Der Beitrag beleuchtet die Bedeutung der geologischen CO2-Speicherung (CCS) als eine der zentralen Technologien zur Erreichung der Klimaziele, wie sie im Pariser Abkommen festgelegt sind. Die Europäische Union setzt auf CCS als Teil ihrer Strategie zur Reduktion der Netto-Treibhausgasemissionen bis 2050. Der Artikel untersucht die technischen und politischen Herausforderungen sowie die notwendigen Maßnahmen für die Implementierung von CCS. Besonderes Augenmerk wird auf die technologische Reife und die spezifischen Anforderungen an geologische Speicherformationen gelegt. Darüber hinaus werden die Chancen und Risiken der Technologie diskutiert und die Rolle von CCS in der Dekarbonisierung von Sektoren mit schwer vermeidbaren Emissionen hervorgehoben. Der Beitrag schließt mit Empfehlungen für die Umsetzung von CCS in Österreich und die Notwendigkeit einer frühzeitigen gesellschaftlichen Akzeptanz.
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Zusammenfassung
Carbon Capture and Storage (CCS) wird zunehmend als unverzichtbare Technologie zur Erreichung unserer Klimaziele angesehen. CCS gilt aber auch als „Geoengineering“ und wirft Fragen nach der Nachhaltigkeit und den Risiken der CO2-Speicherung auf. Die Diskussionen werden häufig emotional und ohne den notwendigen technischen Hintergrund geführt. Dieser Artikel soll helfen, CCS als Technologie einzuordnen und die Diskussion um CCS auf eine sachliche Ebene zu bringen. Dazu wird auf die CCS-Technologiekette und deren technologischen Reifegrad eingegangen. Der Artikel konzentriert sich auf die geologische Speicherung, die das sicherheitskritische Element in der CCS-Kette ist, und geht der Frage nach, warum die geologische Speicherung von CO2 notwendig ist und wie sie sich von anderen Technologien zur Abscheidung und Nutzung von CO2 unterscheidet. Abschließend werden die Situation und die Optionen im Rahmen der österreichischen Carbon Management Strategie (CSM) diskutiert.
Hinweise
Hinweis des Verlags
Der Verlag bleibt in Hinblick auf geografische Zuordnungen und Gebietsbezeichnungen in veröffentlichten Karten und Institutsadressen neutral.
1 Einführung
Die Erreichung des im Pariser Abkommen festgelegten Klimazieles, die Erderwärmung deutlich unter 2 °C zu halten, gilt als eine der größten globalen Herausforderungen der kommenden Jahrzehnte. Die Europäische Union reagiert darauf mit dem Europäischen Klimagesetz und der Vorgabe, die Emissionen bis 2050 auf netto null (net zero) zu reduzieren und danach negative Emissionen zu erreichen. Als Zwischenziel sieht die Europäische Union vor, die Netto-Treibhausgasemissionen der EU-Staaten bis 2030 um mindestens 55 % gegenüber dem Niveau von 1990 zu senken. Im Dezember 2021 hat die Kommission in ihrer Mitteilung zu nachhaltigen Kohlenstoffkreisläufen mit drei Kernthemen (Carbon Farming, industrielles CCS, Zertifizierung von Kohlenstoffabbau) dargelegt, wie sie der europäischen CO2-Emissionen bekämpfen will. Damit positioniert sich die Europäische Kommission zunehmend als treibende Kraft und Vordenkerin in der CCS-/CDR-Debatte. Um die Klimaziele zu erreichen, ist jedoch das Zusammenspiel vieler Maßnahmen erforderlich. Diese Maßnahmen sind dabei nicht als sequenziell oder alternativ zu verstehen, sondern müssen zeitgleich vorangetrieben werden. CCS ist somit keine Alternative/Konkurrenz zu Einsparmaßnahmen, Effizienzsteigerung und der Energiewende. Die Entscheidungskompetenz über die konkrete Ausgestaltung und politische Umsetzung liegt jedoch bei den Mitgliedsstaaten und dem Europäischen Parlament. Innerhalb und zwischen den beiden Mitgesetzgebern gehen die politischen Interessen und Präferenzen in Allokationsfragen zum Teil weit auseinander. In diesem Zusammenhang hat Österreich von seinem Recht Gebrauch gemacht und CCS bzw. die geologische CO2-Speicherung auf seinem Hoheitsgebiet bislang verboten. Das nun klare Bekenntnis der neuen CSM zu CCUS ist ein wichtiger Schritt in Richtung Klimaneutralität Österreichs.
