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04.08.2020 | Brennstoffzelle | Fragen + Antworten | Online-Artikel

Fragen und Antworten zur Brennstoffzellen-Mobilität

verfasst von: Christiane Köllner

7:30 Min. Lesedauer

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Mobilität der Zukunft, große Reichweite, umweltschonend – immer wieder hört man in Verbindung mit Brennstoffzellen-Fahrzeugen solche und ähnliche Formulierungen. Doch was ist dran an der so gepriesenen Brennstoffzelle? 

Mit der Nationalen Wasserstoffstrategie 2020 setzt die Bundesregierung einen deutlichen Schwerpunkt auf Wasserstoff als Energieträger. Die Förderung von Wasserstoff- und Brennstoffzellentechnologie im Verkehr ist ein wesentlicher Pfeiler des Konjunkturprogramms. Für die Maßnahmen der Wasserstoffstrategie sind im Konjunkturprogramm über sieben Milliarden Euro vorgesehen. Auch die Europäische Union will Wasserstoffprojekte stärker fördern. Wie eine Umfrage von AutoScout24 unter 1.000 Autohaltern im Juli 2020 zeigt, begrüßen die deutschen Autohalter diese Strategie: Rund zwei Drittel finden die Maßnahmen gut, fast jeder Dritte kann sich sogar vorstellen, ein wasserstoffbetriebenes Fahrzeug zu kaufen, wenn es bezahlbar wäre.

Brennstoffzellen, die mit Wasserstoff betrieben werden, gelten als wichtiger Baustein für eine nachhaltigere Mobilität – insbesondere als Antrieb für Busse und Lkw, aber auch für langstreckentaugliche Pkw. Aber die Hoffnung gibt es schon ziemlich lange: Serienreife Brennstoffzellen-Fahrzeuge (FCEVs) hingegen sind immer noch sehr selten auf deutschen Straßen unterwegs. Die meisten deutschen Automobilhersteller bevorzugen rein batteriebetriebene Elektroautos (BEVs). Haben Fahrzeuge mit Brennstoffzelle eine Zukunft? Unser Fragen +Antworten fasst die wichtigsten Informationen zu Brennstoffzellen zusammen. 

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Nach der Analyse der Supply Chain der Brennstoffzelle, des Wasserstoffes und der Lithium-Ionen-Batterie erfolgt in diesem essential ein Fallbeispiel, welches die Brennstoffzelle mit der Batterietechnologie in Bussen des öffentlichen Nahverkehrs vergleicht. Neben der wirtschaftlichen Betrachtung werden auch CO2 und NOx-Emissionen und die verbrauchten Rohstoffe betrachtet. Dabei stellt sich heraus, dass die Brennstoffzellentechnologie wirtschaftlich absolut vorteilhaft ist. Zudem ist die Technologie ökologisch absolut und relativ vorteilhaft gegenüber der Batterietechnologie.

Welche Brennstoffzellentypen gibt es?

Zu den wichtigsten Brennstoffzellenarten gehören die Polymer-Elektrolyt-Membran-Brennstoffzelle (Proton Exchange Membrane Fuel Cell, PEMFC, oder auch Polymer Electrolyte Fuel Cell, PEFC) und die Festoxid-Brennstoffzelle (Solid Oxide Fuel Cell, SOFC). "Die PEMFC hat einen sehr hohen Reifegrad und für die Automobilindustrie die größte Bedeutung erreicht", so Springer-Autor Joerg Wind im Kapitel Brennstoffzelle aus dem Buch Elektrifizierung des Antriebsstrangs. Für den Einsatz als Antriebseinheit in einem Fahrzeug sei die im Vergleich zu Hochtemperatur-Brennstoffzellen niedrige Arbeitstemperatur der PEMFC von 80 °C und das gute Kaltstartverhalten vorteilhaft, erklärt Wind. SOFCs hingegen "arbeiten bei hohen Temperaturen, werden in der Regel stationär eingesetzt und besitzen einen hochtemperaturstabilen, keramischen Elektrolyten", erklären Forscher der Universität Bayreuth im Artikel Mechanische Charakterisierung von Festoxid-Brennstoffzellen aus der Keramischen Zeitschrift 2-2020. Neben der PEMFC und der SOFC gibt es weitere Brennstoffzellenarten, auf die Joerg Wind im oben genannten Buchkapitel weiter eingeht. 

Wo liegen die Vor- und Nachteile von Brennstoffzellenantrieben?

