Zusammenfassung
In der vergleichenden Verfassungsgeschichte erfreuen sich die Verfassungen Großbritanniens und der USA einer besonderen Wertschätzung. Bereits vor einem knappen Jahrhundert formulierte William Gladstone einmal voller Bewunderung: „Wie die britische Verfassung den subtilsten Organismus darstellt, der nach langen Wehen dem Schoße der Geschichte entwachsen ist, so ist, soweit ich sehen kann, die amerikanische Verfassung das herrlichste Wunderwerk, das menschlichem Verstande jemals sein Dasein verdankte.“1
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Literatur
Der volle Wortlaut des bekannten Gladstone-Zitats ist bei Ernst Fraenkel: Das amerikanische Regierungssystem — Eine politologische Analyse (Köln und Opladen 1960) S. 21, Anm. 1 zu finden: “As the British Constitution is the most subtle organism which has proceeded from the womb and long gestation of progressive history, so the American Constitution, so fas as I can see, the most wonderful work ever struck off at a given time by the brain and purpose of man.”
Einen knappen Überblick zur amerikanischen Notstandsproblematik mit Verweisen auf weitere Spezialliteratur bietet der Aufsatz von Carl-Christoph Schweitzer: Betrachtungen zur amerikanischen Notstandsgesetzgebung, in: Aus Politik und Zeitgeschichte, Beilage zur Wochenzeitung Das Parlament, B 3/68, vom 17. Januar 1968, S. 21–30.
Nach Art. 5 US-Verfassung schlägt der Kongreß mit Zweidrittelmehrheit beider Häuser Verfassungsänderungen vor. Zur Ratifizierung ist die Zustimmung der Parlamente in drei Vierteln der Einzelstaaten erforderlich. Allein dieses Verfahren wurde bisher angewandt. Möglich wäre auch die Einberufung eines Bundeskonvents und die Ratifizierung durch spezielle Verfassungskonvente in den Einzelstaaten. — Die US-Verfassung wird, anders als das Grundgesetz, durch Zusatzartikel geändert, die der textlich unverändert bleibenden „Urfassung“ der Verfassung angehängt werden.
Das wichtigste von einem deutschen Autor für deutsche Leser verfaßte Buch zum amerikanischen Regierungssystem ist immer noch die in Anm. 1 genannte Studie von Ernst Fraenkel, die seit 1976 in der 3. Auflage vorliegt. Reichhaltiges Material enthält das umfassende Werk von Karl Löwenstein: Verfassungsrecht und Verfassungspraxis der Vereinigter. Staaten (Berlin-Göttingen-Heidelberg 1959). Neuere Entwicklungen auf einer aktuellen Materialbasis berücksichtigen die Arbeiten von Hans J. Kleinsteuber: Die USA — Politik, Wirtschaft, Gesellschaft: Eine Einführung (Hamburg 1974), Kurt L. Shell: Das politische System der USA (Stuttgart 1975) und Peter Lösche: Politik in USA — Das amerikanische Regierungs-und Gesellschaftssystem seit der Präsicicntcnwahl 1976, Opladen 1977. Als ausgezeichnete amerikanische Einführungen sind zu erwähnen Arnold M. Rose: The Power Structure — Political Process in American Society (New York 1967) und Robert A. Dahl: Democracy in the United States: Promise and Performance (2. Aufl., Chicago 1972).
Für Einzelheiten s. Richard F. Fenno: The President’s Cabinet (New York 1959) und Louis W. Koenig: The Chief Executive, 2. Aufl. (New York 1968), S. 155–265. Grundlegend ist nach wie vor Joseph E. Kallenbach: The American Executive — The Presidency and the Governorship (New York und London 1966) und jetzt Thomas E. Cronin: The State of the Presidency, Boston-Toronto 1975.
Vgl. hierzu Winfried Steffani: Das “Rules Committee” des amerikanischen Repräsentantenhauses: Eine Machtbastion, in: Politische Vierteljahresschrift (Dezember 1967) S. 585–607, mit zahlreichen Literaturhinweisen.
Zur Geschichte, Motivation und Problematik des Senioritätsprinzips, dargestellt am Beispiel des Führungswechsels in einem wichtigen Kongreßausschuß siehe unten S. 346 ff.