Die Abscheidung und Nutzung (CCU) sowie die Abscheidung und Speicherung von Kohlendioxid (CCS) werden also zunehmend als unverzichtbare Komponenten zur Erreichung der Klimaziele angesehen [1, 2]. Insbesondere in den sogenannten „hard-to-abate“-Sektoren (Sektoren mit schwer vermeidbaren Emissionen) können die Klimaziele bei gleichzeitigem Erhalt der wirtschaftlichen Wettbewerbsfähigkeit nur mit CCUS-Technologien erreicht werden, wobei der geologischen Speicherung eine entscheidende Rolle zukommt.
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2 Die CCS-Technologiekette
Definitionen:
CCS bezeichnet eine Kette von Technologien zur Reduktion von CO2-Emissionen (Carbon) durch Abscheidung (Capture) von Kohlenstoffdioxid (CO2) aus industriellen Prozessen zur anschließend permanenten Speicherung (Storage) im geologischen Untergrund ([1‐4]; Abb. 1). CCS wird in der Regel von Carbon Dioxide Removal (CDR) unterschieden. Konkret bezeichnet CDR Technologien, um CO2 direkt aus der Atmosphäre abzuscheiden und permanent zu speichern. CDR-Technologien wie BECCS (Bioenergie + CCS), sowie DACCS (direct air capture + CCS) setzen ebenfalls auf die geologische Speicherung.
Abb. 1
Schematische Darstellung der geologischen Speicherung (Mitte). Links: Aufnahmen eines Speichergesteins (Micro Computertomographie – unten) und eines Deckgesteins (Rasterelektronenmikroskopie – oben). Rechts: Speichermechanismen und Speichersicherheit als Funktion der Zeit (angepasst von IPCC, 2005 [1])
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2.1 Methoden zur Abscheidung und zum Transport von CO2
Um untertägige Speicher wirtschaftlich und technisch bestmöglich zu nutzen, ist CO2 in einer möglichst reinen Form [5] und einer großen Menge erforderlich. Entsprechende Mengen resultieren aus sogenannten Punktquellen oder CO2-intensiven Unternehmen, wie z. B. die Zement- oder Stahlproduktion [6] aber auch zur Dekarbonisierung fossiler Energieträger [7]. Für die Abscheidung von CO2 am Industriestandort stehen unterschiedliche Technologien zur Verfügung. Diese sind zum großen Teil ausgereift (Technology Readiness Level, TRL 9) und basieren beispielsweise auf chemischer Absorption (z. B. Aminwäsche) oder Adsorption [8]. Bestehende Industrieanlagen können für die CO2-Abscheidung nachgerüstet, oder es können spezielle, auf bestimmte Industrieprozesse zugeschnittene Verfahren eingesetzt werden [9]. Die CO2-Abscheidung ist sowohl energieintensiv, was den Energiebedarf der Produktionsprozesse erhöht oder den Wirkungsgrad von Kraftwerken mindert, als auch wasserintensiv, was die Wasserversorgungssysteme unter Druck setzen kann. Die Kohlenstoffabscheidung bestimmt damit auch maßgeblich die Kosten des CCUS-Betriebs [10].
