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26.05.2021 | Blockchain | Interview | Online-Artikel

"NFTs werden zahlreiche neue Assetklassen ermöglichen"

verfasst von: Angelika Breinich-Schilly

5:30 Min. Lesedauer

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Non-fungible Token gelten unter einigen Investoren als neuer Stern unter den Assets. Doch was steckt hinter der als NFT abgekürzten Technologie, welche Vorteile gibt es und wo lauern Fallen? Die Juristen Markus Kaulartz und Alexander Schmid bringen Licht ins Dunkel.

Springer Professional: "Ein Museum für das teuerste Digitalkunstwerk" titelte die "Frankfurter Allgemeine Zeitung" Mitte März. Sie bezog sich dabei auf den Käufer des Kryptowerks "Everydays: The First 5000 Days" des Künstlers Beeple. Das hatte bei einer Versteigerung des New Yorker Auktionshauses Christie’s einen Rekordpreis von rund 69 Millionen US-Dollar erzielt. Dabei existiert diese Arbeit nur in digitaler Form in einer Blockchain als sogenannter Non-fungible Token (NFT). Können Sie uns kurz erklären, was diese Art von Kunst ausmacht und welche Technologie dahinter steckt? 

Markus Kaulartz: Hinter NFTs steckt die Blockchain-Technologie. Eine Blockchain ist ein dezentraler Datenspeicher, der besonders manipulations- und ausfallsicher ist. Nicht eine zentrale Institution speichert die Daten, sondern zigtausende Teilnehmer. Neben Bitcoin, dem prominentesten Beispiel, lassen sich auch andere virtuelle Vermögenswerte auf Blockchains darstellen und übertragen. Hierunter fallen Non-fungible Token, die dazu geeignet sind, bestimmte Rechte zu verkörpern. Es kann durch NFTs festgelegt werden, dass der Inhaber des NFTs auch Inhaber eines bestimmten Rechts sein soll - beispielsweise Inhaber aller Rechte an "Everydays". 

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Was bedeutet das im Detail?

Markus Kaulartz: Damit wird das bislang Unmögliche geschaffen: Digitale Daten lassen sich eigentlich frei reproduzieren und Kopien sind nicht von der Vorlage unterscheidbar. Daher gab es bislang keine eigentumsähnlichen Rechte an Daten, denn es gab keine digitalen Originale. Mit NFTs ändert sich dies und digitale Dateien lassen sich nun zu eigentumsähnlichen Rechten tokenisieren. Eine Blockchain ermöglicht das Verschieben von Daten, im Gegensatz zum schlichten Kopieren von Daten, auf bewährten IT-Systemen.

Kreative Köpfe packen in NFT sicher noch andere Dinge, die sich digital handeln und so monetarisieren lassen. Denkbar sind zum Beispiel Eigentumsrechte an Musik. Was ist aus Ihrer Sicht möglich? Haben Sie einige praktische Beispiele?

Alexander Schmid: Grundsätzlich lassen sich alle unkörperlichen oder körperlichen Vermögenswerte als NFT darstellen. Die von Ihnen erwähnten Eigentumsrechte an Musik sind ein weiteres gutes Beispiel für den Einsatz von NFTs. Was in der physischen Welt etwa limitierte und mit Seriennummern versehene Musikalben sind, war bislang in der digitalen Welt nicht denkbar. Es gab keine Limited Edition einer MP3-Datei, denn wie sollte verhindert werden, dass hiervon nicht eine eins zu eins identische Kopie angefertigt und weiterverkauft wird? Mit NFTs ist dies nun möglich. So bietet die Band "Kings of Leon" zu ihrem nächsten Album limitierte NFTs an, mit denen auch Sonderrechten auf künftigen Tourneen, wie bestimmte Sitzplätze in erster Reihe oder Backstage-Pässe, verbunden sind.

Was könnte Anleger noch interessieren?

Alexander Schmid: NFTs werden auch außerhalb des Kreativbereichs Anwendung finden. Denkbar ist, dass Eigentumsrechte an physischen Gegenständen wie Immobilien, Oldtimern, Uhren oder Rohstoffen tokenisiert und handelbar gemacht werden – auch als Bruchteile des Gesamtgegenstands.