Eine gute Einführung zur Rolle des Supreme Court im politischen Prozeß und den damit verbundenen Kontroversen geben Fritz Wilhelm Scharpf: Grenzen der richterlichen Verantwortung — Die Political-Question-Doktrin in der Rechtsprechung des amerikanischen Supreme Court (Karlsruhe 1965) und Walter Haller: Supreme Court und Politik in den USA — Fragen der Justiziabilität in der höchstrichterlichen Rechtsprechung (Bern 1972), sowie John R. Schmidberg und Larry R. Berg: The Supreme Court and Congress: Conflict and Interaction, 1945–1968, New York 1972.
Richard P. Neustadt: Presidential Power — The Politics of Leadership (New York 1962) S. 33.
Zur’ Beziehung von Präsident und Kongreß in historischer Sicht s. Wilfred E. Binkley: President and Congress, 3. Aufl. (New York 1962). Eine knappe systematische Einführung zum jüngeren Entwicklungsstand gibt Nelson W. Polsby: Congress and the Presidency, 1. Aufl. (Englewood Cliffs, J. J. 1971) und jetzt vor allem Jürgen Hartmann: Der amerikanische Präsident im Bezugsfeld der Kongreßfraktionen, Berlin 1977.
Eine eingehende parlamentarische Abstimmungs-und Führungsgruppenanalyse anhand der Gegebenheiten des 81. Kongresses (1949–50) verdanken wir David B. Truman: The Congressional Party — A Case Study (new York 1959).
Die Literatur zum amerikanischen Regierungssystem ist so umfangreich, daß jede Auswahl riskant ist und nur als Empfehlung gelten kann. Gleiches gilt für die amerikanische Parteienliteratur. Das Standardwerk zur Rolle von Parteien und Interessengruppen in den USA verfaßte V. O. Key: Politics, Parties, and Pressure Groups, 5. Aufl. (New York 1964). Brauchbare Einführungen sind ferner Frank J. Sorauf: Party Politics in America (Boston 1968), James L. Sundquist: The Dynamics of the Party System (Washington. D.C. 1973) und William N. Chambers und Walter D. Burnham (Hrsg.): The American Party Systems — Stages of Growth, 2. Aufl. (New York 1975). Sehr kritisch zu den amerikanischen Parteien James McGregor Burns: The Deadlock of Democracy — Four Party Politics in America (Englewood Cliffs, J.J.1963). Zur neueren Entwicklung Lösche a.a.O. (Anm. 4).
Zur Entstehungsgeschichte der amerikanischen Parteien William N. Chambers: Political Parties in a New Nation — The American Experience 1776–1809 (New York 1963).
Das Repräsentantenhaus wird alle zwei Jahre neu gewählt, die Amtszeit des Präsidenten beträgt vier Jahre, die eines Senators sechs, wobei jeweils ein Drittel der Senatoren alle zwei Jahre gewählt wird. Die Überschneidungen haben u. a. zur Folge, daß sich ein Senator nur alle zwölf Jahre zugleich mit einem Präsidentschaftskandidaten der Wahl stellen muß. Bei einer Präsidentenwahl gehen erfahrungsgemäß etwa ein Drittel mehr Wähler zur Abstimmung; zugleich ist die Wählerschaft anders strukturiert als in den sogenannten “off-year elections”. Siehe auch oben S. 74 ff.
Vgl. hierzu Robert A. Dahl: The American Oppositions: Affirmation and Denial, in: R. A. Dahl: Political Oppositions in Western Democracies (New Haven and London 1966) S. 34–69 und George K. Romoser: Politische Opposition zwischen Konsens und Instabilität: Das amerikanische Präsidialsystem, in Heinrich Oberreuter (Hrsg.): Parlamentarische Opposition — Ein internationaler Vergleich (Hamburg 1975), S. 52–82.
Zur Problematik dieses Aspekts J. Malcolm Smith und Cornelius P. Cotter: Powers of the President During Crisis (Washington, D.C. 1960) und Arthur M. Schlesinger: The Imperial Presidency (Boston 1973).