Da CCS hohe Anforderungen an geologische Formationen stellt, muss das abgeschiedene CO2 über weite Strecken zu geeigneten Lagerstätten transportiert werden. Transportwege von der Abscheideanlage bis zur Speicherstätte reichen daher von einigen Kilometern bis zu mehreren hundert Kilometern an Land oder auf See [11]. Kurze Transportwege sind dabei wirtschaftlicher und energieeffizienter, schränken jedoch das Potenzial für den CCS-Einsatz aufgrund der Erreichbarkeit geeigneter Speicherstandorte ein. Der CO2-Transport per Pipeline wird bereits kommerziell genutzt [10, 12] und liegt daher bei TRL 9. Der Transport von CO2 auf dem Wasserweg wurde bislang noch nicht auf der für CCUS erforderlichen Mengenskala genutzt und hat daher eine geringere technologische Reife (TRL 4–7) [10, 11, 13].
2.2 Was sind geologische Speicher?
Ein geeigneter geologischer Speicher muss einige Voraussetzungen erfüllen: Zunächst muss die geologische Formation über eine gewisse Speicherkapazität verfügen, die sich an den CO2-Emissionsraten und der angestrebten Projektlaufzeit (mehrere Jahrzenten) orientiert. Als geeignet kommt vor allem der Porenraum sedimentärer Gesteinsformationen in Frage. Ist dieser entsprechend groß (Speicherkapazität) und bildet ein verbundenes Netzwerk (Permeabilität), kann CO2 eingepresst werden. Dabei ist die Speicherkapazität zunächst über eine hohe Porosität definiert, und eine gute Durchlässigkeit der Gesteinsformation ermöglicht eine hohe Injektions- bzw. Speicherrate. Geeignete geologische Formationen befinden sich in Tiefen von mehr als 800 m, wo sich das CO2 in einem dichten, sogenannten überkritischen Zustand befindet, der eine effiziente Nutzung des Porenraums für die Speicherung ermöglicht [14, 15]. In diesem Zustand hat das CO2 jedoch noch eine geringere Dichte als das Lagerstättenwasser und erfährt daher Auftrieb. Um zu verhindern, dass das injizierte CO2 in höhere trinkwasserhaltige Schichten oder gar in die Atmosphäre migriert, ist ein geeignetes Deckgebirge erforderlich [1]. Entsprechende geologische Formationen sind z. B. als Öl- und Gasfeldern bekannt, die sich als Lagerstätten für die geologische CO2-Speicherung eignen, ebenso wie tiefe, saline Aquifere. In einem geeigneten Speicher wird das CO2 schließlich durch physikalische und chemische Prozesse dauerhaft gebunden [16‐19], was eine hohe Speichersicherheit gewährleistet [14]. Trotz der technologischen Reife sind geologische Reservoirs individuell verschieden und erfordern eine standortspezifische Erschließung. Numerische Lagerstättenmodellierung und Unsicherheitsanalysen sind erforderlich, um eine sichere Speicherung zu gewährleisten. Es müssen Überwachungsmöglichkeiten vorhanden sein, um mögliche Leckagen während der Injektionsphase und darüber hinaus zu erkennen [20]. Mit der Schließung einer Speicherstätte sollten die rechtlichen Verpflichtungen zur Überwachung und zu Präventiv- und Sanierungsmaßnahmen auf die zuständige Behörde übertragen werden [20]. Die geologische CO2-Speicherung in Kohlenwasserstoff-Lagerstätten und salinen Aquiferen wird kommerziell genutzt und ist daher ausgereift (TRL 9) [3, 14].
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3 Speichersicherheit
Wie können wir nun sicher sein, dass das CO2 über relevante Zeiträume sicher gespeichert wird? Dazu sind mehrere Aspekte zu berücksichtigen: (a) Es gibt viele sogenannte natürliche Analoga, d. h. die Natur speichert Gas im Untergrund. Das beste Beispiel sind die riesigen Mengen an Erdgas, die über geologische Zeiträume (Jahrmillionen) sicher unterirdisch gespeichert sind und oft auch hohe Konzentrationen an CO2 und anderen Bestandteilen enthalten. Darüber hinaus gibt es natürliche CO2-Lagerstätten, die zwar kommerziell uninteressant, aber intensiv erforscht und verstanden sind [1]. Diese Beispiele zeigen, dass die geologische Speicherung von CO2 über sehr lange Zeiträume prinzipiell möglich ist – die Natur macht es uns vor.
