Compliance-Systeme wappnen den Vertrieb vor Verstößen, die Reputation und Kundenbeziehungen des Unternehmens gefährden könnten.
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Gerade der Vertrieb bietet viele Angriffsflächen für Compliance-Verletzungen. Ob tiefgreifende, über Jahre gewachsene Kundenbeziehungen, in denen die Grenze zur Korruption bei der Auftragsgewinnung überschritten wird, Verstöße gegen das Kartellrecht oder falsche Produktangaben, die Kunden täuschen. Wenn es um grenzüberschreitende Geschäfte geht, etwa wenn Vertriebspartner eingebunden werden müssen, stehen die Bestechung von Geschäftspartnern in Hochrisikoländern oder der Umgang mit Geschenken und Bewirtungen schnell im Fokus im Zusammenhang mit Compliance-Verstößen. Die Zahlen sprechen schon in einer Sparte für sich: So wurden beispielsweise im Rekordjahr 2014 Kartellrechtsverstöße von Unternehmen hoch geahndet, nämlich mit Bußgeldern in Höhe von 1,1 Milliarden Euro, schreiben die Autoren Frank Hülsberg, Senior Partner Governance, Risk & Compliance und Christina Fischer, Manager Governance Risk & Compliance, beide Wirtschaftsprüfungsgesellschaft Warth & Klein Grant Thornton in Düsseldorf, im Titelbeitrag "Verkauft wird nicht um jeden Preis" der März-Ausgabe 2018 von Sales Excellence (Seite 10 ff.). Im Jahr 2017 wurde beispielsweise ein Kleidungs-Kartell zwei Unternehmen zum Verhängnis: Wegen vertikaler Preisbindungspraktiken wurden sie mit einer Strafe in Höhe von 10,9 Millionen Euro belegt. Ebenso wenig seien "geschönte Produktversprechen keine Kavaliersdelikte", so die Autoren.
Risiken mit Compliance-Management vorbeugen
Um solchen Risiken und Fallen vorzubeugen, sind spezielle Compliance-Abteilungen und ein Compliance-Management im Vertrieb unabdingbar. "An einem wirksamen Compliance-Management-System (CMS) kommen Unternehmen nicht mehr vorbei", meint auch der Compliance-Spezialist Jan-Hendrik Gnändiger, Wirtschaftsprüfer und Steuerberater bei der Wirtschaftsprüfungsgesellschaft KPMG. Sie müssten eine "effektive Risikolandkarte schaffen, auf der für das Unternehmen relevante Fallstricke transparent dargestellt werden", rät er im Beitrag "Flexible Strukturen für die Risikoanalyse schaffen" (Sales Excellence-Ausgabe 3/2018, Seite 16 ff.) Die Grundlagen eines wirksamen Compliance-Programms oder Hinweisgeber-Systems erläutern die Springer-Autoren Annika Schach, Professor Cathrin Christoph in ihrem Essential "Compliance in der Unternehmenskommunikation".
Zudem gehören die systematische Hinterlegung von möglichen Risiken und eine Risikoinventur mit entsprechenden Risikoprozessen als Bausteine zu einem umfassenden Compliance-Managements. Wichtige Richtlinien sollten im Vertrieb auch die Bereiche Korruption und Betrug vorbeugend regeln, wo sie sich direkt auf Kundenkontakte beziehen, etwa den Umgang mit Geschenken, Reisekosten, der Preissetzung, Vertragsverhandlungen und Qualitätsversprechen.
Neue Medien bringen neue Risiken
Auch neue Medien und Technologien bergen Compliance-Risiken für den Vertrieb, etwa durch die Interaktion im Onlinehandel, durch Kundenbewertungen und Ratings, geben die Sales Excellence-Autoren Hülsberg und Fischer zu bedenken. Schließlich bildet die im Mai 2018 in Kraft tretende Datenschutzgrundverordnung eine weiter Hürden für den Vertrieb, wenn es um personenbezogene Daten geht, die im Vertrieb bereits durch kundenindividuelle Auftragsangebote entstehen. Auch hier kann etwa ein Informationsabfluss, etwa durch Messenger oder Cloud-Technologien, Compliance-Grundsätze und Vorgaben verletzen und auch einen Reputationsschaden für das Unternehmen anrichten. Hülsberg/Fischer raten daher dazu, dass Vertriebsmodelle im Dialog mit Compliance-Verantwortlichen und der internen Compliance-Kommunikation in Unternehmen so ausgestaltet werden, dass Regeln eingehalten werden können, "ohne die Aktivität zu stark einzugrenzen". "Die klare Botschaft dabei müsse sein: "Verkauft wird nicht um jeden Preis".
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Quelle: Aus: Sales Excellence, Ausgabe 3 | 2018, Seite 11 |
Die komplette Titelgeschichte lesen Sie in der Sales Excellence-Ausgabe 3 | 2018.