Für die Transformation brauchen Unternehmen lernagile Mitarbeiter. Doch was, wenn ausgerechnet die Chefs nicht über Lernagilität verfügen? Wie eine Studie zeigt, trifft das insbesondere auf Führungskräfte in der Autobranche zu.
Lebenslanges Lernen gehört zu den Herausforderungen in Unternehmen. Mitarbeiter müssen kontinuierlich weitergebildet werden. Aber auch Führungskräfte dürfen nicht stehen bleiben.
fotogestoeber/stock.adobe.co
In der Belegschaft größerer Firmen sind nur etwa zehn Prozent lernagile Persönlichkeiten vertreten. "60 Prozent sind lerntechnisch eher passiv oder lernen selten. Die restlichen 30 Prozent haben mit Lernen gar nichts am Hut. Sie sind auch nicht bereit, neue Wege zu gehen", zitiert Springer-Autor Axel Koch im Buchkapitel "Die transferstarke Führungspersönlichkeit" aus der Forschung (Seite 56).
Agilitätswerte von deutschen Managern
Besonders Manager müssen über eine große Veränderungsfähigkeit verfügen. Wie ein Branchenvergleich zeigt, für den die Personalberatung Korn Ferry die Ergebnisse ihres Assessments von mehr als 1.100 deutschen Führungskräften analysiert hat, sind deutsche Manager in dieser Hinsicht gut aufgestellt.
Um die Werte zu ermitteln, hat Korn Ferry mit 116 Fragen die Agilitätswerte der Manager in den unterschiedlichen Branchen in fünf Feldern gemessen: mentale Beweglichkeit, situativer Umgang mit Mitarbeitern beziehungsweise die Führung von Menschen, Veränderungsfähigkeit, Ergebnisagilität sowie Selbstwahrnehmung und -reflexion.
Manager der Pharma-Industrie sind besonders lernagil
Besonders gut schneiden demnach die Chefs aus der Pharmaindustrie ab (Durchschnittswert: 60), dicht gefolgt von Führungskräften im Technologiesektor (58) und im Handel (57). Konsumgüter, Industrie und Telekommunikation liegen mit einem Durchschnittswert von 54 im Mittelfeld. Weniger agil sind die Köpfe von Versicherungen (51) und der Automobilindustrie (47). "Automanager bei OEMS und Zulieferern führen bisher weniger situativ und dynamisch, sondern einheitlich und hierarchisch", sagt Mathias Kesting, Senior Client Partner bei Korn Ferry.
Nach Einzelaspekten betrachtet, arbeiten die Manager aus der Pharmabranche mit der höchsten Veränderungsfähigkeit, bestechen die Führungskräfte in der Konsumgüterindustrie im Umgang mit Menschen und zeigen Leader im Handel die größte mentale Beweglichkeit.
Wie wird Lernagilität definiert?
Der Begriff "Lernagilität" ist die deutsche Übersetzung des Begriffs "Learning Agility". [...] Charakteristisch für lernagile Menschen ist: Sie suchen aktiv Möglichkeiten für persönliches Wachstum und Entwicklung. Lernen hört für sie nie auf. Sie stellen sich selbst infrage, refektieren Schwächen, sind offen für neue Wege und trennen sich von überholten Sichtweisen und Fertigkeiten, wenn es die Situation erfordert, etwas Neues zu lernen. Ihnen gelingt es, aus herausfordernden Situationen wichtige Lerneinsichten zu destillieren und diese künftig gewinnbringend anzuwenden", definiert Axel Koch den Begriff (Seite 65).
Doch warum ist Learnagilität bei Führungskräften so wichtig? Führungskräfte müssen Veränderungen vorleben und Mitarbeitern den Change authentisch und glaubwürdig vermitteln. Nanne von Hahn meint, dass in der digitalen Welt Führung insbesondere dazu dient, Orientierung zu geben. "Führung unterstützt den Mitarbeiter, eigenes Handeln auszurichten und eigene Ressourcen einzusetzen", schreibt sie im Buchkapitel "Die digitale Zukunft wird nicht von alleine gut" auf Seite 170.
Lernagilität ist nach Ansicht der Springer-Autorin in einem digitalen Umfeld für Führungskräfte unabdingbar. Sie müssen neben digitaler Erfahrung die Transformationale Führung beherrschen sowie über mentale Agilität, Veränderungagilität, Resilienz und Ambiguitätstoleranz verfügen:
Beim Telekommunikationunternehmen Telefónica wurde diese digitale Profil von Führungskräften definiert. Wichtigstes Element ist die Lernagilität.
Nanne von Hahn in "Digitale Führungskräfteentwicklung" (2018), Seite 172.