Bezüglich der technischen Speicherung wird CO2 schon seit den 1970er-Jahren in Ölfelder zwecks Ölförderung injiziert, in denen es bis heute sicher gespeichert ist [22]. Seit den 1990er-Jahren wird weltweit intensiv an verschiedenen Möglichkeiten zur geologischen Speicherung geforscht. Zurzeit gibt circa 30 laufende CCS-Projekte, von denen 11 über 1 Mt CO2 pro Jahr abscheiden und langfristig speichern. Einen Überblick bietet das Global CCS Institute [22]. In diesen Dimensionen ist man zwar noch recht weit vom eigentlichen Problem der anthropogenen CO2-Emissionen entfernt, aber die CCS-Technologie steht als eine Schlüsseltechnologie zur Verfügung.
Trotz technologischer Reife wird aktuell viel in die Forschung und Entwicklung investiert. Während prinzipielle Mechanismen der Speicherung (z. B. CO2-Migration [23] und CO2-Trapping [24]) gut verstanden sind, sind die Unsicherheiten standortspezifisch in der Geologie und der Historie individueller Lagerstätte. Die aktuelle Forschung konzentriert sich daher auf die standortspezifische Charakterisierung, aber auch auf die Entwicklung robusterer und schnellerer Simulationsmodelle und generell auf die Verringerung der Unsicherheiten in der Vorhersage. Weitere wichtige Aspekte sind der Umgang mit Leckage-Risiken und die Bewertung der globalen Rolle der CO2-Speicherung in Energiesystemen [3]. Die Herausforderungen sind also standortspezifisch, können aber mit den gegenwärtig zur Verfügung stehenden Mitteln gelöst werden und sind eine Frage des zeitlichen und finanziellen Aufwands.
4 Die Rolle von CCS
4.1 Warum ist die geologische CO2 Speicherung erforderlich?
Das Ziel der geologischen Speicherung ist es, CO2 in den geologischen Kreislauf einzubringen oder zurückzuführen, indem der Kohlenstoff über geologische Zeiträume gebunden wird [1]. Im Gegensatz dazu führt die wirtschaftliche Nutzung von CO2 nicht zwangsläufig zu thermodynamisch stabilen Verbindungen bzw. zur dauerhaften Kohlenstoffspeicherung am Ende der CCU-Kette. CCU deckt jedoch andere sehr wichtige Aspekte der Emissionsminderung ab, wie z. B. die Dekarbonisierung des Verkehrs durch alternative Kraftstoffe. Die geologische Speicherung steht deshalb in Analogie zu unseren gegenwärtigen Öl‑, Gas- und Kohlevorkommen, in denen der Kohlenstoff über Jahrmillionen gebunden wurde. Darüber hinaus gibt es Indikatoren dafür, dass der Umfang der CO2-Nutzung vergleichsweise limitiert ist, der Untergrund aber ausreichend Speicherkapazität zur Verfügung hält.
In Verbindung mit BECCS und DACCS bietet CCS das Potenzial, den Bereich negativer CO2-Emissionen zu erreichen und damit CO2 direkt und permanent der Atmosphäre zu entziehen. Dies ist erforderlich, um (a) dezentral entstehende schwer vermeidbare Emissionen zu kompensieren und (b) die CO2-Konzentration der Atmosphäre zu reduzieren, um sogenannte negative Emissionen zu erreichen. Negative Emissionstechnologien sind laut IPCC für die Erreichung der ambitionierten Klimaziele erforderlich. Dabei sollte erwähnt werden, dass die Abscheidung von CO2 aus der Atmosphäre um ein Vielfaches aufwändiger ist (Energieaufwand, Flächenverbrauch, etc.) als die Abscheidung aus höher konzentrierten industriellen Abgasströme [25, 26] und daher keine Alternative zur Abscheidung aus industriellen Prozessen darstellt.
