Jede Veränderung im Gefüge eines Bauwerks emittiert Schallemissionen. Mit "smarter" Schallemissionsprüfung (SEP) wurden in einem Pilotprojekt erstmals Brückentragwerke dauerhaft erfolgreich überwacht.
Sensortechnik an der Talbrücke Thalaubach.
Bilfinger
Ein Gutachten von Dezember 2017 zum Bauwerkszustand der 1968 erbauten Talbrücke Thalaubach der A 7 bei Eichenzell-Döllbach kam zu dem Ergebnis, dass die Brücke zur Sicherstellung der Gebrauchsfähigkeit kurzfristig zu verstärken sei. Die Verstärkungen an den Überbauten sollen 2019 abgeschlossen werden. Doch damals wurde noch ein weiterer Beschluss gefasst: Der Bauwerkszustand soll unter Einsatz neuester Technik ständig beobachtet werden, um Schäden frühzeitig zu erkennen.
Bei diesem Einsatz neuester Technik handelt es sich um ein Dauermonitoring, ein Pilotprojekt, das der Verkehrsbetrieb Hessen Mobil gemeinsam mit dem Industriedienstleister Bilfinger umsetzt und in dem man auf die Analyse von Schallemissionen setzt. Mithilfe der Sensortechnologie und einer intelligenten Datenauswertung werden beginnende Schädigungsmechanismen früh erkannt und exakt geortet. Auch im "Handbuch Brücken" beschäftigen sich die Autoren des Kapitels "Überwachung, Prüfung, Bewertung und Beurteilung von Brücken" mit der kontinuierlichen und rechnergestützte Dauerüberwachung.
In eine Brücke hineinhören
Zunutze macht man sich bei der vorausschauenden Instandhaltung an der Talbrücke Thalaubach die Erkenntnis, dass jeder Riss, jede kleinste Veränderung im Gefüge eines Bauwerks Schallemissionen emittiert. Diese Spannungsentladungen sind nach Aussage von Bilfinger-Chef Tom Blades hörbar und geben einen sicheren Aufschluss über den Zustand des Materials. Zwar würden neben Frost, Hitze oder Erschütterungen auch vorhandene hochfrequente Umgebungsgeräusche ein "Zuhören" unter freiem Himmel erschweren, doch mit der Weiterentwicklung der Technologie sei man inzwischen in der Lage, in das Tragwerk einer Brücke zuverlässig hineinzuhören. So konnte der Verkehr auf der A7 über die gesamte kritische kalte Jahreszeit im Winter 2017/2018 vollständig aufrechterhalten werden.
Bis Ende 2021 soll das Monitoring noch weitergeführt werden. Bis dahin erhalten die zuständigen Verkehrsbetriebe via Live-Manager online fortlaufend Informationen über den Zustand des Bauwerks. Veränderungen im Gefüge der Tragwerke werden per Alarmsignal automatisch an den Betreiber übermittelt. Bilfinger setzt seit kurzem außerdem ein neu entwickeltes Programm zur Auswertung des Dauerbetriebs ein. Es kann die eingehenden Signale der Brücke wie Schall und Temperaturen mittels Sensorik interpretieren und nach einem Ampelsystem mit rot, gelb oder grün klassifizieren. Parallel dazu gehen Sichtprüfungen sowie Begehungen ebenfalls weiter. Die Digitalisierung in der Instandhaltung wird auch im Kapitel "Digitalisierung" des Springer-Fachbuchs "Wertorientierte Instandhaltung" behandelt.
Nach der Monitoringphase soll die Talbrücke dann abgerissen und neu gebaut werden. Der Zeitplan sieht derzeit einen Baubeginn im Jahr 2022 vor, so Hessen Mobil.