals (Verkauf von Finanzanlagen).
Auch die Bilanzierung von Planvermögen ist in der Praxis häufig unklar. Was versteht man unter Planvermögen? Und was macht das Thema so komplex?
Unter Planvermögen versteht man Vermögensgegenstände, die ausschließlich der Erfüllung von Altersversorgungsverpflichtungen gegenüber Mitarbeitern dienen. Diese sind im Falle der Insolvenz dem Zugriff aller anderen Gläubiger entzogen und stellen kein betriebsnotwendiges Vermögen dar. Die Komplexität des Planvermögens zeigt sich vor allem in den Bilanzierungsvorschriften. Das Planvermögen ist beispielsweise handelsrechtlich zwingend mit den Pensionsrückstellungen zu saldieren, wohingegen im Steuerrecht ein strenges Saldierungsverbot besteht. Wie allgemein bekannt, sind Vermögensgegenstände grundsätzlich nach dem Vorsichtsprinzip mit den Anschaffungskosten zu bilanzieren. Beim Planvermögen ist aber eine Ausnahme zu beachten: Nach § 253 Abs. 1 Satz 4 Handelsgesetzbuch (HGB) ist das Planvermögen nämlich mit dem beizulegenden Zeitwert zu bewerten, auch wenn dieser über den Anschaffungskosten liegt. Ohne eine gründliche Kenntnis der Bilanzierungsvorschriften ist also die richtige Bilanzierung des Planvermögens problematisch.
In vielen Jahresabschlüssen findet man einen Rückstellungsspiegel. Gesetzlich verpflichtet sind Unternehmen hierzu jedoch nicht. Warum sollten Unternehmen dennoch einen Rückstellungsspiegel erstellen?
Ein Rückstellungsspiegel stellt die Entwicklung, also die Zugänge, Abgänge und Umbuchungen, der einzelnen Rückstellungspositionen dar. Er bietet somit dem interessierten Leser einen besseren Überblick an Informationen im Unternehmen, der aus dem Jahresabschluss so vielleicht nicht ersichtlich ist. Der Leser erkennt so beispielsweise die Absicht des Unternehmens zur Über- oder Unterdotierung von Rückstellungen. Der Rückstellungspiegel kann außerdem zur Erfüllung der Anforderung von § 285 Nr. 12 HGB diesen: Hier geht es um die Darstellung der Entwicklung der sonstigen Rückstellungen im Anhang.