4.2 Vermeidbare und schwer vermeidbare Emissionen
Der Aufwand bzw. die Kosten der CO2-Abscheidung hängen im Wesentlichen davon ab, in welcher Konzentration das CO2 im entsprechenden Gasstrom vorliegt. Dabei zielt man zunächst auf die Abscheidung aus industriellen Prozessen bzw. Punktquellen mit relativ hohen CO2-Konzentrationen etwa im zweistelligen Prozentbereich und ausreichenden Emissionsraten von größer 0,1 Mt CO2/a [1]. Beispiele sind fossil befeuerte Kraftwerke und andere CO2-intensive Industrien wie die Stahl‑, Zement- und Kalkindustrie. Man unterscheidet dabei ferner zwischen vermeidbaren Emissionen und „hard-to-abate“ Emissionen. Vermeidbar heißt, dass diese Emissionen in einer technologischen Transformation vermieden bzw. fossile Brennstoffe ersetzt werden können. Somit ist „vermeidbar“ eine Frage der Zeit bzw. einer Transformation. Entsprechende Übergangszeiten hängen oft von der Verfügbarkeit von Alternativen (Technologien, Rohstoffe, Investitionsmittel etc.) und von technischen Innovationen ab, sind somit unter Umständen in Jahrzehnten zu bemessen. Schwer- oder unvermeidbare Emissionen sind solche, die aufgrund von verfahrenstechnischen Aspekten oder Produktionsschritten entstehen und nicht auf die Verbrennung von fossilen Energieträgern zurückgeführt werden können (Zement‑, Kalk- oder chemische Industrie). Um unvermeidbare und vermeidbare Emissionen in einer Übergangszeit nicht in die Atmosphäre gelangen zu lassen, müssen sie abgeschieden und gespeichert oder im Kreislauf geführt werden.
5 Herausforderungen und Optionen für Österreich
Im Jahr 2021 betrugen die Gesamtemissionen in Österreich etwa 77,5 Mt CO2eq, wobei die Sektoren Energie und Industrie für mehr als 44 % dieser verantwortlich waren und dezentrale CO2-Quellen aus den Sektoren Landwirtschaft und Verkehr für etwa 38 % [27]. Die größten lokalen Emissionsquellen mit Emissionsraten von mehr als 0,1 Mt CO2 im Jahr 2021 sind potenzielle Ziele für CCS und sind in Abb. 2 zusammengefasst.
Abb. 2
Lokale Emissionsquellen mit Emissionsraten > 0,1 Mt CO2 im Jahr 2021 gemäß E‑PRTR und ETS sowie potenzielle geologische Senken in den Österreichischen Sedimentbecken und Kohlenwasserstofffeldern, aus [28]
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5.1 CO2 Speicherung innerhalb Österreichs
Eine österreichweite Abschätzung des CCUS-Potenzials ist derzeit in Arbeit [29]. Die bedeutendsten geologischen Speicherregionen in Österreich liegen in den durch die Kohlenwasserstoffexploration gut erforschten Sedimentbecken, also vor allem in der oberösterreichischen Molassezone und im Wiener Becken. Als Speicherhorizonte sind hier vor allem Kohlenwasserstofffelder sowie tiefe saline Aquifere zu nennen. Abb. 2 zeigt die Lage der heimischen Sedimentbecken (gelb) und der darin eingebetteten Kohlenwasserstofffelder (hellblau) relativ zu den Emissionsquellen. Die spezifischen Vor- und Nachteile dieser Speicheroptionen sind wie folgt:
Heimische Kohlenwasserstofflagerstätten sind weitgehend erschlossen, gut bekannt und in vielen Fällen ausgefördert bzw. am Ende ihrer Förderung. Sie stellen daher den schnellsten Weg zur geologischen Speicherung dar. Die theoretische Speicherkapazität von erschöpften Kohlenwasserstofffeldern wurde in einer frühen Studie [30] auf 465 Mt CO2 geschätzt. Eine neuere österreichweite Studie [28, 29, 31] verfolgt einen konservativeren Ansatz und zeigt, dass die größten Kohlenwasserstofflagerstätten ein effektives Gesamtspeicherpotenzial von 250 Mt CO2 darstellen, wobei Felder mit einer Speicherkapazität von mehr als 2 Mt CO2 berücksichtigt werden.
