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2017 | Buch

Christentum und Islam als politische Religionen

Ideenwandel im Spiegel gesellschaftlicher Entwicklungen

herausgegeben von: Oliver Hidalgo, Holger Zapf, Philipp W. Hildmann

Verlag: Springer Fachmedien Wiesbaden

Buchreihe : Politik und Religion

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Über dieses Buch

Der Band untersucht wichtige Stationen des Wandels politisch-religiöser Ideen im Christentum und im Islam als ideelle Anpassungsleistungen an die sich stetig verändernden gesellschaftlichen Rahmenbedingungen bzw. auch als Gestaltungsversuche des Politischen auf Basis theologischer Prämissen. Damit leistet das Buch einen zentralen Beitrag zum Verständnis der genuin politischen Dimension von Religionen unabhängig von beobachtbaren Säkularisierungsprozessen und möglichen institutionellen Trennungen zwischen Staat und Kirche. Die versammelten Aufsätze loten konzeptionelle und methodische Zugangsmöglichkeiten zum Themenfeld aus und erschließen den politisch-religiösen Wandel in Christentum und Islam zum Teil in Einzelfallanalysen, zum Teil in vergleichender Perspektive.

Inhaltsverzeichnis

Frontmatter
Das Verhältnis von Religion und Politik in Geschichte und Gegenwart oder: Christentum und Islam als ‚politische Religionen‘
Zusammenfassung
Der vorliegende Band will sich den gegenwärtig so kontrovers diskutierten Verbindungslinien zwischen Religion und Politik theoretisch, ideengeschichtlich und empirisch nähern. Dazu stellen die versammelten Beiträge die übergreifende Frage, inwiefern Religionen allein deswegen eine unvermeidlich politische Dimension besitzen, als sie sich ihren jeweiligen historisch-politischen Kontextbedingungen ständig neu anpassen (bzw. ihren Offenbarungsanspruch immer wieder neu entdecken und erhalten) müssen, um als Glaubensrichtung Bestand und ‚Erfolg‘ zu haben: Das Erkenntnisinteresse konzentriert sich insofern nicht darauf, ob Religionen eigentlich politisch sind oder sein dürfen, sondern wie sich ihre nicht zu eliminierende politische Dimension äußert und kontinuierlich wandelt. Dabei gehen wir davon aus, dass in erster Linie soziopolitische Konflikte dafür ausschlaggebend sind, wenn sich Religionsgemeinschaften zu entsprechenden Reaktionen und Neubeschreibungen veranlasst sehen. Letzteres gilt umso mehr, sobald sie als politische Akteure an solchen Konflikten aktiv beteiligt sind.
Oliver Hidalgo, Holger Zapf, Philipp W. Hildmann

