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Einleitung: Zeitlichkeit von Armut als theoretisches und sozialpolitisches Problem

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Dynamik von Armut

Part of the book series: Studien zur Sozialwissenschaft ((SZS,volume 153))

  • 55 Accesses

Zusammenfassung

Die Zeitlichkeit von Armut war lange Zeit kein Thema der Armutsforschung. Selbst eine so einfache Unterscheidung wie die zwischen vorübergehender und länger andauernder Armut wurde nicht systematisch getroffen, und zuverlässige Zahlen über das Verhältnis von Kurz- und Langzeitarmut waren nicht verfügbar. Es wurde und wird häufig der Eindruck vermittelt, daß es sich bei den Armen um eine homogene Gruppe handelt, die sich von den Nicht-Armen anhand verschiedener Merkmale abgrenzen läßt, und daß die Zugehörigkeit zu beiden Gruppen über die Zeit mehr oder weniger stabil ist:

“The tendency has been to contrast the poor with the non poor and to assume that the poor seldom exchange places with the non poor. This is well illustrated by the search for a poverty threshold, a discongruity in behaviour which can be employed to distinguish people who are poor from those who are not (...). In its least sophisticated form, this approach is entirely atemporal. It takes no account of the duration of poverty or of people’s prior experiences. Rather it assumes considerable homogeneity within the groups of poor and the non poor and heterogeneity between them. The explicit hypothesis is that the poor constitute a distinct group separate, in behavioural terms, from the rest of society. The implicit assumption is that the membership of each group is more or less permanent” (Ashworth/Walker 1991: 25).

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Literatur

  1. Zur “Spaltung des Sozialstaats” heißt es etwa bei Leibfried und Tennstedt (1985: 14): “Hinzu kommt, daß diese Entwicklung besonders deutlich dadurch hervortritt, daß der Großteil der davon Betroffenen keine wirkliche Chance hat, in die Arbeitsbevölkerung überzuwechseln und damit in höhere sozialpolitische ‘Stockwerke’, eben in die Sozialversicherungen, aufzusteigen”.

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  2. Ob es heute mehr Bewegungen oder auch mehr Kurzzeitarmut als früher gibt, kann allerdings nicht empirisch überprüft werden, da geeignete lebenslaufbezogene Daten für die Vergangenheit fehlen. Allgemein wird von einigen Vertretern der Ungleichheitsforschung die These vertreten, daß ein Teil der als neu bezeichneten Ungleichheiten gar nicht neu sei. Vielmehr habe es schon früher ein erhebliches Maß an Differenzierung und Individualisierung gegeben, diese Erscheinungen seien aber von der Soziologie zu wenig beachtet worden: “... die veränderte ‘subjektive’ Wahrnehmung, neue Interpretationen und eine neue Betroffenheit, sei das eigentlich Neue an vielen ‘neuen’ Ungleichheiten” (Hradil 1990: 126, vgl. auch Mayer/Blossfeld 1990: 312 ff.).

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  3. Zum Verhältnis von Mobilität und Klassenbildung vgl. allgemein Müller (1986), Michels (1968: 174 f.) und Therborn (1987: 141). Von Klassen im eigentlichen Sinne wäre danach nur zu sprechen, wenn die Zugehörigkeit auf Dauer angelegt ist (vgl. auch Esping-Andersen 1993a: 14).

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  4. Vgl. Statistisches Bundesamt (1975: 16, 46, 47, 62) und Statistisches Bundesamt (1993: 66, 67, 72, 73). Im Jahre 1973 gab es weder die Kategorie “Arbeitslosigkeit” noch die Kategorie “Unzureichende Versicherungs- oder Versorgungsansprüche”. Die Zahlen beziehen sich jeweils auf das frühere Bundesgebiet.

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  5. Zu Strukturwandel und Heterogenisierung der Sozialhilfeklientel vgl. auch Hauser/Semrau (1990), Leisering/Zwick (1990) sowie Buhr u.a. (1991: 524 ff.).

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  6. Die Wege in die Armut, also die Ursachen für Armut waren dagegen schon immer ein Thema der Armutsforschung.

