Routine im Job war gestern, seit Roboter, automatisierte oder digitale Systeme dem Menschen wiederkehrende, meist eintönige Tätigkeiten abnehmen hat sich der Arbeitsalltag radikal verändert. Im Wandel hat nichts mehr Bestand, als die Fähigkeit sich anpassen zu können. Das betrifft Unternehmen wie ihre Mitarbeiter. Der Innovationsdruck steigt, Aufgaben werden komplexer, die Halbwertzeit von einmal erlernten Fähigkeiten kürzer. Kurzum: Mentales Know-how löst manuelles Know-how ab. Die Studie "Soft Skills 4 Talent" des Personalberaters Manpower Group spiegelt das Bedürfnis der Arbeitgeber nach Mitarbeitern wider, die sich in entroutinisierten Umgebungen als flexible Denker erweisen.
Problemlöser vor
Für 4.990 Unternehmensvertreter aus 15 europäischen Nationen ist Problemlösung die gefragteste Schlüsselkompetenz auf dem Arbeitsmarkt. Europaweit setzten sie 58 Prozent - in Deutschland 52 Prozent - der befragten Arbeitgeber auf Platz eins im Ranking der Soft-Skills. Auch die Arbeitnehmer wissen, dass ihre Fähigkeit mit Problemen lösungsorientiert umgehen zu können, über berufliche
Erfolge mitentscheidet und sie auf dem Arbeitsmarkt wettbewerbsfähig hält. Zwar glauben die meisten deutschen Arbeitnehmer (63 Prozent) noch mit die Belastbarkeit punkten zu können, Problemlösung (58 Prozent) und der Umgang mit digitaler Technologie (53 Prozent) rangieren aber dicht dahinter. Entscheider haben der Studie zufolge klare Vorstellungen von den Arbeitnehmerqualitäten, die ihre Unternehmen zukunftsfähig halten und sind auch bereit in deren Entwicklung zu investieren.
Soft-Skills aus Arbeitgebersicht (europaweit) |
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Talententwicklung, darin sind sich die Befragten aller Länder einig, wird vor allem in Deutschland groß geschrieben. Rund 22 Prozent kürten deutsche Unternehmen zu den Europameistern im Fachkräfteausbau, gefolgt von Großbritannien (19 Prozent) und Schweden (15 Prozent). Innovation allein, das haben europäische Unternehmen verstanden, reicht nicht aus, um im weltweiten Wettbewerb bestehen zu können. Die Veränderungen und Neuerungen müssen die Mitarbeiterschaft durchdringen. Erst wenn das Neue mit allen Zusammenhängen verstanden ist, kann der Mitarbeiter seine Kräfte zum bestmöglichen Gelingen nach Innen und Außen einsetzen. Für die Springer-Autoren Peer Ederer, Arne Jonas Warnke, Samuel Greiff und Philipp Schuller ist die Diffusion daher die erfolgskritsiche Marke im dreischichtigen Innovationsprozess (Invention, Adaption, Diffusion). Für die Autoren steht außer Frage: Dynamisches Problemlösen stärkt die Innovationskompetenz von Unternehmen und hilft Mitbeitern in entroutinisierten Arbeitswelten am Ball zu bleiben.
Dynamisch statt analytisch Denken
Dynamisches Problemlösen basiert auf der Theorie des komplexen Problemlösens aus der Allgemeinen Psychologie. Geprägt wurde der Begriff von Dietrich Dörner (Universität Bamberg) Mitte der 1970er Jahre. Joachim Funke (Universität Heidelberg) entwickelte die Forschungen zum Lösen komplexer Probleme bis heute weiter. Im Unterschied zum bis dato vorherrschenden Instrument des analytischen Problemlösens beim Testen von Kompetenzen, werden beim dynamischen Problemlösen weder alle zur Lösung erforderlichen Komponenten vorgegeben noch lassen sie sich zielführend ableiten. Stattdessen muss in problematische Situationen in so genannten computerprogrammierten Mikrowelten eingegriffen werden. Erkenntnis entsteht durch das Beobachten und Bewerten der Effekte, die die Situation positiv verändern. Wie aber stärkt dynamisches Problemlösen die Kompetenz von Mitarbeitern und warum profitieren Unternehmen davon?
Unterwegs in Mikrowelten
Wer sich in komplexen Szenarien lösungsorientiert bewegen kann, beweist strategische Kompetenz und die Fähigkeit zum vernetzten Denken. Trainings in den Mikrowelten messen die Strategiekompetenz, die Lernkompetenz und die Anwendungskompetenz. Für innovative Unternehmen, so beschreiben die Springer-Autoren, ist die Förderung der Problemlösungskompetenz wichtig, weil (Seite 30):
- sie eine eigenständige kognitive Fähigkeit darstellt, die deutlich sowohl von der allgemeinen Intelligenz, als auch von den "schulischen“ Kompetenzen wie Lesen-Schreiben-Rechnen abgrenzt.
- sie eine Fähigkeit ist, die auch im Verlauf des Arbeitslebens form- und trainierbar ist.
- sie mit pragmatischen Methoden erfasst und quantitativ gemessen werden kann und somit auch einem aktiven Kompetenzmanagement empirisch zugänglich ist.
- sie ist eine transversale Kompetenz ist, mit der sich anschließende funktionale Kompetenzen erwerben lassen.
Trainings im dynamischen Problemlösen, so fassen die Autoren Studienergebnisse zusammen, befähigen Mitarbeiter dazu, die nächst komplexeren Jobs im Unternehmen wahrzunehmen. Angesichts des Fachkräftemangels und des demographischen Wandels lassen sich so entscheidende Vorteile generieren. Und der Mitarbeiter? Ausgestattet mit der dynamischen Problemlösungskompetenz kann er sich "aktiv an der Wechseldynamik beteiligen, die durch Innovation ausgelöst wird und von ihr profitieren, anstatt in ihr eine Gefährdung zu sehen und sie daher abzulehnen" (Seite 27). Den dreischichtigen Innovationsprozess von Inventionen kann er künftig besser unterstützen und fördern.