Im Interview mit Springer für Professionals erläutern die Springer-Autoren Dr. Fedor Zeyer und Dr. Christoph Eppinger, wie innovativ das Rechnungswesen heute sein muss und wie das Profil des idealen Rechnungswesenleiters aussehen sollte.
Manch ein Laie mag denken, dass es sich beim Rechnungswesen um einen recht „trockenen“, zahlenlastigen Bereich handelt. Doch wie innovativ muss das Rechnungswesen heute tatsächlich sein?
Natürlich spielt der Umgang mit Zahlen eine große Rolle – doch nicht ausschließlich – das Rechnungswesen muss sich heute als Dienstleister und Sparringpartner im Unternehmen verstehen. Dabei spielen Kommunikation und Austausch innerhalb des Unternehmens mit den einzelnen Abteilungen eine große Rolle. Je nach Unternehmensgröße können auch Teile des Risikomanagementsystems im Rechnungswesen angesiedelt sein. Das Rechnungswesen ist auf Informationen aus unterschiedlichsten Quellen angewiesen, hier ist eine Zusammenarbeit mit den verschiedenen Teams und Ansprechpartnern u. a. aus Vertrieb, Technik sowie Rechtsabteilung notwendig. Aber auch die Kooperation mit ausländischen Tochtergesellschaften bietet spannende Themen. Die Aufgabenstellung im Rechnungswesen umfasst heutzutage nicht mehr nur die „reine Abschlusserstellung“, sondern fordert zusätzliche Kenntnisse im Bereich der Projektarbeit. Darüber hinaus spielen auch die Fachkompetenz sowie Flexibilität und Schnelligkeit eine große Rolle. Somit ist das Rechnungswesen in einen kontinuierlichen Optimierungs- und Weiterentwicklungsprozess eingebettet.
Wie würden Sie das Profil des idealen Rechnungswesenleiters beschreiben?
Ein idealer Rechnungswesenleiter verfügt über eine hohe IT-Affinität und besitzt ein sehr gutes Verständnis für Datenstrukturen. Er kennt die zentralen Wertschöpfungs- sowie die unterstützenden Prozesse. Mit der Organisationsstruktur des Unternehmens bzw. der Gruppe ist er vertraut, kennt die zentralen Ansprechpartner und verfügt – insbesondere im internationalen Umfeld – auch über interkulturelle Kompetenzen, sodass er sich der lokalen Besonderheiten bewusst ist. In seiner eigenen Organisation/Abteilung gelingt es ihm durch Kombination und geeigneter Besetzung der unterschiedlicher Rollen, neben der alle Erwartungen erfüllenden Abwicklung des Alltaggeschäftes auch auf Ad-hoc-Anfragen und Sonderprojekte – ggf. unter Zuhilfenahme von externen temporären Ressourcen – vorbereitet zu sein.
Am Beispiel der Konzernrechnungslegung: Wie kann ein Rechnungswesenleiter – trotz der ständig sich ändernden Rahmenbedingungen – die Qualität des Konzernrechnungswesens sicherstellen?
Die Sicherstellung einer hohen Qualität des Konzernrechnungswesens i. w. S. trotz sich ändernder Rahmenbedingungen erfasst sowohl die Antizipation unternehmensinterner als auch unternehmensexterner Anforderungen. Hierfür gilt es sicherzustellen, dass die anstehenden Änderungen frühzeitig erkannt und in ihren Auswirkungen richtig eingeschätzt werden, sodass angemessen darauf reagiert werden kann. Die Bedeutung dieser Änderungen wird beispielsweise an der Umstellung in den Anforderungen im Zahlungsverkehr wie bei SEPA ersichtlich, die aufgrund der Implikationen auf Kundenbeziehungen einen unternehmensweit koordinierten Umstellungsprozess erforderlich machte. Bilanzierungsseitig wird ein weiteres organisatorisch und systemseitig herausforderndes Projekt die Umstellung der Leasingbilanzierung bei IFRS-Anwendern werden, auf das sich die für das Konzernrechnungswesen Verantwortlichen ebenso frühzeitig und umfassend vorbereiten müssen. Hier gilt es frühzeitig den Umstellungsaufwand abzuschätzen und die verfügbaren internen Ressourcen ggf. durch gezielten Einsatz externer Unterstützung zu entlasten.
Wo gibt es – aus Ihrer Sicht – noch den meisten Handlungs- oder Optimierungsbedarf?
Ausgehend von der zentralen Rolle, die das Rechnungswesen für Finanz-, Kunden- und Lieferantendaten einnimmt, ist es oftmals ein kritischer Erfolgsfaktor, wann immer die Nutzung dieser Daten erforderlich ist. Zum Beispiel ist die Integration der Finanz- und ERP-Systeme neu erworbener Tochterunternehmen elementar, um eine hohe Datenqualität sicherzustellen. Dies ist oftmals mit hohem Aufwand und Kosten verbunden. Mitunter dauert der Integrationsprozess lange und die Hebung, der sich mit dem Erwerb des Unternehmens versprochenen Synergien, verzögert sich.
Aktuell gibt es eine neue Herausforderung: Die E-Bilanz. Wie schätzen Sie die Situation ein? Sind die Unternehmen bereits auf die E-Bilanz vorbereitet?
Die E-Bilanz ist sicherlich für alle Beteiligten eine Herausforderung, angefangen beim Finanzamt, über die Berater bis hin zu den Unternehmern. Neben den inhaltlichen Fragen ist die E-Bilanz aus unserer Sicht für alle Beteiligte ein IT- bzw. Prozessthema. Die Kunst in den Unternehmen wird es sein, eine möglichst E-Bilanz-konforme Datengrundlage, sprich einen Kontenplan, zu schaffen. Denn nur wenn die Buchhaltungsdaten weitgehend den E-Bilanz-Anforderungen entsprechen, können die Unternehmen bzw. deren Berater ohne größeren manuellen und somit auch finanziellen Aufwand eine „saubere“ E-Bilanz generieren. Die Unternehmen, die bisher in dieser Richtung nichts unternommen haben, werden es, zumindest im Erstjahr, schwer haben. Nach bisheriger Erfahrung jedoch sind, zumindest in unserem Mandantenkreis, die allermeisten Unternehmen soweit gut vorbereitet.
Inwiefern das Finanzamt gleich in den ersten Jahren vor allem technisch in der Lage sein wird, die E-Bilanzen automatisiert auszuwerten und so dem Hauptziel, die Betriebsprüfungen „ergebnisorientierter“ einzusetzen, näher kommt, wird die Zukunft zeigen müssen. Ich vermute, dass es sich ähnlich wie nach der Einführung der digitalen Betriebsprüfung verhalten wird. Ganz am Anfang ist die Aufregung groß, in der ersten praktischen Phase wird sich zunächst nicht viel ändern, dann kommt eine gewisse Lernphase bei der Finanzverwaltung und nach vier, fünf Jahren gehört die E-Bilanz zum Daily Business. Sie wird jährlich elektronisch eingereicht, das Finanzamt macht seine Auswertungen und kein Mensch regt sich mehr auf.