Exakte Angaben zu den Speicherkapazitäten in salinen Aquiferen sind ausständig, da diese Formationen auf Grund von fehlendem kommerziellen Interesse nicht ausreichend erforscht sind. Eine Ausnahme bildet die Rothneusiedl-Formation im Wiener Becken, in welcher eine theoretische Speicherkapazität von 1000 Mt CO2 berechnet wurde [32]. Generell kann jedoch davon ausgegangen werden, dass Aquifere ein Vielfaches der Speicherkapazität von Kohlenwasserstofflagerstätten aufweisen. Für eine realistische Abschätzung der Speicherkapazität müssen Aquifere dringend erkundet werden.
Ein Blick auf die Emissionsszenarien des Umweltbundesamtes zeigt für das Jahr 2040, je nach Szenario, Restemissionen von 11–59 Mt CO2eq. Wobei der untere Wert dem Transition Szenario entspricht, in welchem nur die (aus heutiger Sicht) hard-to-abate Emissionen kompensiert werden müssten. Es kann somit ausgesagt werden, dass die heimischen Speicherkapazitäten unter Berücksichtigung aller Unsicherheiten wichtige Zeiträume überbrücken können, bis der Export von CO2 aus Österreich im großen Maßstab möglich sein wird. Der tatsächliche Speicherbedarf ist letztendlich stark von gesellschaftlichen Änderungen sowie der Verfügbarkeit von alternativen Technologien (etwa grüner Wasserstoff für die Stahlproduktion) abhängig.
5.2 CO2 Speicherung außerhalb Österreichs
Die Sicherung und Entwicklung von Speicherkapazitäten außerhalb Österreichs hängen von zeitlich schwer abschätzbaren Faktoren ab. Zu diesen Faktoren zählen der Aufbau eines geeigneten Transportnetzes, internationale Abkommen und die Verfügbarkeit von Speicherkapazitäten [33]. Es kann davon ausgegangen werden, dass in der Nordsee ausreichende Speicherkapazitäten vorhanden sind (insgesamt schätzungsweise 100 Mrd. Tonnen), deren Entwicklung jedoch Zeit in Anspruch nehmen wird und die mittelfristig nur in begrenztem Umfang zur Verfügung stehen werden. So wird beispielsweise der Ausbau des norwegischen Vorzeigeprojekts Northern Lights [34] bis 2030 auf nur 5 Mt/a geschätzt. Die Frage der offshore Speicherung ist deshalb vermutlich nicht die der Kapazität, sondern der Zeitskala deren Erschließung. Österreich steht dabei im Wettbewerb mit anderen europäischen Ländern. Es ist jedenfalls davon auszugehen, dass eine großtechnische Speicherung außerhalb Österreichs eine spätere Option sein wird (2040/2050). Die CO2-Speicherung in Österreich erscheint daher notwendig, steht nicht im Widerspruch zu anderen europäischen Speicheraktivitäten und würde die österreichischen Emissionen wahrscheinlich viel schneller reduzieren.
