In Deutschlands Führungsetagen liegen Erkenntnis und gelebte Realität oft weit auseinander: Zwar herrscht unter Vorständen und Geschäftsführern Einigkeit, dass in Zeiten der Digitalisierung viele Führungsmethoden und Herangehensweisen der Arbeitswelt 1.0 überholt sind. Nach ihrem Wunsch soll sich sogar bereits innerhalb der nächsten fünf Jahre in den meisten Unternehmen eine wertschätzende Führungskultur mit eigenverantwortlicher Arbeit durchgesetzt haben. Der Weg dorthin ist allerdings noch weit. Zu diesen Ergebnissen kommt der vierte Teil der Studie "Digital Leadership 2017" der Personalberatung Rochus Mummert.
Wertschätzende Führungskultur wenig verbreitet
Bei der Befragung von mehr als 100 Eigentümern und Top-Managern deutscher Unternehmen im Februar/März 2017 beschrieben 40 Prozent ihre aktuelle Unternehmenskultur als tendenziell "fremdgesteuert" und "kontrollierend". Zudem beurteilte nur jeder zehnte befragte Vorstand/Geschäftsführer die Führungskultur im eigenen Unternehmen als uneingeschränkt wertschätzend. Häufiges Manko ist auch das Fehlen eines regelmäßigen Feedbacks.
Für den nötigen "kulturellen Quantensprung" sind laut den befragten Führungskräften in erster Linie die CEOs verantwortlich. Diese müssen Rückendeckung für den Wandel geben, damit die neue Unternehmenskultur auf allen Ebenen gelebt wird. Die Studie belegt allerdings, dass noch längst nicht allen operativen Managern konsequent abverlangt wird, sich für die Weiterentwicklung der Unternehmenskultur im Sinne von New Work und Arbeitswelt 4.0 einzusetzen.
Peter Schoppe, Associate Partner bei Rochus Mummert, hält den Wandel hin zu einer wertschätzenden Unternehmenskultur für dringend geboten: "Gerade Top-Manager und Experten, die als signifikante digitale Treiber gebraucht und umworben werden, legen großen Wert darauf, dass eine Unternehmenskultur zu ihren persönlichen Grundwerten passt." Aber auch für die nachrückenden Generationen Y und Z sind eine werteorientierte Unternehmenskultur und sinnstiftende Aufgaben wichtige Kriterien bei der Arbeitgeberwahl.
Mitarbeiter wollen sich sinnvoll einbringen
Entsprechend stellen Jutta Rump und Silke Eilers in ihrem Fachbeitrag "Trends und Entwicklungen im Kontext von New Work" denn auch fest: "Flexible und volatile Arbeitswelten im Sinne von New Work und 'mündige' Beschäftigte führen dazu, dass es für den Einzelnen und seinen Arbeitgeber immer mehr darum geht, die Sinnhaftigkeit des eigenen Tuns deutlich zu machen. Dies stellt einen entscheidenden Erfolgsfaktor dar, wenn es darum geht, heute und in Zukunft Fachkräfte zu gewinnen und zu binden. (Seite 197/198)
Obwohl der Unternehmensführung hierbei eine tragende Rolle zukommt, "bilden die Geschäftsführung und die Führungskräfte die größten Barrieren auf dem Weg nach New Work", merken Marc Wagner und Benedikt Hackl in dem Buchkapitel "New-Work-Anforderungen und Management-Implikationen" an (Seite 81). Ausgehend von ihren Studien zu Umsetzungsvoraussetzungen und Erfolgswirkungen von New-Work-Instrumenten haben die Springer-Autoren zentrale Managementempfehlungen für Unternehmenslenker entwickelt (Seiten 87ff):
Management-Implikationen für den Weg nach New Work |
1. Weniger Vertikalität innerhalb der Organisation New Work steht für Hierarchieabbau, das Aufbrechen traditioneller Hierarchieverständnisse und die Demokratisierung von Arbeitsverhältnissen. Gleichzeitig geht es um mehr Selbstbestimmung und Partizipation. |
2. Führung als Aufgabe, nicht als hierarchische Rolle Führung sollte mehr denn je als Dienstleistung verstanden werden, die sich durch Unterstützung, Rahmensetzung und Freiraum-Eröffnung auszeichnet. Dabei besteht die Aufgabe der Führungskräfte darin, kreative Lösungen auf die zunehmende Komplexität in der Unternehmens- und Mitarbeiterführung zu finden. |
3. Mitarbeiterbeteiligung in den Kern der Unternehmenssteuerung Mitarbeiterbeteiligung ist einer der entscheidenden Aspekte auf dem Weg nach New Work, weshalb sie konsequent umgesetzt und auf allen Ebenen miteinander abgestimmt werden muss. |
4. Management auf SAI ausrichten Um den aktuellen Herausforderungen (1. zunehmende Individualisierung, 2. Strategieimplementierung, 3. Innovationserfordernis, 4. Ausrichtung auf die Kundenbedürfnisse) zu begegnen, ist es unerlässlich, die Steuerungslogik des eigenen Unternehmens auf den Dreiklang aus Strategieumsetzung, Agilität und Individualisierung (SAI) auszurichten. |