Theoretische und begriffliche Grundlagen

Frontmatter
Religion und Politik: Zur Komplexität einer interaktiven Beziehung
Zusammenfassung
Christian Polke stellt allgemeine Überlegungen zur Komplexität der Interaktionen zwischen Politik und Religion sowie zur grundsätzlichen Möglichkeit an, beide Begriffe in einer Weise zu operationalisieren, damit die vielfältigen Beziehungs- und Spannungslinien zwischen ihnen transparent werden. Polkes Problemaufriss, der Claude Leforts Auffassung des ‚Theologisch-Politischen‘ modifiziert, kreist um das zentrale Thema, dass ‚Politik‘ und ‚Religion‘ als jeweilige „Sammelbegriffe“ zur Beschreibung der Sphären menschlicher Lebenswelt keine a priori abstrahierbaren Bereiche markieren, sondern sich als entsprechende (symbolische) Artikulationen von relevanten Akteuren (und deren Beobachtern) erst konstituieren. Dies vorprogrammiert nicht nur Überschneidungen und Konflikte zwischen ‚dem‘ Religiösen und ‚dem‘ Politischen als letztlich kontingent bleibenden Selbstdarstellungen, sondern öffnet ebenso den Blick für die unvermeidliche historische und kulturelle Signatur aller normativen Vorstellungen, die das Verhältnis zwischen ‚Religion‘ und ‚Politik‘ auszubuchstabieren beanspruchen.
Christian Polke
Religion und Politik beim jungen Leo Strauss – ein Königsweg in die politische Ideengeschichte?
Zusammenfassung
Alfons Söllner verknüpft den Blick auf Leo Strauss’ Zugriff auf die Komplexität von Politik und Religion mit einer biografischen Perspektive. Söllner skizziert einen Strauss, der den Eindruck erweckt, religiös musikalisch zu sein, sich von keinem politischen Lager vereinnahmen lässt und vor allem durch die Lust am Denken angetrieben wird. An der Studie über Spinozas Religionskritik verdeutlicht Söllner, dass Strauss eine Hermeneutik entwickelt, die über das Verständnis des Textes hinausgehend versucht, diese in einen geistesgeschichtlichen Zusammenhang einzubetten, was zugleich aus einer Kritik die Rettung der Tradition macht. Dies impliziert eine Vorentscheidung im Konflikt zwischen Vernunft und Offenbarung, die auch für Strauss’ Wendung zur politischen Philosophie folgenreich ist.
Alfons Söllner
Bellahs Begriff der Zivilreligion und mögliche Äquivalente bei Voegelin
Zusammenfassung
Maria Grazia Martino widmet sich in ihrem Beitrag den Werken von Robert N. Bellah und Eric Voegelin, wobei ihr Vergleich insbesondere letzterem eine bislang eher unbekannte Seite abgewinnt. Die Gemeinsamkeiten, die sie zwischen der civil religion bei Bellah als einem universalistischen Normensystem, welches das Zusammenleben verschiedener Religionsgemeinschaften ermöglicht, und Voegelins Konzept der (Verfassungs-)Demokratie aus Industrial Society in Search of Reason und Democracy in the New Europe ausmacht, konturieren ein Leitbild, an dem sich die praktische Politik in den pluralistischen westlichen Gesellschaften orientieren kann. Ihr Fokus widerlegt zugleich das einseitige Bild von Voegelin als einem pessimistischen Gegner der Moderne. Mit dem Begriff der Ziviltheologie, den Martino aus dem Spätwerk Voegelins herausschält, belegt sie zudem die Vielschichtigkeit, mit der dieser das Verhältnis zwischen Politik und Religion untersucht hat, weit über die berühmt-berüchtigten Konzepte der politischen Religionen und dem Gnostizismus aus der New Science of Politics hinaus.
Maria Grazia Martino
Christdemokratie als Alternative zur politischen Theologie? Die Rückkehr politischer Religion in postsäkularer Zeit
Zusammenfassung
Als „Alternative“ zum (belasteten) Begriff der ,Politischen Theologie‘, der nicht nur die Positionen von Carl Schmitt oder Johann Baptist Metz, sondern auch von Joseph Ratzinger umfasse, skizziert Markus Krienke demgegenüber eine zeitgemäße Idee der Christdemokratie, die die feststellbare Identitätskrise der Christdemokraten in Europa ebenso überwinden soll wie sie sich implizit von den Grenzen traditioneller Ansätze emanzipiert. Um in ,postsäkularer‘ Zeit die Charakteristika einer christdemokratischen Programmatik, die sich im Kontrast zur ,Rückkehr‘ von politischen Religionen und Theologien befinde, zu erhellen, beruft er sich lieber auf die demokratietheoretische Fassung von Politik und Religion bei Habermas. Mit diesem Gewährsmann will Krienke einerseits die klassische Stärke der Christdemokratie, den Respekt vor einer autonomen Legitimation des demokratischen Rechtsstaates mit dem politischen Auftrag an eine christliche Partei verbinden zu können, bewahren, und andererseits Antworten auf die neu entstandenen, primär biopolitischen Herausforderungen der Gegenwart, wie sie von Giorgio Agamben oder Roberto Esposito formuliert wurden, bereitstellen.
Markus Krienke
Der Wandel religiöser Vorstellungen: Politische und soziale Faktoren
Zusammenfassung
In seinem Beitrag diskutiert Holger Zapf verschiedene Auslöser und Mechanismen religiösen Ideenwandels. Er geht dabei von der Grundannahme aus, dass Ideen sich analog zu einem evolutorischen Prozess entwickeln und, wenn sie Bestand haben sollen, davon abhängig sind, dass sie gesellschaftlich positiv sanktioniert werden. Religiöser Ideenwandel wird damit in erheblichem Umfang zu einer Funktion sozialer und politischer Kontexte, ohne dass damit jedoch religionsimmanente Entwicklungen ausgeschlossen würden.
Holger Zapf