Die Vorteile eines Elektroantriebs auf der Basis von Brennstoffzellen sind laut Joerg Wind im Wesentlichen:

  • hoher Wirkungsgrad der Brennstoffzelle
  • hoher Wirkungsgrad des Elektroantriebs
  • keine lokalen Emissionen
  • hohes Drehmoment bei geringen Drehzahlen
  • kurze Betankungszeit
  • große Reichweite
  • geräuscharmer Gesamtantrieb
  • kein Leerlaufverbrauch
  • Abwärme für Innenraumheizung
  • modularer Aufbau der Brennstoffzelle
  • geringe Wartungskosten

Neben den Vorteilen der Brennstoffzelle sind beim heutigen Stand der Technik folgende Nachteile laut Wind zu nennen:

  • Derzeit noch hohe Herstellkosten
  • hohes Leistungsgewicht
  • großer Bauraumbedarf
  • einige Brennstoffzellen benötigen hochreinen Wasserstoff
  • einige Brennstoffzellen sind nur für den stationären Betrieb geeignet
  • Langzeitverhalten und Lebensdauer müssen teilweise noch erprobt werden

In welchen Mobilitätsfeldern werden Brennstoffzellen eingesetzt?

Da Pkw deutlich die weltweiten Fahrzeugmärkte dominieren, sind sie für Brennstoffzellen das wohl wichtigste Einsatzfeld in der Mobilität. Doch auch brennstoffzellenbetriebene Stadtbusse gewinnen derzeit immer mehr an Bedeutung. Generell gilt: "Brennstoffzellenbetriebene Fahrzeuge werden auf längeren Strecken und bei der Betankungszeit wie auch im Transport und Schwerlastverkehr Vorteile bieten. Für geringere Entfernungen, und wenn mehr Zeit für die Beladung zur Verfügung steht, sind batteriebetriebene Fahrzeuge günstiger. Für kommerzielle Fahrzeuge sind auch Verbrennungsmotoren mit Wasserstoff denkbar", so die Springer-Autoren Robert Staiger und Adrian Tanțǎu im Kapitel Analyse von Mobilitätsanwendungen mit grünem Wasserstoff aus dem Buch Geschäftsmodellkonzepte mit grünem Wasserstoff

Für die Ingenieure von Pierburg stehen die Zeichen gut dafür, dass der Nutzfahrzeugsektor der Brennstoffzelle zum Durchbruch verhilft. "Die bessere Wirtschaftlichkeit, begründet aus großer Reichweite und kurzen Betankungszeiten verbunden mit einer hohen Nutzlast des Fahrzeugs, ist ihr entscheidender Vorteil gegenüber batterieelektrischen Konzepten", schreiben sie im Artikel Brennstoffzellenantrieb für Nutzfahrzeuge aus der MTZ 5-2020.

Auch Schiffe und Flugzeuge zählen zu den für Brennstoffzellen interessanten Anwendungsfeldern. In Forschungs- und Entwicklungsprojekten sowie Demonstrationsprojekten wird deren Einsatz derzeit untersucht. 

Welche Hersteller bieten Brennstoffzellenfahrzeuge an?

Momentan haben nur wenige Hersteller Modelle mit Brennstoffzelle im Portfolio. So bietet Daimler den Mercedes-Benz GLC F-Cell mit Brennstoffzellen-Plug-in-Hybrid-Antriebssystem zur Miete für ausgewählte Kunden an, allerdings berichtete die "Süddeutsche Zeitung" kürzlich, dass Mercedes-Benz aktuell die letzten Exemplare des GLC F-Cell produziere und kein Nachfolge-Modell plane. Daimler möchte sich lieber darauf konzentrieren, die Brennstoffzellen-Technik in Bussen und Lkw zu vermarkten. BMW hat auf der IAA im September 2019 die Studie i Hydrogen Next gezeigt. 2022 soll das Brennstoffzellen-SUV auf Basis des aktuellen X5 in Kleinserie gehen. Und auch Audi zieht nach: Geplant sind Brennstoffzellen-Antriebskonzepte unter der Dachmarke Audi h-tron. Brennstoffzellentechnik gibt es auch für den Renault Kangoo Z.E. und Master Z.E.

Wirklich stark setzen jedoch nur asiatische Hersteller auf die Brennstoffzelle: Toyota, Hyundai und Honda haben jeweils schon Modelle zur Marktreife gebracht. Der Toyota Mirai ist seit 2014 auf dem Markt, der Nachfolger soll 2020 präsentiert werden. Hyundai hat den Nexo im Programm, Honda den Clarity Fuel Cell.

Wie steht es um die Umweltfreundlichkeit?

FCEVs weisen einige prinzipielle ökologische Vorteile auf. Ähnlich einem BEV entstehen beim Fahren keinerlei Treibhausgas- oder Schadstoffemissionen und so gut wie keine Antriebsgeräusche. "Sowohl BEVs wie auch FCEVs verbrauchen sehr wenig Energie, wobei die Effizienz von BEVs wiederum besser als die von FCEVs ist. Die Umweltvorteile von BEVs liegen darin begründet, dass bei der Herstellung des Kraftstoffs und dessen Nutzung im Fahrzeug weniger verlustbehaftete Schritte der Energiewandlung anfallen", geht aus dem Papier Wasserstoff und Brennstoffzellen: Antworten auf wichtige Fragen der Now GmbH hervor. Allerdings wirke sich die sehr energieintensive Herstellung von Batterien negativ auf die Umweltbilanz aus, so die Bundesgesellschaft. Der große Vorteil des Wasserstoffs ist, dass er als transportabler und stationärer Speicher für große Energiemengen im Rahmen der Energiewende kaum zu schlagen ist, wie im Online-Artikel Ist das FCEV die Lösung für die Elektromobilität? erläutert wird.

