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16.06.2025 | Cloud Computing | Interview | Online-Artikel

"Die größten Herausforderungen sind struktureller Natur"

verfasst von: Lea Sommerhäuser

2:30 Min. Lesedauer

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Im Interview erläutert Andreas Kadler, ein erfahrener Experte für Cloud, IT, Telekommunikation und B2B-Geschäft, wie digitale Souveränität grundsätzlich erreicht werden kann und wie sich souveräne Cloud-Angebote am besten erkennen lassen.

Andreas Kadler ist CEO der Plusserver GmbH und ein erfahrener Experte für Cloud, IT, Telekommunikation und B2B-Geschäft.


springerprofessional.de: Herr Kadler, inwieweit verschärft die aktuelle US-Politik die weltweite Abhängigkeit von Cloud-Hyperscalern?

Andreas Kadler: Das "America First"-Prinzip der aktuellen US-Politik verstärkt die Unsicherheiten, die beispielsweise der Cloud Act, die politische Einflussnahme auf den Zugang zu Technologien sowie die bestehende Abhängigkeit von Hyperscalern hervorrufen. Dabei geht es nicht nur um Technologie, sondern auch um die Kontrolle der digitalen Fundamente von Unternehmen und Institutionen. Doch auch Unternehmen wird zunehmend bewusst, dass ihre geschäftskritischen Daten fremden Gesetzgebungen und geopolitischen Interessen unterliegen – und sie gehen gegen diesen Souveränitätsverlust vor.

Welche kurz- und langfristigen Auswirkungen hat diese Abhängigkeit auf europäische und explizit auf deutsche Unternehmen?

Kurzfristig stehen Unternehmen vor einem erhöhten Risiko, die Kontrolle über ihre sensiblen Daten zu verlieren und ungewollten Zugriffen ausgesetzt zu sein. Das ist ein enormes Compliance- und Reputationsrisiko – und kann damit zu Vertrauensverlust bei Partnern und Kunden führen. Langfristig sind Innovationsfähigkeit und Wettbewerbsautonomie europäischer Unternehmen bedroht. Wer die Hoheit über Daten und digitale Infrastrukturen verliert, verliert auch seine unternehmerische Gestaltungsfreiheit. In einer globalisierten und digitalisierten Wirtschaft kann das schnell zum existenziellen Risiko werden.

Wie kann digitale Souveränität grundsätzlich erreicht werden und was sind die größten Schwierigkeiten dabei?

Digitale Souveränität erfordert ein durchgängiges und bewusstes Handeln entlang der gesamten digitalen Wertschöpfungskette: von der Auswahl vertrauenswürdiger Partner über den Aufbau eigener Kompetenzen bis hin zum konsequenten Einsatz von Technologien, die Transparenz, Sicherheit und Rechtskonformität garantieren. Die größten Herausforderungen sind jedoch struktureller Natur: fehlende einheitliche Standards, oft noch mangelndes Bewusstsein in der Unternehmensführung und die schiere Marktdominanz der Hyperscaler. Daher ist es wichtig, dass dieser Schritt strategisch und langfristig gegangen wird, statt auf schnelle Effekte zu bauen.

Welche erwähnenswerten Meilensteine haben die deutsche Politik und hiesigen Unternehmen hinsichtlich Datensouveränität bereits geschafft?

Initiativen wie Gaia-X oder das europäische Cloud-Projekt IPCEI-CIS sind wichtige Meilensteine, um digitale Infrastrukturen in europäischer Hand aufzubauen. Auch regulatorische Maßnahmen – etwa die DSGVO, der EU Data Act oder der EU AI Act – stärken den Anspruch auf Datensouveränität zusätzlich. In der Unternehmenswelt sehen wir eine wachsende Zahl von Organisationen, die sich bewusst für digitale Souveränität entscheiden. Anbieter, die Transparenz, deutsche Rechenzentren und vollständige Rechtskonformität garantieren, sind daher immer gefragter.

Wie können Anwender erkennen, ob sie souveränen Cloud-Angeboten vertrauen oder nicht?

Anwender sollten auf klare Prüfkriterien achten: Wo werden die Daten gespeichert und verarbeitet? Welchem Rechtsrahmen unterliegt der Anbieter? Welche Zertifizierungen kann der Anbieter vorweisen? Gibt es vollständige Transparenz über die Prozesse und die Service-Architektur? Ist der Anbieter unabhängig von außereuropäischen Muttergesellschaften? Souveränität zeigt sich nicht nur im Marketing-Versprechen, sondern in überprüfbaren Fakten für maximale Transparenz und Sicherheit. "Made & hosted" in Deutschland oder der EU sind klare Qualitätsmerkmale für ein vertrauensvolles Cloud-Angebot – sofern kein US-Unternehmen im Hintergrund steht.

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