Das Christentum als politische Religion

Frontmatter
Der Wandel theologisch-politischer Ideen in Europa zwischen dem 14. und 16. Jahrhundert im Kontext der Kontroverse über den Machtanspruch des Papsttums
Zusammenfassung
Oliver Hidalgo zeigt, wie die ab dem 14. Jahrhundert zunehmend als destruktiv empfundenen Auseinandersetzungen zwischen den Akteuren der weltlichen und geistlichen Macht ein neues politischen Denken begründeten, das sich der Notwendigkeit der Begrenzung (oder auch Abschaffung) der politischen Gewalt des Papstes sowie einer fundamentalen Emanzipation des Politischen vom Religiösen verschrieb. Anhand der diesbezüglich herausragenden Stellungnahmen bei Dante Alighieri und Marsilius von Padua zeichnet er nach, wie sich der etablierte politisch-theologische Diskurs dazu zunächst lediglich verschob und mit neuen, wenngleich folgenreichen Akzenten versetzt wurde, bevor dann Niccolò Machiavelli in der Renaissance einen rigorosen Bruch mit der Tradition christlicher Politik anstrengte. Jedoch lässt sich nach Hidalgo sogar noch Machiavellis Lesart des Politisch-Theologischen als ,gewandelte‘ Idee des religiös-politischen Christentums deuten, indem es der Autor des Principe und der Discorsi als Erfordernis der historischen Situation in Italien schilderte, dass die Religion hier in den Dienst des Politischen zu stellen ist.
Oliver Hidalgo
Entzauberung und messianische Spannung. Implikationen reformatorischer Theologie der Politik
Zusammenfassung
Jochen Bohn interpretiert die reformatorische Theologie der Politik im Sinne eines politisch relevant bleibenden Christentums, das sich zwischen zwei gegensätzlichen Polen bewegt. So rekonstruiert er einerseits, wie die Reformation für eine folgenschwere Entzauberung der Politik gesorgt hat, indem sie den zuvor dominierenden konstruktiven Messianismus des abendländischen Christentums „entzauberte“ sowie Politik und Religion infolge der Zwei-Reiche-Lehre voneinander entkoppelte. Andererseits aber kehrten unter den von der Reformation geschaffenen Bedingungen jene Spannungen wieder, die bereits den (ursprünglichen) jesuanischen Messianismus geprägt hatten, indem sich glaubende und politische Gemeinschaft, religiöse Innerlichkeit und politische Praxis letztlich doch nicht strikt trennen ließen. Nicht zuletzt anhand ihres divergenten Umgangs mit dieser Spannung sind nach Bohn die politischen Lehren Luthers und Calvins zielgerecht miteinander zu vergleichen.
Jochen Bohn
Moralische Norm oder politische Form? Konzepte von Religion in der konservativen und romantischen Publizistik um 1800
Zusammenfassung
Franz Hederer analysiert die verschiedenen Konzepte von Religion in der konservativen und romantischen Publizistik um 1800. Dabei erkennt er – mit Reinhart Koselleck – in der Französischen Revolution jenen Trigger, der die Neuformulierung politischer Ordnungsvorstellungen als solche unerlässlich machte, sogar bei denen, die ihrem Selbstverständnis nach dazu angetreten waren, die alten Ideen zu restaurieren. Innerhalb des geänderten historischen und theoretischen Bezugssystems lässt sich dabei nach Hederer die konservative Funktion der Religion als moralische Norm von ihrer Inanspruchnahme als politische Form in der politischen Romantik unterscheiden, wodurch sich insbesondere eine interessante Parallele zwischen den als Kontrahenten geltenden Adam Müller und Carl Schmitt auftut. Im Ganzen deutet Hederers Komparatistik im Hinblick auf die Religion darauf hin, dass die Gegner der Französischen Revolution deren historische Erfahrung auf durchaus konträre Weise verarbeiteten.
