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14.11.2023 | Brennstoffzelle | Interview | Online-Artikel

"Messtechnik ist ein integraler Teil der Brennstoffzellen-Produkion"

verfasst von: Thomas Siebel

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Automatisiertes Stapeln von Brennstoffzellenkomponenten verlangt höchste Präzision. Dabei spielt die Messtechnik eine entscheidende Rolle, wie Svenja Schadek von Hexagon im Interview erläutert.

Was treibt aktuell den Brennstoffzellenmarkt?

In den letzten Jahren hat sich der Fokus auf Erreichung der globalen Klimaneutralität bis 2050 verstärkt und so das Tempo des Wandels hin zu nachhaltigeren Energielösungen erhöht. Besonders deutlich wird dieser Wandel im Transportsektor. Hier geht der Trend immer stärker zu wasserstoffbetriebenen Brennstoffzellen-Lkw und -Bussen.

Wo liegen in der Produktion von Brennstoffzellen die größten Herausforderungen?

Die Automatisierung des Stapelprozesses ist eine der größten Herausforderungen. Eng damit verbundenen ist das Design der Brennstoffzelle. Eine schnelle und effiziente Produktion des Stacks ist entscheidend, um eine kostengünstige Alternative zu den etablierten Antriebslösungen zu bieten.

Welche Rolle spielt die Qualitätssicherung hinsichtlich sinkender Produktionskosten?

Die messtechnische Qualitätssicherung kann auf verschiedene Weise zu geringeren Produktionskosten beitragen. Besonders wertvoll ist sie, wenn es darum geht, die geometrische Genauigkeit von Komponenten zu gewährleisten, die für den automatischen Stapelprozess bereitgestellt werden. Es werden stabile und effiziente Produktionsprozesse gebraucht, um die angestrebten Kostensenkungen in der Brennstoffzellentechnologie zu erreichen und die prognostizierte Nachfrage in den kommenden Jahren zu befriedigen. Hier ist die Messtechnik ein integraler Bestandteil.

Was genau erfasst die Messetechnik dabei in der Produktion?

Sie gewährleistet die genaue Geometrie der einzelnen Komponenten. Präzision ist insbesondere bei der im Transportsektor wichtigen Protonenaustauschmembran-Brennstoffzelle (PEMFC) wichtig, und hier vor allem im Stapelungsprozess, in dem die einzelnen Komponenten präzise übereinander gestapelt werden. Alle Funktionsbereiche dieser Komponenten müssen exakt zueinander ausgerichtet sein.

Worauf kommt es beispielsweise bei der Bipolarplatte an?

Die Bipolarplatte zeichnet sich durch ihr Flowfield aus, das zur Verteilung von Wasserstoff und Sauerstoff dient. Für die Hersteller ist die Position des Flowfields im Verhältnis zu den Ein- und Auslassöffnungen sowie seine Ausrichtung zu definierten Referenzpunkte von größter Bedeutung.

Und bei der Membran-Elektroden-Einheit, kurz MEA?

Hier muss ähnlich sorgfältig validiert werden. Das Bauteil besteht aus einer beschichteten Membran mit Gasdiffusionsschichten. Auch hier ist die genaue Positionierung des beschichteten Bereichs entscheidend. Die Betriebseffizienz der Zelle entscheidet sich daran, ob alle Komponenten und alle aktiven Bereiche in einer einzelnen Brennstoffzelle korrekt zusammengebaut sind.

Wie gehen Sie bei der Auswahl der richtigen Messtechnik vor?

Wir berücksichtigen drei kritische Faktoren: die Verformbarkeit des Materials, die Materialbeschichtungen und die Bauteilgeometrie mit vielen zweidimensionalen Merkmalen. Für jeden dieser Faktoren werden berührungslose Messlösungen benötigt. Bei der Prüfung von Bipolarplatten entscheiden wir uns in der Regel für eine Messlösung mit Multisensorik. Die verfügt unter anderem über integrierte Kameras, über die sich Ein- und Auslassöffnungen sowie Kanten schnell erfassen lassen. Eine Messsoftware vergleicht dann das erfasste Profil mit einem CAD-Modell und erstellt grafische Messberichte und numerische Protokolle.

Unsere Messlösungen können zudem automatisch zwischen verschiedenen Sensoren zu wechseln. Für Bipolarplatten eignet sich etwa ein chromatischer Weißlichtsensor mit hoher Auflösung und Messgenauigkeit. Damit lassen sich das Flowfiled-Profil und andere Geometrien detailliert erfassen.

Für MEAs eignen sich kamerabasierte Messsysteme, die neben den Kanten der beschichteten Bereiche auch die Kanten der transparenten Trägerfolie erfassen. So kann die Position des Funktionsbereichs der MEA ausgewertet werden.

Lassen sich die Messtechniken in einer automatisierten Produktionsumgebung integrieren?

Ja, unsere Messgeräte können nahtlos in verschiedene Automatisierungslösungen integriert werden, von einfachen Palettiersystemen bis hin zu vollautomatischen Beladesystemen. Die Messdaten können dann auch für die Prozesssteuerung und -überwachung genutzt werden, beispielsweise auch, um rechtzeitige Korrekturen am Fertigungsprozess vorzunehmen.

Lässt die Qualitätssicherung Rückschlüsse auf die erwartbare Lebensdauer einer Brennstoffzelle zu?

Die Langlebigkeit wird durch das Design, die Materialeigenschaften und den Herstellungsprozess beeinflusst. Wir bieten Softwarelösungen für Fatigueanalysen, die, einfach ausgedrückt, aus Design und definierten Zieleigenschaften die Ziellebensdauer vorhersagen. Durch die Simulation der Fertigungsprozesse kann virtuell überprüft werden, ob der gewählte Fertigungsprozess ein fehlerfreies Produkt mit den gewünschten Zieleigenschaften liefern kann und inwieweit Abweichungen die Lebensdauer beeinflussen.

Elektrolyseure haben einen ähnlichen Aufbau wie Brennstoffzellen. Unterscheiden sich die Messtechniken für die Qualitätssicherung

Die Komponenten und geometrischen Anforderungen sind ähnlich. Folglich sind auch die Messlösungen identisch. Auch beim Elektrolyseur geht es schwerpunktmäßig um die Gewährleistung eines schnellen und stabilen Stapelvorgangs.

Welche messtechnischen Neuerungen sind im Bereich der Qualitätssicherung von Brennstoffzellen künftig zu erwarten? 

In der Messtechnik besteht ein ständiger Trend darin, Daten schneller zu erfassen. Es genügt jedoch nicht, sich darauf zu beschränken. Ein entscheidender Trend ist die Entwicklung der Metrologie hin zu einer stark vernetzten Disziplin. Mithilfe von cloudbasierte Lösungen lassen sich Messdaten von verschiedenen Geräten nahtlos verbinden, wodurch die Nutzung dieser Messsysteme transparent wird. Diese Konnektivität hilft, Prozesse in der gesamten Wertschöpfungskette zu optimieren und effizienter zu planen und somit qualitativ hochwertigere Produkte mit größerer Effizienz herzustellen.

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