Widerstand in Projektvorhaben ist Alltag. An Gründen dafür mangelt es nicht. Eine typische Maßnahme, um den Widerspruch zu reduzieren, ist gezieltes Change Management. In der Theorie soll so die Effektivität des Veränderungsprozesses und die Akzeptanz der betroffenen Mitarbeiter verbessert werden. Dass mit Change Management Widerstände per se verhindert werden, ist jedoch ein Trugschluss. So paradox das klingen mag: Widerstand ist die Energie, die nötig ist, um eine echte Veränderung zu erzielen und deshalb zwingend notwendig. Damit ist nicht gemeint, Widerstände zu verhindern, sondern diese in eine positive Veränderungsdynamik umzuwandeln. Das ist die Aufgabe eines effektiven Change Managers.
Widerstand äußert sich typabhängig in verschiedenen Formen – lautstarke Gegenargumentationen, Vorwürfe und Drohungen sind genauso Symptome wie Bagatellisieren, Schweigen oder Aussagen ins Lächerliche ziehen. Auch nonverbale Äußerungen, zum Beispiel Lustlosigkeit und Krankmeldungen, können ein Ausdruck von Widerstand sein. Widerstände resultieren bis zu 80 Prozent aus Unsicherheit und Angst. Die Frage "Kann ich das?", ist dabei dominierend. Kleineren Anteil haben hingegen die Fragen "Will ich das?" und die Frage nach dem "Warum?". Emotionale überlagern rationale Gründe. Klar ist damit auch, die Hintergründe zu erläutern sachlogische Gründen anzuführen und fachlich zu argumentieren, nimmt nur einem kleinen Teil der Widerständlern den Wind aus den Segeln.
Change-Gegenwehr richtig managen
Jetzt ist mehr Fingerspitzengefühl gefragt: Im ersten Schritt geht es darum, zu verstehen, warum der Mitarbeiter zu dem Schluss kommt, die Veränderung beeinflusse seinen Arbeitsbereich so stark, dass er seinen Tätigkeitsbereich nicht mehr ausfüllen kann. Im zweiten Schritt gilt es, zuzuhören und Raum für Bedenken zu lassen. Erst wenn die Bedenken ausgesprochen werden, entsteht Freiraum für das Verständnis der Veränderung und das Gefühl, gehört zu werden, vermittelt Sicherheit. Bei tieferliegenden Widerständen hilft nur noch, in eine Verhandlungstaktik überzugehen. Die zentrale Frage an dieser Stelle lautet: Unter welchen Bedingungen wäre denn Kooperation möglich?
Gegenwehr zu managen, ist also kein leichtes Unterfangen, auch weil das Ausmaß von Mitarbeiter zu Mitarbeiter variiert und unterschiedliche Aktivitätsniveaus von der Führungskraft gefordert werden. Mit Widerspruchsgeist umzugehen, wird erleichtert, wenn Team- und Projektleiter folgende vier Grundsätze beachten:
1. Es gibt keine Veränderung ohne Widerstand. Die euphorische Aussage "Das lief ja gut – Es gab gar keine Fragen/Anmerkungen/wütenden Ausrufe" im Anschluss an eine Mitarbeiterversammlung ist nicht unbedingt ein Zeichen für eine gelungene Veranstaltung, sondern meist ein Indiz dafür, dass die Zuhörer das Ausmaß der Entscheidung noch nicht verstanden und verinnerlicht haben. Oder es ist gar keine wirkliche Veränderung.
2. Widerstand enthält immer eine verschlüsselte Botschaft. Der geäußerte Unmut bei einer Neuerung hat in der Regel wenig fachliche Einwände. Vielmehr steckt dahinter die verborgene Botschaft "Ich bin unsicher, was die Veränderung für mich persönlich bedeutet – und ob ich das schaffen kann."
3. Nichtbeachtung von Widerständen führt zu Blockaden. Widerstreben zu ignorieren, ist keine Lösung, denn letztendlich kommt der Projekterfolg vor allem zustande, weil Mitarbeiter Veränderungen akzeptieren und tragen. Über Gegendruck einfach hinweg zu sehen, entpuppt sich schnell als Fehler, weil Change-Projekte dadurch zu scheitern drohen.
4. Mit dem Widerstand, nicht gegen ihn. Gerade zu Beginn von Transformationsvorhaben ist Widerstand häufig die bestmögliche Form der Kooperation. Es macht deutlich: Der Mitarbeiter setzt sich mit den Konsequenzen der Veränderung auseinander, anstatt sie zu negieren oder zu umgehen. Auf dieser Basis sollten Führungskräfte aufsetzen, denn die im Widerstand gebundene Energie kann für das Vorankommen im Projekt gut genutzt werden. Sind sind die Widerständler erst einmal überzeugt, entwickeln sie sich häufig zu den besten Multiplikatoren für das Projektvorhaben.
Dem Veränderungsprozess Zeit zu geben, und den Wandel nicht mit der Brechstange erzwingen zu vollen, ist ratsam. So erhalten alle Beteiligten die Chance, sich mit der neuen Situation anzufreunden, sich bei den Kollegen richtig auf- und abzuregen und im Anschluss Bedenken, Sorgen und Befürchtungen etwas sachlicher formulieren zu können.