Franz Hederer
Tolerierung – Akzeptanz – Unterstützung. Der Wandel des Verhältnisses zur Religionsfreiheit als Vorgang politischer Einpassung des Katholizismus in Zivilgesellschaft und repräsentative Demokratie in Deutschland und den USA
Zusammenfassung
Antonius Liedhegener assoziiert den feststellbaren Wandel, den der Katholizismus während des 19. und 20. Jahrhunderts in seinem Verhältnis zur Religionsfreiheit durchlief, mit dessen sukzessiver Einpassung in die Zivilgesellschaft und die repräsentative Demokratie. An den Beispielen der USA und der Bundesrepublik Deutschland erläutert er, wie dieser Wandel sich jeweils entlang der Stadien bloßer Tolerierung, positiver Akzeptanz und schließlich aktiver Unterstützung vollzog und in diesem Zusammenhang die Bedeutung von Bottom-Up-Einflüssen die Rolle von Top-down-Prozessen und Entscheidungen überstieg. Damit unterstreicht der Artikel, dass dem weltkirchlichen Umschwung, der spätestens in der Phase des Aggiornamento evident wurde, eine bestimmte nationale politische bzw. gesellschaftliche Praxis vorausging. Er gibt insofern ein Paradebeispiel dafür ab, wie soziohistorische Entwicklungen die politische Ausrichtung von Religionsgemeinschaften zu konfigurieren vermögen.
Antonius Liedhegener
Theologie für eine andere Welt: Zum Ideenwandel des Christentums in der lateinamerikanischen Befreiungstheologie
Zusammenfassung
Christine Unrau beschreibt die zentralen Wegmarken und Themen der lateinamerikanischen Befreiungstheologie, die sich parallel zur Studentenbewegung in Europa und Nordamerika entwickelt hat und mit der sie die Reflexion ihres theoretischen und gesellschaftlichen Standpunktes ebenso teilt wie die weltverändernde Intention. Die Gegebenheiten vor Ort umformen offensichtlich die Art und Weise, wie die südamerikanischen Theologen insbesondere im Vergleich zu ihren europäischen Kollegen das Evangelium interpretieren – einem konservativen und eher weltabgewandten Glauben wird eine Kirche entgegengesetzt, die sich durch politisches Engagement sozialrevolutionärer Art auszeichnet.
Christine Unrau
Gottesfrevel im Christentum und im Islam – Eine Darstellung am freien Religionsaustritt und an der Unreinheit
Zusammenfassung
Arnold Angenendt widmet sich einer Untersuchung zum Gottesfrevel im Christentum und im Islam, welcher im Verlauf der jeweiligen Geschichte sehr unterschiedliche Handhabungen erfuhr. Am Umgang mit dem freien Religionsaustritt und der Unreinheit zeichnet Angenendt in der Hauptsache nach, wie die ursprünglich tolerante Praxis im Christentum nach 1000 von einer dramatischen Änderung der Situation und akuter Gewalt- und Kriegsbereitschaft abgelöst wurde, was sich nicht nur in der Verfolgung und Tötung angeblicher Ketzer, sondern auch in den historischen Ereignissen der Kreuzzüge niederschlug. Aufgrund des auf dieser Basis durchgeführten Vergleichs mit der Bewertung von Apostasie und Pollutio in der muslimischen Welt dient Angenendts Beitrag zugleich als Scharnier zwischen den beiden hier ausführlich behandelten politischen Religionen.
Arnold Angenendt