Die Digitalkunst von Beeple ist an einen Kunstliebhaber gegangen, der unter dem Pseudonym Metakovan auftritt. Bezahlt wurde es in der Kryptowährung Ether. Es soll Teil einer digitalen Kunstsammlung sein, eines digitalen Kunstfonds. Hört sich für einen Investor nicht sehr transparent an. Der trifft seine Entscheidung in der Regel aufgrund von Wertpapierprospekten, die auch über mögliche Risiken Aufschluss geben. Welche finanzrechtlichen Regeln gelten bei NFT und wo liegen die größten Probleme dieser Token?

Markus Kaulartz: Zum einen stellt sich die Frage, ob NFTs nicht Finanzinstrumente im Sinne des Kreditwesengesetzes sind. Dort wurden mittlerweile Kryptowerte explizit geregelt und an zahlreiche Erlaubnistatbestände geknüpft, etwa die Vermittlung von Kryptowerten. NFTs sind weder Aktien noch Schuldverschreibungen und verkörpern auch keine mitglied schaftlichen Rechte, sodass eine Qualifizierung als Wertpapier in aller Regel ausscheiden dürfte. 

Auch andere Rechtsfragen tauchen im Zusammenhang mit NFT auf – etwa im Hinblick auf das Urheberrecht oder die Definition von Dateneigentum. Wo lauern hier Fallen und gibt es bereits Lösungsansätze?

Alexander Schmid: Urheberrechtlich ist bislang noch nicht geklärt, ob NFTs eine eigene Nutzungsart darstellen oder ein 'unbenanntes Recht zur öffentlichen Wiedergabe'. Grundsätzlich ist das Urheberrecht entwicklungsoffen gestaltet und kann daher auch NFTs abbilden. Es ist die Aufgabe des Veräußerers, durch die Verwendung spezieller NFT-Lizenzen - die derzeit noch nicht existieren - festzulegen, was mit dem Verkauf des NFTs genau übergeht. Nur das eigentumsähnliche Recht am NFT selbst oder auch urheberrechtliche Verwertungs- und Nutzungsrechte? Interessant für alle Urheber: Da NFTs auf Smart Contracts basieren, kann vereinbart werden, dass der Urheber automatisch an jeder Wertsteigerung seines Werks partizipiert!

Was heißt das konkret?

Alexander Schmid: Dateneigentum als solches kann an NFTs nicht bestehen, denn im BGB gibt es Eigentum nur an körperlichen Gegenständen. Dennoch könnten NFTs zumindest einen eigentumsähnlichen Rechtsschutz genießen, wenn man dem Inhaber bestimmte Beseitigungs-, Unterlassungs- und Schadensersatzansprüche zugesteht. Das ist auch unter dem jetzigen BGB denkbar.

Insgesamt klingen NFT noch wie ein Spielzeug für reiche Nerds und Digital-Unternehmer. Für welche Investoren kommen NFT derzeit überhaupt in Frage? Können sich trotz der vielen offenen Fragen NFT langfristig zu einer Assetklasse entwickeln, die auch für eine breitere Zielgrup-pe interessant ist? Oder muss hier zuvor der Gesetzgeber tätig werden?

Markus Kaulartz: Es steht außer Frage, dass NFTs Investitionen in zahlreiche neue Assetklassen ermöglichen werden. Hierfür bedarf es aber noch einer gewissen Adaption durch Banken und traditionelle Verkaufsplattformen. Die Commerzbank hat bereits angekündigt, zusammen mit der Deutschen Börse in das Unternehmen 360X zu investieren und damit in den Handel von NFTs einzusteigen. Auch Ebay ermöglicht neuerdings den Verkauf von NFTs.

Hier schwingt noch ein "aber" mit ...

Markus Kaulartz: Die rechtliche Komponente darf nicht außer Betracht gelassen werden, es muss genau geregelt werden, welche Rechte mit dem Kauf eines NFTs verbunden sind und wie etwa die Urheber an einem Werk vom Weiterverkauf profitieren. Zudem ist eine Klarstellung der finanzrechtlichen Anforderungen durch die BaFin erforderlich.

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