Zusammenfassung
Der Hauptwiderspruch des postmodernen Denkens erinnert ein wenig an den altmodischen Strukturalismus. War der Strukturalismus radikal oder konservativ? Deutlich kann man sehen, daß er sich wie eine Technokratie des Geistes verhielt, wie ein endgültiges Eindringen des rationalisierenden Impulses der Moderne in das sankrosankte Innere des Subjekts. Mit seinen rigorosen Kodes, universalen Schemata und kalten Reduktionen reflektierte er in der Sphäre des Geistes eine Verdinglichung, die in der Wirklichkeit schon längst stattgefunden hatte. Aber das ist nur die eine Seite der Geschichte. Denn indem er die Logik der Technokratie auf das Geistige ausdehnte, rückte der Strukturalismus den liberalen Humanismus in ein negatives Licht, dessen Aufgabe es gewesen war, das geistige Leben vor solch vulgären Reduktionen zu bewahren. Dabei war dieser liberale Humanismus selbst eine der vorherrschenden Ideologien der technokratischen Gesellschaft. In dieser Beziehung war der Strukturalismus gleichzeitig radikal und konservativ, indem er den Strategien des modernen Kapitalismus auf eine Weise entsprach, die mit den eigenen herrschenden Wertvorstellungen völlig unvereinbar war.
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Eagleton, T. (1997). Widersprüche. In: Die Illusionen der Postmoderne. J.B. Metzler, Stuttgart. https://doi.org/10.1007/978-3-476-03712-1_6
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