6 Zusammenfassung und erforderliche Maßnahmen
CCS ist eine ausgereifte, aber nicht unumstrittene Technologie, die von der Europäischen Union und dem Weltklimarat eingefordert wird. Die Entwicklung von CCUS erfordert ein nationales und europäisches CO2-Transportnetz von CO2-Quellen zu CO2-Senken, die Erkundung und Erschließung des geologischen Untergrundes sowie Lösungen für die nachhaltige Nutzung von CO2. Mit den bisher in Österreich erkundeten und abgeschätzten Kapazitäten können CCUS und insbesondere die geologische Speicherung einen wesentlichen Beitrag zur nationalen Dekarbonisierung leisten. Die Umsetzung von CCUS und CCUS-spezifische F&E erfordert finanzielle Ressourcen, einen geeigneten rechtlichen Rahmen, öffentliche Akzeptanz und eine nationale CCUS-Roadmap für Österreich. Mit der gegenwärtigen Carbon Management Strategie [35] und der Reevaluierung des österreichischen CO2 Speicherverbots wurden erste wesentliche Schritte unternommen.
Standortspezifische F&E zu CCS:
Trotz technologischer Reife erfordern geologische Lagerstätten Erkundung und standortspezifische F&E für die Vorhersage der CO2-Migration und verlässliche Monitoringkonzepte für Kapazitäts- und Sicherheitsanalysen. Daher ist die geologische CO2-Speicherung keine Technologie von der Stange und sollte möglichst frühzeitig in die Planung und Umsetzung der CSM einbezogen werden.
Schrittweise Einführung von CCS:
Für die geologische Speicherung ist 2030/2040 bereits morgen, da die Standortentwicklung in der Regel mehrere Jahre in Anspruch nimmt [3]. Um bis dahin über Speicherkapazitäten oder Exportinfrastrukturen zu verfügen, sind rasches Handeln und ein starkes Engagement für die Umsetzung erforderlich. Die drei oben erörterten inländischen und internationalen geologischen Speicheroptionen werden wahrscheinlich unterschiedliche Entwicklungszeiten haben und sollten daher zeitlich gestaffelt werden. Ein stufenweiser Ansatz ermöglicht einen rechtzeitigen Einstieg in die Dekarbonisierung durch CCS und eine nachhaltige Verfügbarkeit von Speichervolumen und Speicherraten im Einklang mit Österreichs CMS und den Ambitionen im Bereich der negativen Emissionen. Alle Optionen und ihre zeitlichen Beschränkungen sollten in Betracht gezogen werden, z. B: Phase 1: Erschließung von erschöpften heimischen Kohlenwasserstofffeldern. Erkundung von Aquiferen – auch wenn Aquifere aufgrund von Alternativen letztlich nicht erschlossen werden sollten, sollte das potenzielle Speichervolumen und damit mögliche zukünftige Optionen dem Staat bekannt sein (Vorsorgeprinzip). Sicherstellung von Speicherkapazitäten außerhalb Österreichs entsprechend der zukünftig zu erwartenden Restemissionen. Phase 2: Je nach Situation: Erschließung von zusätzlichen Speicherkapazitäten in heimischen Aquiferen und/oder im Ausland.
Öffentliche Wahrnehmung:
CCS-Projekte scheitern meist nicht aus technischen Gründen, sondern an der fehlenden gesellschaftlichen Akzeptanz und dem daraus resultierenden politischen Willen [36]. Eine frühzeitige und gezielte Kommunikation der Chancen und Risiken einer Technologie bietet die Chance, negativ besetzte Themen wieder auf eine sachliche Ebene zu bringen und sollte generell einen höheren Stellenwert erhalten. Auf diese Weise kann der Informationsstand der Gesellschaft auf ein Niveau gehoben werden, auf dem eine sinnvolle Meinungsbildung stattfinden kann, die dann als Voraussetzung für die Schaffung von Akzeptanz und der Umsetzung dient [37].
Teile der Arbeit wurden im Rahmen des vom Klima- und Energiefonds geförderten Projekts CaCTUS –
„Carbon Capture, Transformation, Utilization & Storage“ durchgeführt.
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Die im Laufe eines Jahres in der „adhäsion“ veröffentlichten Marktübersichten helfen Anwendern verschiedenster Branchen, sich einen gezielten Überblick über Lieferantenangebote zu verschaffen.