Wissenschaftler der TU Darmstadt errichteten auf der Lichtwiese in Darmstadt eine Brücke im additiven Verfahren – nicht in einer Fertigungshalle hergestellt, sondern direkt vor Ort und über fließendem Wasser.
"Das Unternehmen MX3D hat mit einer Brücke ein sehr künstlerisches Bauwerk geschaffen. Was ihnen aber nicht gelungen ist: Von zwei Seiten mit Robotern über Wasser zu bauen. Das leistete jetzt unser Team", freut sich Professor Ulrich Knaack vom Institut für Statik und Konstruktion der TU Darmstadt, Fachgebiet Fassadentechnik. Denn anders als die Niederländer, die eine Brücke im additiven Verfahren mit mehreren Robotern in einer Industriehalle herstellen beziehungsweise 3D-drucken, war es Ziel der Darmstädter Wissenschaftler, eine Stahlbrücke als Ganzes, vor Ort und direkt über dem Wasser herzustellen. Das ist nach Aussage der Entwickler eine weltweite Premiere. Im Kapitel "Grundlagen der additiven Fertigung" des Springer-Fachbuchs "Methodisches Konstruieren von additiv gefertigten Bauteilen" wird der Stand der Technik additiver Fertigungsverfahren vorgestellt, die additive Prozesskette beschrieben, verschiedenen Verfahrensarten erläutert sowie die Potenziale beleuchtet.
Zudem besticht die bereits fertiggestellte Brücke in Hessen noch durch ein weiteres Novum: So sind nach Aussage von Thilo Feucht, wissenschaftlicher Mitarbeiter am Institut für Stahlbau und Werkstoffmechanik (IFSW), bisher gedruckte Brücken immer vertikal hergestellt worden, da das flüssige Schweißgut ansonsten hinuntertropfte. Feucht sagt: "Unser Verfahren erlaubt es, im Schrägen zu drucken. Das Schweißgut bleibt trotzdem an seinem Platz."
CMT Cycle Step und Wire + Arc Additive Manufacturing
Um all die erwähnten Ziel zu erreichen, wurde das Schweiß-Verfahren "CMT Cycle Step" genutzt; damit können Schweißpunkte in beliebiger Größe hergestellt und präzise reproduziert werden, sodass sich die Höhe und Dicke der Schweißnaht genau festlegen lässt. Außerdem können die Pausenzeiten zwischen den Zyklen gewählt werden, damit jeder Schweißpunkt ausreichend Zeit bekommt, um abzukühlen und fest zu werden.
Als Verfahren wendeten die Wissenschaftler "Wire + Arc Additive Manufacturing" (WAAM) an. Christian Schmid schreibt dazu im Kapitel "Flexibler Manufacturer für große Funktionsbauteile und die Serienfertigung von Metall- und Kunststoffbauteilen" des Springer-Fachbuchs "Additive Serienfertigung": "Der Grundansatz geht auf die Lichtbogentechnik zurück und verbindet die hoch produktive Systemtechnik eines modernen Metall-Schutzgas-Schweißgerätes mit den vielfältigen Möglichkeiten der CAM-Technologie. Verbunden mit einer intelligenten Regelung lassen sich marktfähige Produkte zu vernünftigen Preisen herstellen." Das Schweißgut dient hierbei als Druckmaterial, so die TU-Wissenschaftler.