New Work heißt das Zauberwort vieler Unternehmen auf ihrem Weg in die digitale Zukunft. Der Begriff umfasst zwar diverse Trends der Arbeitswelt, doch allein mit Homeoffice, Chef-Duzen oder Gratis-Obst ist wenig erreicht.
Zum Jahresende häuften sich Rückblicke und Zukunftsprognosen. Dazu passt auch das New-Work-Trendbook, das das Karrierenetzwerk Xing anlässlich seines 15-jährigen Bestehens gemeinsam mit dem Trendforscher Peter Wippermann zusammengestellt hat. Untermauert wird es durch die Zukunftseinschätzungen von mehr als 1.400 im Oktober 2018 befragten Xing-Mitgliedern und Personalern aus dem Netzwerk.
Veränderungen auf ganzer Linie
Wie die Befragung zeigt, geben sich die Erwerbstätigen keinen Illusionen hin über die gravierenden Veränderungen, die in der Arbeitswelt anstehen. So ist sich ein Drittel der Befragten sicher, dass es ihren Job in der jetzigen Form in 15 Jahren nicht mehr geben wird. Trotz der erheblichen Zunahme freiberuflicher und Projektarbeitsformen präferieren zwei Drittel der Arbeitnehmer dennoch weiter eine Festanstellung. 87 Prozent der Personaler erwarten derweil, dass das Recruiting künftig wesentlich von künstlicher Intelligenz geprägt sein wird. Zudem hält die Mehrheit der HR-Experten Diversity Management für erfolgsentscheidend in der Zukunft und erwartet systematische Culture-Fit-Tests sowie agilere Arbeitsstrukturen.
Auch gesellschaftspolitisch sind im Zusammenhang mit der Transformation in den nächsten 15 Jahren zahlreiche Hürden zu nehmen. So fühlen sich die meisten Befragten (57 Prozent) durch ihre Unternehmensweiterbildungen nicht ausreichend gewappnet für digitalisierte Arbeitsprozesse. 79 Prozent attestieren auch Schulen und Universitäten eine mangelnde Vorbereitung auf die digitalisierte Arbeitswelt. Zudem glauben mehr als ein Drittel der Befragten, dass in ihren Unternehmen keine Chancengleichheit für Männer und Frauen bei Gehalt und Karriere herrscht. Ein heiß diskutiertes Thema ist darüber hinaus das bedingungslose Grundeinkommen. Wohl nicht zuletzt aufgrund der wachsenden Zahl an Niedriglohnjobs stößt es inzwischen bei 56 Prozent der Befragten auf Zustimmung, wobei 39 Prozent gegebenenfalls trotzdem wie bisher weiter arbeiten würden.
Diese Trends prägen die künftige Arbeitswelt
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New Careers
| Robo-Recruiting
| Digital Education
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Gig-Working
| Cultural Fit
| Workplace-Wellbeing
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Brain Recovery
| Power of Diversity
| Gender-Equality
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Work-Life-Separation
| Coworking-Places
| Basic Income
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Silver Worker
| Selfmanagement
| Digital Ethics
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Quelle: Xing, Stichprobe der Befragung: 1.402 Xing-Mitglieder, 172 Personaler aus dem Xing-Netzwerk |
Arbeit bedeutet mehr als nur Leistung
Vor dem Hintergrund dieser Entwicklungen ist allerorten von New Work die Rede. Was darunter zu verstehen ist, bleibt jedoch jedem selbst überlassen, denn eine klare Definition gibt es nicht. Dies bemängelt auch Fabian Kienbaum, Chief Empowerment Officer bei Kienbaum Consultants. Er empfiehlt in einem Xing-Beitrag deshalb lieber Empowerment, und zwar durch Aufrichtigkeit, Menschlichkeit und Vertrauen in das Potenzial des Einzelnen. Sein Credo: Fair Work statt New Work.
In die gleiche Richtung zielt Nicole Brandes' "Standpunkt: Brave New Work", in dem sie feststellt: "In einer digitalisierten Welt werden die Sehnsucht nach Sinnhaftigkeit und das Bedürfnis, einen gemeinsamen Beitrag für die Gesellschaft zu leisten, immer größer. Wir brauchen heute mehr als nur Leistung." (Seite 51)
Wandel erfordert auch neue Regelungen
Klaus J. Zink weist in dem Beitrag "Die Zukunft der Arbeit in einer digitalisierten Welt human gestalten" zudem auf eine Reihe zu klärender arbeitswissenschaftlicher und -rechtlicher Fragen hin. Beispielsweise, ob der derzeitige Arbeitnehmerbegriff angesichts der neuen Vielfalt von Beschäftigungsformen überhaupt noch geeignet ist oder wie Crowdworking abgesichert werden kann. Ferner muss das lebenslange Lernen systematisch unterstützt werden. Könnte etwa die Arbeitslosenversicherung zu einer Arbeitsversicherung mit Recht auf Weiterbildung ausgebaut werden? Auch "ein Rechtsanspruch auf geförderte Bildungsteilzeit für alle und die Schärfung von Instrumenten der Mitbestimmung bei der Weiterbildung" würden diskutiert, schreibt der Springer-Autor auf Seite 163.
Inwiefern sich die häufig gewünschte flexiblere Arbeitszeit- und -ortgestaltung langfristig bewährt, muss sich ebenfalls erst noch erweisen. Verschwimmende Grenzen von Arbeit und Freizeit lehnen nämlich gerade jüngere Arbeitnehmer ab.
Egal, ob es nun um Entlohnung, Arbeitszeitmodelle, Arbeitsverdichtung, Datenschutz oder Chancengleichheit in der Arbeitswelt 4.0 geht, stehen wohl noch diverse sozialpartnerschaftliche und betriebliche Verhandlungen aus. Dabei wird zweifellos auch die eine oder andere gesetzliche Regelung nötig sein, um den Transformationsprozess und die künftige Arbeitswelt sozialverträglich zu gestalten.