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02.05.2023 | Bonität | Infografik | Online-Artikel

Ausfallraten deutscher Unternehmen steigen

verfasst von: Angelika Breinich-Schilly

4:30 Min. Lesedauer

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Der Energiepreisschock und andere ökonomische Unsicherheiten haben die Ausfallraten in der deutschen Wirtschaft 2022 steigen lassen, belegt eine aktuelle Datenanalyse von mehr als zwei Millionen Betrieben. Unterschiede zeigen sich allerdings beim Blick auf die Branchen oder die Bundesländer.

Die jährliche Ausfallrate im deutschen Unternehmenssektor ist 2022 auf 1,17 Prozent von ihrem Tiefststand im Jahr 2021 mit 1,08 Prozent angewachsen. Damit liegt diese laut Creditreform Rating allerdings noch unter dem Vor-Corona-Niveau von 1,36 Prozent. In absoluten Zahlen wiesen im Jahr 2022 fast 28.300 der untersuchten Betriebe in Deutschland entweder ein hartes Negativmerkmal oder schwerwiegende Zahlungsrückstände im Sinne der Baseler Eigenkapitalregelungen auf. 

Für die im April veröffentlichte Default Study 2023 hat der Anbieter für Wirtschaftsinformationen eigene Daten von rund 2,42 Millionen aktive Unternehmern in Deutschland ausgewertet. Dabei handelt es sich unter anderem um aktuelle Finanz- und Bonitätsinformationen, Angaben zu Mitarbeiter- und Umsatzzahlen sowie zur Unternehmenstätigkeit, die Rechtsform oder gerichtliche Negativmerkmale. Die Analyse gewährt einen Blick auf die aktuelle Risikosituation der deutschen Wirtschaft, wobei es sich um empirische Ausfallraten handele, nicht um Hochrechnungen oder Schätzungen, betonen die Studienautoren.

Logistik, Verkehr und Bau besonders bedroht

Sie verzeichneten bei ihrer Untersuchung nicht in allen Größenklassen steigende Ausfallraten. Bei Betrieben mit einem Mindestumsatz von 250 Millionen Euro sank 2022 diese um 0,13 auf 0,03 Prozent. Bei kleineren Unternehmen mit Umsätzen zwischen zehn und 19 Millionen Euro war die Quote mit 0,50 Prozent ebenfalls rückläufig. Gleich geblieben ist hingegen die Gefährdung einzelner Branchen: Hierzu gehören die Sektoren Verkehr und Logistik (2,50 Prozent) sowie die Baubranche (1,60 Prozent). Hier sind Unternehmen deutlich ausfallgefährdeter als in anderen Bereichen. 

Die Grundstoffindustrie (0,57 Prozent) habe hingegegen im vergangenen Jahr eine niedrigere Default Rate aufgewiesen als 2019. Eine Ausnahme bilde nur Chemiebranche (1,11 Prozent) aufgrund ihrer relativ hohen Energieintensität. Der Bereich habe 2022 unter dem massiven Energiepreisschock nach Ausbruch des Ukraine-Kriegs gelitten.

Junge Firmen haben höchste Default Rates

Gemessen am Alter tragen Jungunternehmen, die erst zwei bis fünf Jahre existieren, den stärksten Anstieg und die höchste Ausfallrate auf. Die niedrigste Ausfallquote bleibt weiterhin alteingesessenen Betrieben, die seit mehr als zehn Jahren am Markt sind, vorbehalten. Über alle Alterskategorien hinweg bewegen sich die entsprechenden Raten noch immer, zum Teil deutlich, unter dem für 2019 berechneten Stand.

Innerhalb Deutschlands sind die Ausfallraten im Vorjahr über alle 16 Bundesländer gestiegen. Spitzenreiter bleibt wie schon 2021 Berlin mit der höchsten Ausfallquote (1,95 Prozent). Thüringen liegt erneut am Ende der Liste (0,84 Prozent). Insgesamt weisen die ostdeutschen Flächenländer tendenziell niedrigere Default Rates aus als westdeutschen Länder. Den stärksten Anstieg der Ausfallquote verzeichnete im vergangenen Jahr das Saarland auf 1,33 Prozent.

BIP-Prognose für 2023: 0,2 Prozent

Für das Jahr 2023 rechnen die Studienautoren aufgrund des schwachen Winterhalbjahres 2022/23 nur mit einem sehr geringen Wachstum des Bruttoinlandsproduktes (BIP) von etwa 0,2 Prozent gegenüber 2022. Zudem bleibe mit Blick auf den Krieg in der Ukraine sowie der geopolitischen Lage die Unsicherheit hoch. Für 2024 gehen die Experten von einer Expansion der gesamtwirtschaftlichen Tätigkeit um 1,4 Prozent. Unter diesen Voraussetzungen überwiegen daher aktuell die Abwärtsrisiken, heißt es weiter. 

"Grundsätzlich stellt die aufgrund der russischen Aggression gegen die Ukraine mit Hochdruck verfolgte Reduzierung der Abhängigkeit von russischen fossilen Energieträgern weiterhin eine Herausforderung dar, die sich parallel mit dem angestrebten stärkeren Einsatz von erneuerbaren Energien abspielt", schreiben die Studienautoren und führen aus: 

Die straffere Geldpolitik dürfte allmählich eine stärker konjunkturbremsende Wirkung entfalten. Wir rechnen mit zumindest zwei weiteren Zinserhöhungen der Europäischen Zentralbank um jeweils 25 Basispunkte in diesem Jahr. Zinssenkungen vor 2024 halten wir für unwahrscheinlich."

Ausfallrate wird 2023 weiter steigen

Für das Jahresende 2023 gehen die Studienautoren von einer einjährigen Ausfallrate in Höhe von 1,44 Prozent aus. Während der Anteil ausgefallener Unternehmen gegenüber 2022 damit um 0,27 Prozentpunkte ansteigt, liegt die Rate aber weiterhin unter dem Zehn-Jahres-Durchschnitt von 2010 bis 2019 (1,61 Prozent). In diesem Zeitraum sei das Ausfallgeschehen nicht durch extrem außergewöhnliche Gegebenheiten und damit zusammenhängende Sonderreglungen verzerrt worden. 

Die Analysten gehen davon aus, dass die Zahl der Insolvenzen über die kommenden Monate hinweg steigt, "auch wenn anhaltende staatliche Stützungsmaßnahmen sowie ein spürbarer Rückgang vieler Energiepreise allzu drastische Sprünge bei den Unternehmensinsolvenzen verhindern sollten". 

Ungünstige Finanzierungsbedingungen belasten

"Gleichzeitig dürften deutlich ungünstigere Finanzierungsbedingungen sowie der noch anhaltende Zinserhöhungszyklus der EZB für einige Unternehmen das finanzielle Überleben erheblich erschweren beziehungsweise Spielräume signifikant einengen", heißt es in der Analyse. Im Zuge des unerwartet aggressiven Zinsanstiegs habe sich das Umfeld für die Schuldentilgung deutlich angespannt, "was zu einer spürbar höheren Dynamik bei den Zahlungsrückständen und letztlich bei Zahlungsausfällen führen könnte". 

Das belegen auch aktuelle Zahlen: Von Januar bis März 2023 gab es kumuliert rund 10.800 Unternehmensausfälle beziehungsweise zu Fälle von erheblichen Zahlungsschwierigkeiten. Das sind 22,1 Prozent mehr als im Vorjahreszeitraum. Gemessen am Durchschnitt der Jahre 2017 bis 2019 ergibt sich ein deutliches Plus von 8,6 Prozent.

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