Näheres hierzu bei Samuel P. Huntington: The Common Defense — Strategic Programs in National Politics (New York-London 1961) S. 179 ff.
Brown v. Board of Education of Topeka, 347 U.S. 483 (1954).
Es handelt sich hierbei um die Fälle Baker v. Carr, 369 U.S. 182 (1962) sowie Wesberry v. Sanders, 376 U.S. 1 (17. Febr. 1964) und Reynolds v. Sims, 377 U.S. 533 (15. Juni 1964). Eine Analyse des Falles Baker v. Carr unternahm Karl Loewenstein: Baker v. Carr: Policy Decision und der Supreme Court, in: Gerhard A. Ritter und Gilbert Ziebura (Hrsg.): Faktoren der politischen Entscheidung — Festgabe für Ernst Fraenkel (Berlin 1963) S. 237–272. Zur anstehenden Problematik, insbesondere der politischen Bedeutung der Wahlkreiseinteilung und ihrer Konsequenzen, vgl. Robert B. McKay: Reapportionment: The Law and Politics of Equal Representation (New York 1965), und Andrew Hacker: Congressional Districting — The Issue of Equal Representation, 2. Aufl. (Washington, D.C., 1963).
Die Phasen dieses Wandlungsprozesses beschreibt Richard E. Neustadt: Politicians and Bureaucrats, in: David B. Truman (Hrsg.): The Congress and America’s Future, 2. Aufl. (Englewood Cliffs, N.J. 1973), S. 118–140, Zitat S. 127–128. “By 1949 the legislative ‘program of the President’ had come to be a fixed, defined, and comprehensive entity… In the fifties the White House still stopped short of sending bill-drafts with its messages; these went instead from a department head to committee chairman for introduction ’by request’; the fiction was preserved that Presidents themselves did not send bills to Congress. By 1961, however, ’John Kennedy’ became the signature on draft bills sent with messages directly to the Speaker and the President of the Senate, very much as though the White House were Whitehall. While this has not been the invariable practice since, the fiction disappeared — and no one noticed.”
Neustadt formuliert “the essence of the problem” mit den Worten: “Presidential power is the power to persuade” (Anm. 9, S. 10). S. auch Elmer E. Cornwell: Presidential Leadership of Public Opinion (Bloomington, Ind., 1965) and auch Hartmann a.a.O. (Anm. 10) S. 22.
Den kritischen Aspekt dieses Problemkomplexes diskutiert E. E. Schattschneider: The Semisovereign People — A Realist’s View of Democracy in America (New York 1960); mehr „verstehend“ argumentiert Clinton Rossiter: Parties and Politics in America (Ithaca, N.Y., 1960). Betont positiv R. Joseph Monsen und Mark W. Cannon: The Makers of Public Policy — American Power Groups and Their Ideologies (New York 1965).
Aus der äußerst umfangreichen Kongreßliteratur seien hier nur genannt Daniel M. Berman: In Congress Assembled — The Legislative Process in the National Government (New York und London 1964) mit guter Bibliographieauswahl; Stephen K. Bailey: The New Congress (New York 1966); Malcolm E. Jewell and Samuel C. Patterson: The Legislative Process in the United States (New York 1966); Lewis A. Froman: The Congressional Process (Boston 1967); Richard Fenno: Congressmen in Committees (Boston 1973); David R. Mayhew: Congress — The Electoral Connection (New Haven 1974).
Wertvoll für unsere spezielle Fragestellung die Studie von Daniel M. Berman: A Bill Becomes a Law — Congress Enacts Civil Rights Legislation, 2. Auflage (New York 1966).
Beste Quelle zur Geschichte und für Einzelheiten des Gesetzes: “Congressional Quarterly Almanac”, Bd. XX (1964) S. 338–380.
Hierzu auch Martin L. King: Wohin führt unser Weg? — Chaos oder Gemeinschaft, Fischer Bücherei Bd. 973 (Frankfurt/M. und Hamburg 1968) S. 20. Zum Ganzen vor allem M. L. King: Warum wir nicht warten können, Fischer Bücherei Bd. 681 (Frankfurt/M. und Hamburg 1965) mit einem informativen Nachwort von Hans Lamm.