Der Ingenieurdienstleister Alten hat im Artikel Batterie versus Brennstoffzelle – Antriebstechnik im Vergleich aus dem ATZextra Elektromobilität 2020 Fahrzeuge mit Verbrennungsmotor mit Brennstoffzellen- und Batteriefahrzeugen über die gesamte Wirkkette verglichen. Das Unternehmen kommt zu folgendem Ergebnis: "Das Batteriefahrzeug geht mit einem höheren CO2-Fußabdruck aufgrund der Akkuproduktion an den Start und ist gegenüber dem Fahrzeug mit Verbrennungsmotor erst nach circa 250.000 km CO2-neutral", so die Alten-Ingenieure. Das Brennstoffzellenfahrzeug fahre immer CO2-neutraler im Vergleich zum Fahrzeug mit Verbrennungsmotor. Der um ein Drittel höhere Primärenergieverbrauch lasse das Wasserstofffahrzeug nach rund 320.000 km im CO2-Vergleich mit dem Batteriefahrzeug gleichziehen. Hinsichtlich des CO2-Ausstoßes seien nur Spekulationen möglich. "Ein wichtiger Aspekt ist jedoch, dass sich ein Batteriefahrzeug im Dauereinsatz rechnet, zum Beispiel als Taxi. Viele Ladezyklen und extreme Umwelteinflüsse können die Haltbarkeit und Kapazität der Batterie mindern. Letztendlich hat jede der Technologien ihre Vor- und Nachteile", resümieren die Ingenieure. 

Die Springer-Autoren Sören Ahlfs, Alexander Goudz und Martin Streichfuss haben hingegen im öffentlichen Personennahverkehr den Einsatz von Brennstoffzellen-Bussen mit dem von Batterieelektro-Bussen verglichen. Die Autoren kommen im Kapitel Anwendung der Brennstoffzelle im öffentlichen Personennahverkehr aus dem Buch Die Brennstoffzelle zu dem Schluss, dass beide Betriebsvarianten zu empfehlen seien und sich als ökologisch vorteilhafter gegenüber dem Verbrennungsmotor erwiesen hätten. Rein ökologisch betrachtet, sollte der Betrieb mit Brennstoffzellen-Bussen erfolgen, wenn die Energie zu 100 Prozent aus erneuerbaren Energien erzeugt wird, so die Autoren. 

Wann kommt die Brennstoffzelle in der Breite an?

Eine aktuelle VDMA-Studie, erstellt von der FEV Consulting GmbH, prognostiziert, dass die Brennstoffzelle von 2030 an mit einem signifikanten Anteil in Pkw, Nutzfahrzeugen und mobilen Maschinen vertreten sein wird. Insgesamt soll der Absatz von Brennstoffzellenfahrzeugen im Zeitraum von 2030 bis 2040 von einer Million auf über zehn Millionen ansteigen, was einem Marktanteil von zwölf Prozent entspreche. Daraus ergebe sich ein jährliches Wachstum von knapp 25 Prozent für diesen Zeitraum. Allein elf Milliarden Euro Umsatz für Brennstoffzellenkomponenten im Pkw seien im Jahr 2040 in Europa laut VDMA-Studie möglich. In der Folge sollen hier rund 68.000 Arbeitsplätze entstehen, davon 5.000 Arbeitsplätze im Bereich des Maschinenbaus in Europa. 

"Das Segment der schweren Nutzfahrzeuge wird eine Schlüsselrolle bei der Einführung der Brennstoffzellentechnologie spielen", betont Hartmut Rauen, stellvertretender VDMA-Hauptgeschäftsführer. Insbesondere in Europa existiere laut Studie mit den strengen Emissionsgrenzwerten ein klarer Treiber für Brennstoffzellenantriebe. Aufgrund des hohen Energiedurchsatzes werde zudem der Aufbau der Infrastruktur maßgeblich durch die Nutzfahrzeuge bestimmt. Unter den nichtstraßengebundenen Anwendungen hätten insbesondere Gabelstapler, Schienen- und Schiffsanwendungen einen relevanten Anteil an Brennstoffzellenantrieben. Aufgrund der begrenzten Gesamtmarktgröße für diese Anwendungen werde jedoch erwartet, dass die Absatzvolumina der Brennstoffzellenvarianten deutlich geringer sind als die des Pkw-Marktes.

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