Politischer Ideenwandel im Islam

Frontmatter
Politische Motive theologischer Debatten? Die Muʿtazila und ihre Widerstreiter im Kampf um die Deutungshoheit in der formativen Phase des Islam
Zusammenfassung
Der Beitrag von Said AlDailami setzt in der formativen Phase des Islam an und reflektiert die Ideengeschichte der mu‘tazilitischen Denkströmung, die bis heute vielfach als bedauerlicherweise unterdrückte Entwicklungslinie einer rationalistischen islamischen Theologie wahrgenommen wird. In diesem Sinne werden der soziale Kontext, die zentralen Lehren und auch die politischen Implikationen jener Denkschule dargestellt. Allerdings zeigt AlDailami auch, dass die dominanten Fragen der formativen Phase weniger theologischer als vielmehr politischer Natur waren. Dies führte dazu, dass ebenso die Muʿtazila korrumpiert wurde, theologische Nebensächlichkeiten zu zentralen Streitpunkten avancierten und der Rationalismus im Zuge seiner sozial verbindlichen Durchsetzung seinerseits eine unversöhnlich-fundamentalistische Schlagseite bekam.
Said AlDailami
Koranexegese und gesellschaftlicher Wandel
Zusammenfassung
Thomas Würtz lotet in seinem Aufsatz aus, inwiefern sich in der Entwicklung von Koraninterpretationen der gesellschaftliche Wandel spiegelt. Denn anders als eine gängige, verkürzende Darstellung des Islam glauben macht, ist auch der Koran durchaus Gegenstand intensiver Auslegungsbemühungen. Würtz greift aus dem Lauf der Jahrhunderte verschiedene Beispiele heraus, um zu zeigen, wie sich diese Interpretationen im Lichte anderer gesellschaftlicher Relevanzstrukturen verändern und gegenwärtig auch (wenngleich nicht notwendig in einem positiven Sinne) demokratisieren. Unter anderem kommen dabei Interpretationen eines Koranverses zur Sprache, der sich seinerseits mit Veränderung menschlicher Gesellschaften befasst, was dem Beitrag eine interessante reflexive Perspektive verleiht.
Thomas Würtz
Schutzgewährung gegenüber Nichtmuslimen. Zum Bedeutungswandel ordnungspolitischer Konzeptionen im Islam
Zusammenfassung
Stephan Kokew demonstriert, dass nicht nur die Interpretation des Korans an sich einem Wandel unterworfen ist, sondern auch zentrale Begriffe des islamischen Rechtsdenkens vor dem Hintergrund sich wandelnder gesellschaftlicher Kontexte neu interpretiert werden. Das zeigt er speziell für die ordnungspolitischen Begriffe ḏimma und amān, Konzepten also, die für die Schutzgewährung von Nichtmuslimen in muslimischen Gesellschaften von zentraler Bedeutung sind. Kokew stellt heraus, dass gegenwärtige Interpreten dieser Begriffe darum bemüht sind, sie den veränderten Situationen anzupassen – so stellen das Ende des Kalifats ebenso wie die Gründung der Vereinten Nationen entscheidende Einschnitte dar, die eine schlichte Fortschreibung der aus der klassischen Zeit stammenden Konzepte schwierig machen.
Stephan Kokew
Politisches und apolitisches Denken im Zwölfer-Schiitentum
Zusammenfassung
Peter Münch-Heubner wendet sich in seinem Beitrag dem Ideenwandel im schiitischen Glauben zu. Er skizziert zu diesem Zweck die Entwicklungen im Iran, im Laufe derer ein eigentlich quietistischer Glaube im Zuge einer antikolonialen Politisierung und innenpolitischer Machtkämpfe in eine politische Ideologie verwandelt wurde, die in dieser Form bis heute noch von einem erheblichen Teil des religiösen Establishments abgelehnt wird. Darüber hinaus zeigt er, dass diese Politisierung des schiitischen Glaubens erst verständlich wird, wenn die Rezeption sunnitischer Denker mit berücksichtigt wird, die diese Entwicklung mit ihren Ideen entscheidend befruchtet haben. Das verdeutlicht zugleich einmal mehr, dass der partielle Wandel des schiitischen wie auch des sunnitischen Islam in Richtung fundamentalistischer Strömungen weniger in der Konfession selbst angelegt war als vielmehr durch politische und gesellschaftliche Gegebenheiten vorangetrieben wurde.
Peter L. Münch-Heubner
Metadaten
Titel
Christentum und Islam als politische Religionen
herausgegeben von
Oliver Hidalgo
Holger Zapf
Philipp W. Hildmann
Copyright-Jahr
2017
Electronic ISBN
978-3-658-13963-6
Print ISBN
978-3-658-13962-9
DOI
https://doi.org/10.1007/978-3-658-13963-6