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  7. Ähnliches gilt auch für die Berichterstattung über Arbeitslosigkeit: Auch hier wird aus der Tatsache, daß in den jährlichen oder monatlichen Statistiken ein hoher Anteil von Arbeitslosen ausgewiesen wird, oft darauf geschlossen, daß es sich immer um dieselben (langzeitarbeitslosen) Personen handelt.

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  8. Die Bundesregierung nimmt im Gegensatz dazu an, Armut sei bei Bezug von Sozialhilfe beseitigt (vgl. BT-DRS 10/6055: 10). “Dagegen wird jedoch argumentiert, daß es sich bei der Sozialhilfe um eine ‘Sozialleistung minderen Ranges’ handele, da die strenge Bedürftigkeitsprüfung und der Regreß auf Eltern und Kinder stigmatisierende Wirkung habe — eine Wirkung, die bei den Sozialleistungen der vorgelagerten Sicherungssysteme, wie Renten, Arbeitslosengeld oder Krankengeld nicht eintrete. Daher könne man Armut erst als nahezu beseitigt ansehen, wenn die Zahl der Sozialhilfeempfänger auf einen ganz kleinen Rest von Personen mit völlig atypischen Lebensläufen vermindert sei” (Hauser/Hübinger 1993: 73).

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  9. Bei der Definition von Armut lassen sich grundsätzlich zwei Ansätze unterscheiden: Nach dem Ressourcenansatz liegt Armut vor, wenn das verfügbare Einkommen eine bestimmte Grenze unterschreitet. Der Lebenslagenansatz bezieht sich dagegen auf eine Mehrzahl relevanter Lebensbereiche. Daneben lassen sich absolute und relative Grenzen unterscheiden: Von absoluter Armut spricht man, wenn die zur Lebenserhaltung notwendigen Güter fehlen. Relative Armut liegt vor, wenn das Niveau einer gesellschaftlichen Bezugsgruppe unterschritten wird (vgl. Hauser/Hübinger 1993: 68 ff., Hauser u.a. 1981: 25 ff. und Schäuble 1984). Auf den ersten Blick scheint die Sozialhilfe-schwelle eine absolute Grenze zu sein: Die Höhe der Sozialhilfe bestimmt sich nach einem soziokulturellen Existenzminimum. Wie dieses definiert wird, hängt aber von gesellschaftlichen Normen und Wertvorstellungen ab, die Veränderungen unterliegen können. Auf der anderen Seite hat sich die Sozialhilfegrenze faktisch als relative Einkommensarmutsgrenze nach dem Ressourcenkonzept entwickelt. “Als relativ arm werden Personen oder Haushalte charakterisiert, deren verfügbares Einkommen unterhalb eines bestimmten Prozentsatzes des durchschnittlichen Nettoeinkommens liegt. Der jeweilige Einkommensbetrag wird als relative Einkommensarmutsgrenze bezeichnet. In den Sozialwissenschaften werden Grenzen in Höhe von 40, 50 und 60 Prozent verwendet” (Hauser/-Hübinger 1993: 53). Die 40 Prozent-Grenze fällt dabei in etwa mit der Sozialhilfegrenze zusammen.

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  10. Die wichtigste Untersuchung zur Dunkelzifferproblematik ist immer noch die von Hartmann (1981, 1985b). Vgl. auch Hauser u.a. (1981: 63 ff.).

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  11. Vgl. zum Grad der Einkommensmobilität im unteren Bereich der Einkommensverteilung auch Duncan (1992).

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© 1995 Westdeutscher Verlag GmbH, Opladen

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Buhr, P. (1995). Einleitung: Zeitlichkeit von Armut als theoretisches und sozialpolitisches Problem. In: Dynamik von Armut. Studien zur Sozialwissenschaft, vol 153. VS Verlag für Sozialwissenschaften. https://doi.org/10.1007/978-3-322-93522-9_1

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  • DOI: https://doi.org/10.1007/978-3-322-93522-9_1

  • Publisher Name: VS Verlag für Sozialwissenschaften

  • Print ISBN: 978-3-531-12633-3

  • Online ISBN: 978-3-322-93522-9

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