Noch wartet der Brennstoffzellenantrieb auf seine Anerkennung. Während es den Ingenieuren gelang, im Detail enorme Fortschritte zu erzielen, sind es systemrelevante Probleme, wie etwa die wirtschaftliche Serienfertigung, die bewältigt werden müssen. Und natürlich die Frage nach dem Wasserstoff.
Trotz der Fortschritte in der Brennstoffzellentechnik, setzt sich die Brennstoffzellenmobilität nur sehr verhalten durch.
Andreas Burkert
"Fragen Sie, woher der Wasserstoff kommt!". Allein dieser Hinweis könnte das Potenzial haben, den Brennstoffzellenantrieb ein für alle Mal aus den Forschungsabteilungen der Automobilhersteller zu verbannen. Herbert Diess hat diese Frage vor wenigen Tagen kritisch gestellt, als er auf das Brennstoffzellen-Konzeptfahrzeug i Hydrogen Next seines ehemaligen Arbeitgebers BMW angesprochen wurde. Für den Volkswagen-Chef hat das Wasserstoffauto keine Zukunft. Zumindest nicht in den kommenden zehn Jahren. Bis dahin ist es "keine relevante Option für den Antrieb", wird Diess zitiert. Er kennt auch den Grund dafür: Wasserstoff.
Um diesen herzustellen, werde wegen der derzeit sehr ineffizienten Herstellungsmethode sehr viel Strom benötigt. Hinsichtlich der CO2-Bilanz, volkswirtschaftlich und weil die Kosten pro gefahrenem Kilometer für den Endverbraucher im Vergleich zum batterieelektrischen Fahrzeug dreimal zu teuer wären, lehnt er diese alternative Antriebstechnik ab. Dass allerdings zur diesjährigen Internationalen Automobilausstellung IAA in Frankfurt/Main bedeutende Automobilhersteller, wie unter anderem auch Toyota, Hyundai und Daimler, sich zur Brennstoffzellentechnik bekannt haben, ficht ihn nicht an. Auch nicht, dass neben kleinen Unternehmen wie Valmet Automotive, das unter dem Dach der Business Line Engineering das Center of Competence Fuel Cell gegründet hat, auch große Zulieferer wie Bosch an die Massentauglichkeit der Brennstoffzelle glauben.
Fortschritte bei der Brennstoffzellentechnik
Wohl wissend, dass der Brennstoffzellenstack derzeit noch viel Potenzial für Verbesserungen bietet, will Dr. Volkmar Denner, Vorsitzender der Bosch-Geschäftsführung, über Skaleneffekte erreichen, die noch teure Technik kostengünstiger zu produzieren. Und zwar, indem Bosch in die Serienfertigung einsteigen will. Experten halten die Brennstoffzelle schon heute für marktreif, nahezu alle kritischen technischen Hürden wurden überwunden, wie Springer-Autor Jürgen Rechberger in Grundlagen der Brennstoffzellentechnologie schreibt. Und eine Langlebigkeit von mehr als 6.000 Betriebsstunden wird mittlerweile auch garantiert. Ein vorläufiger Wert. Denn zahlreiche Unternehmen arbeiten mit Hochdruck an einer Optimierung des Brennstoffzellensystems.
In den vergangenen zehn Jahren gab es enorme Entwicklungsfortschritte und alle wesentlichen technologischen und wirtschaftlichen Herausforderungen wurden gelöst. BZ erreichen heute die geforderten Lebensdauern, sind kompakt und von der Leistungsdichte mit Motoren vergleichbar und bei entsprechenden Stückzahlen auch zu wettbewerbsfähigen Kosten herstellbar", erklärt Rechberger in Einführung Grundlagen der Brennstoffzellentechnologie in dem Fachbuch Grundlagen Verbrennungsmotoren.
Elring-Klinger beispielsweise hat den PEM-Brennstoffzellenstack in das Zentrum seiner Bemühungen einer modernen Elektromobilität gerückt. Der flüssigkeitsgekühlte PEM-Brennstoffzellenstack NM12 soll mit einer hohen Leistungsdichte sowie einer elektrischen Leistung von bis zu 135 Kiolwatt für Automobil- und Nutzfahrzeuganwendungen geeignet sein. Und sie ist eine Eigenentwicklung, bei der Stack-, Wasserstoff- und Luftversorgung, Kühlung und Leistungselektronik sowie eine Steuereinheit in einem Paket integriert wurden. Für den Vorstandsvorsitzender Dr. Stefan Wolf ist "dies ein Meilenstein für Elring-Klinger und die gesamte Brennstoffzellentechnologie".
Brennstoffzellenantrieb bisher bescheiden im Erfolg
Auch Katsuhiko Hirose ist ein prominenter Fürsprecher der Brennstoffzellentechnik. Der General Manager von Toyotas Brennstoffzellen-Entwicklung ist gelernter Nuklearphysiker, der sogar fest daran glaubt, dass ein Wasserstoff-Toyota in naher Zukunft zum Preis eines Corollas verfügbar sein wird. Warum aber zweifeln auf der einen Seite gestandene Automobilmanager an der Zukunft des Brennstoffzellenantriebs, andere wiederum sehen in ihr die Lösung aller Probleme? Erste Antworten liefert unter anderem der aktuelle Report Die Brennstoffzelle zwischen Euphorie und Ernüchterung aus der MTZ 7/8-2019. Dort geht der Autor auf die seit fast einem Vierteljahrhundert andauernden Versuche ein, die H2-Antriebsalternative zum Erfolg zu führen. Bisher waren die Erfolge bescheiden.
Ein nicht unwesentlicher Grund sind auch die Fortschritte bei der batterieelektrischen Mobilität. Bei nahezu konstantem Preis pro kWh hat sich Kapazität derart verbessert, dass es mit einer Akkuladung möglich ist, mehr als 500 Kilometer weit zu fahren. Der aktuelle GLC-F-Cell von Mercedes-Benz mit einer 4,4-kg-Betankung kommt rund 440 Kilometer weit. Das sind 0,97 Kilogramm pro 100 Kilometer. Allerdings muss angemerkt werden, dass die H2-Betankung in der Regel weniger als fünf Minuten dauert. Das Laden der Lithium-Ionen-Batterie benötigt mindestens 30 Minuten. Ein weiterer Nachteil eines Brennstoffzellenantriebs ist der wesentlich größere Bauraum für alle Systemkomponenten.
Chance für die Wertschöpfung in Deutschland
"Insbesondere die Medienversorgung und -konditionierung im Brennstoffzellen-Fahrzeug bedarf hierbei detaillierter Betrachtung, um das volle Potenzial dieser Antriebstechnologie zu entfalten", schreiben dazu Jürgen Rechberger und Alexander Schenk in Auslegung der Medienversorgung für ein automobiles Brennstoffzellen-System aus dem Buch Ladungswechsel im Verbrennungsmotor 2017.
Dass die höhere Anzahl von Komponenten kein Nachteil für die deutsche Automobilbranche sein muss, daran glaubt Dr. Thomas Grube. Der Forscher und Gruppenleiter Mobilität am Forschungszentrum Jülich erklärt dazu im Interview mit der ATZ, dass dadurch ein wesentlicher Teil der Wertschöpfung zurück ins Haus geholt werden kann, die mit der Batterie-Elektromobilität verloren geht.