Das Stimmenverhältnis lautete, angenommen 71–29: Rep. 27–6; Dem. 44–23 (Norddem. 41–3; Süddom. 3–20.
Zwischen dem Votum vom 10. Juni (Schluß der Debatte) und der Annahme des Gesetzes am 19. Juni fanden im Senat nicht weniger als 107 namentliche Abstimmungen zu Einzelbestimmungen statt. Die Abstimmung vom 19. Juni ergab, angenommen 73–27: Rep. 27–6; Dem. 46–21 (Norddem. 43–1; Süddem. 3–20).
Zur Rolle der Vermittlungsausschüsse (Conference Committees) in den USA im Vergleich zur Lage in der Bundesrepublik Harri Reinert: Vermittlungsausschuß und Conference Committees (Heidelberg 1966).
Vier exemplarische Bücher: Mariam D. Irish: Continuing Crisis in American Politics (Englewood Cliffs, N.J., 1963); Douglass Cater: Power in Washington — A Critical Look at Todays Struggle to Govern in the Nation’s Capital (New York 1964) und Robert Bendiner: Obstacle Course on Capitol Hill (Toronto-London—New York 1964); sehr detailliert James L. Sundquist: Politics and Policy — The Eisenhower, Kennedy, and Johnson Years (Washington, D.C. 1968).
Zur eminenten Macht des Kongresses im Geldbewilligungsprozeß s. Richard Fenno: The Power of the Purse — Appropriations Politics in Congress (Boston and Toronto 1966) and Aaron B. Wildayski: ‘l’he Politics of the Budgetery Process, 2. Auflage (Boston 1974).
veröffentlichte ein unter Vorsitz Schattschneiders arbeitender Expertenausschuß der American Political Science Association einen Report unter dem Titel “Toward a More Responsible Two-Party System”, der eine sehr lebhafte noch heute andauernde Diskussion einleitete. Zur allgemeinen Reformdiskussion s. Klaus von Beyme: Das präsidentielle Regierungssystem der Vereinigten Staaten in der Lehre der Herrschaftsformen (Karlsruhe 1967), bes. S. 30–55.
Diese Position findet in der Formulierung von Monsen und Cannon (Anm. 23) S. 335, mit der sie ihre Forschungsergebnisse zusammenfassen, einen prägnanten Ausdruck: “American Democracy today has achieved a political system which political philosophers have long dreamed of, but never effectively worked out in theory. The making of publik policy in America by minorities rule through a political brokerage system of negotiation and compromise, though imperfect, represents the most effective democratic system yet devised for a large bureaucratic society comprising riva economic interests.” Einen ähnlichen Standpunkt vertritt Ernest S. Griffith: Congress — Its Contemporary Role (New York 1961), das auch in deutscher Übersetzung vorliegt.
Eine schüchterne Andeutung findet diese Position bereits in der Forderung der auf dem Demokratischen Parteikonvent 1964 angenommenen Parteiplattform: “The Congress of the United States should revise its rules and procedures to assure majority rule after reasonable debate and to guarantee that major legislative proposals of the President can be brought to a vote after reasonable consideration in committee.” In der republikanischen Parteiplattform 1964 fehlte eine derartige Forderung. Unter den zahlreichen kritischen Büchern seien hier nur genannt das Buch des Politologie-Professors James M. Burns: The Deadlock of Democracy — Four-Party Politics in America (Englewodd Cliffs, N.J., 1963), des demokratischen Senators Joseph S. Clark: Congress: The Sapless Branch (New York 1964), und die Bücher des demokratischen Repräsentantenhausabgeordneten Richard Bolling: House Out of Order (New York 1965) und ders.: Power in the House — A History of the Leadership of the House of Representatives (New York 1968). Die Reformdiskussion wird — soweit sie zu Reformvorschlägen führte — in den Publikationen des Congressional Quarterly Service, z. B. seinen Weekly Reports und Almanacs, seit Beginn der 50er Jahre verfolgt und dokumentiert.
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Steffani, W. (1979). Grundzüge des amerikanischen Regierungssystems. In: Parlamentarische und präsidentielle Demokratie. VS Verlag für Sozialwissenschaften, Wiesbaden. https://doi.org/10.1007/978-3-663-14351-2_13
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