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25.10.2021 | Corporate Governance | Schwerpunkt | Online-Artikel

Corporate Governance auf dem Prüfstand

verfasst von: Andrea Amerland

4 Min. Lesedauer

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Es gehört zu den Binsenweisheiten im Management: Eine gute Unternehmensführung ist entscheidend für den Erfolg. Aber Kriterien für eine gelungene Corporate Governance zu ermitteln, fällt ungleich schwerer. Ein Ranking gibt Anhaltspunkte für Manager und Investoren.

Auf Grundlage von rund 128 Kriterien hat Union Investment zusammen mit Ivox Glass Lewis ein Corporate Governance-Ranking der Dax und M-Dax-Unternehmen erstellt. Die Bewertungsmerkmale stammen dabei aus den sieben Themenfeldern Kapital, Vorstand, Aufsichtsrat, Vergütung des Vorstands, Vergütung des Aufsichtsrats, Abschlussprüfung sowie Transparenz.

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Dafür wurden die bis Ende März 2021 verfügbaren Daten erhoben, auf einer Bewertungsskala von null bis vier gewichtet und von der maximal erreichbaren Punktzahl 150 abgezogen. Diese Gesamtpunktezahl wurde in ein Schulnotensystem übersetzt. Für eine ausreichende Leistung (Note vier) galt es, mindestens 100 Punkte zu erreichen.

Rang Dax

Unternehmen

Punkte

Note

Rang M-Dax

Unternehmen

Punkte

Note

1.

Allianz

141

1-

1.

Aurubis

138

1-

2.

Deutsche Börse

140

1-

1.

Commerzbank

138

1-

3.

BASF

139

1-

2.

Siltronic

137

2+

3.

E.ON

139

1-

3.

Lanxess

136

2+

4.

BMW

137

2+

3.

Lufthansa

136

2+

4.

Münchener Rück

137

2+

3.

Prosieben Sat 1

136

2+

4.

Siemens

137

2+

3.

Thyssenkrupp

136

2+

5.

Bayer

136

2+

4.

Dürr

135

2+

Quelle: Corporate-Governance-Ranking Dax und M-Dax 2020/21 

Intransparenz und fehlende Unabhängigkeit bemängelt

Während die im Dax gelisteten Unternehmen einen Notendurchschnitt von 2,1 erreichen (Vorjahr: 2,0), liegt dieser im M-Dax bei 3,0 (Vorjahr: 2,8). Jens Wilhelm, Vorstand von Union Investment, stellt den Unternehmen im Vergleich zum Vorjahr nicht generell ein schlechteres Zeugnis aus. "Aber das vergangene Jahr ist auch nicht genutzt worden, um eine Schippe draufzulegen", ordnet er das diesjährige Ranking ein.

Immerhin schneiden sieben M-Dax-Unternehmen bei der Corporate Governance mit "mangelhaft" ab. Vanda Rothacker, ESG-Analystin mit Schwerpunkt Corporate Governance bei Union Investment, bemängelt in Hinblick auf die großen Notenunterschiede in diesem Index: "Wenn man im Ranking weiter nach unten schaut, wird es düster. Hier haben die Unternehmen noch sehr viele Hausaufgaben zu machen, speziell beim Thema Transparenz." Im Dax nennt sie vor allem die Ämterhäufung und die Unabhängigkeit im Aufsichtsrat als Probleme, insbesondere beim Vorsitz des Prüfungsausschusses. "Diesen stufen wir bei zwölf Dax-Unternehmen als nicht unabhängig ein."

"Um die kritische Grundhaltung der Aufsichtsratsmitglieder gegenüber der Unternehmensleitung zu stärken, fordert der DCGK [= Deutsche Corporate Governance Kodex] schon lange und nachgiebig, dass dem Aufsichtsrat eine angemessene Zahl unabhängiger Mitglieder angehören soll. Solche freien Personen sind bisher eher zufällig in den Aufsichtsrat geraten", umreißt Springer-Autor Sebastian Hakelmacher im Buchkapitel "Neue Bürden für Aufsichtsräte" das Problem (Seite 116). 

Nachhaltigkeit als wichtiges Element guter Aufsicht

Auch dem Thema Nachhaltigkeit messen die Experten von Union Investment immer mehr Bedeutung zu. Daher dürfe Corporate Governance nicht isoliert betrachtet, sondern müsse in einem breiteren ESG-Kontext gestellt werden, so Wilhelm.

"Nachhaltigkeit in der Corporate Governance" zu etablieren, erfordere ein nichtfinanzielles Internes Kontrollsystem (nIKS), meinen Marcus Ehrenberger, Maximilian Mäder und Johannes Berna. Allerdings stecke deren Praxis noch in den Kinderschuhen. Dennoch lassen sich den Springer-Autoren zufolge aus den bereits bestehenden Modellen durchaus Erfolgsfaktoren ableiten (Seite 112): 

Prozessuale Erfolgsfaktoren nIKS

Strukturelle Erfolsfakoren nIKS

  • Kontinuierliche Verbesserung (Regelkreislauf)
  • Bottom-up-Prozesse 
  • Prozessuale Transparenz und Integration
  • Einheitliche Dokumentation
  • Integration in bestehende Strukturen und Prozesse der Corporate Governance
  • Zusammenarbeit der Verantwortlichen zwischen erster und zweiter Verteidigungslinie
  • nIKS-Know-how in der ersten Verteidigungslinie
  • Klares Kommunikationskonzept
  • Risikorientiertes Scoping
  • Tone from the Top

Quelle: "Nachhaltigkeit in der Corporate Governance", Seite 112.

Erfolgspotenziale guter Unternehmensaufsicht

Insbesondere kleinere und mittlere Unternehmen haben allerdings das Erfolgspotenzial von "Corporate Governance" noch nicht erkannt, so Claudia Kreipl in einem Buchkapitel zum Thema. Diese scheuten sich oft, externe Partner in strategische Unternehmensentscheidungen einzubinden, weil sie Informationsmissbrauch und eine Verlangsamung ihrer Prozesse fürchten. Damit die Implementierung eines Kontrollorgans im Unternehmen gelingt, müssen der Professorin für BWL und Unternehmensführung zufolge bestimmte Voraussetzungen erfüllt werden: 

  • Unternehmensentscheider müssen von der Notwendigkeit und dem Nutzen eines Corporate Governance-Systems überzeugt sein. 
  • Die Etablierung der Corporate Governance muss in Übereinstimmung mit den Unternehmenszielen geschehen. 
  • Die Umsetzung erfolgt im Idealfall schrittweise, sodass nicht alle Leitlinien gleichzeitig umgesetzt werden müssen. Durch eine solches organisches Wachstum entsteht Vertrauen in die Corporate Governance-Strukturen. 
  • Gezieltes Change Management sollte den Prozess unterstützen. 

Sind dieses Kriterien erfüllt, kann Corporate Governance sein Erfolgspotenzial auch in kleinen und mittleren Unternehmen entfalten, ist sich Claudia Kreipl sicher. Dieses sei durch eine Vielzahl an Studien belegt, die nachweisen, dass Unternehmen mit einer guten Corporate Governance ein besseres langfristiges Unternehmensergebnis aufweisen.

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