Kaum ein anderes Medium der Internen Kommunikation hat die Zeit besser überdauert als die Mitarbeiterzeitung. Doch jetzt steht ein Wandel an.
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Verkündungsorgan oder Dialogmedium? Mitarbeiterzeitschriften sind so alt wie die industrielle Revolution. Ein guter Grund ihre Anforderungen zu hinterfragen.
Sie ist nicht totzukriegen, die Mitarbeiterzeitschrift, aber sie wird sich verändern müssen, so das Fazit der aktuellen Studie von Kuhn, Kammann & Kuhn und der SCM – School for Communication and Management mit 385 Experten der Unternehmenskommunikation. Rund 2.000 Titel stark und mit einer Auflage in zweistelliger Millionenhöhe schätzt die Deutsche Public Relations Gesellschaft e.V. (DPRG) den heimischen Markt der Mitarbeiterzeitschriften ein. Seine Bedeutung unterstützt der Branchenverband seit 19 Jahren mit dem angesehenen Wettbewerb für Medienformate der Internen Unternehmens- und Organisationskommunikation "inkom.Grand Prix“. Auf dem Prüfstand steht die Leistungsfähigkeit des Corporate Publishings nach Innen. Einer Kommunikationskultur also, die auf den Mitarbeiter als Repräsentant und Botschafter seines Arbeitgebers zielt. Es geht um Image, Bindung und Identifikation, aber auch darum, den Mitarbeiter an jeder Ecke seines Arbeitsplatzes adäquat abholen zu können.
Noch immer bestimmen die Zentralredaktionen
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„Die Mitarbeiter erwarten zunehmend, dass ihr Arbeitgeber ihnen Möglichkeiten der Information und des Dialogs bietet, die sie in ihrer privaten Nutzung von Internet und Social Media gewohnt sind“, schreibt Marco Olavarria in seinem Buchkapitel „Viel mehr als ein Kundenbindungsinstrument“ (Seite 21). Und genau daran hapert es der genannten Studie zufolge. Der Status Quo der Mitarbeiterzeitung ist, das sie drei bis fünf Mal pro Jahr gedruckt (84,6 Prozent) und als statisches PDF (59,3 Prozent) erscheint. Statt Mitarbeiterpartizipation bei der Themenfindung (17,5 Prozent) herrscht noch immer Top-Down-Kommunikation, auch wenn 76,8 Prozent der Befragten die Mitarbeiter bei Themen und Formaten mitbestimmen lassen möchten. Zwischen Anspruch und Wirklichkeit klafft also noch eine Lücke, die sich den Expert zufolge aber bald schließen wird. Denn 86,0 Prozent setzt für die Zukunft auf Online-Ausgaben, 69,4 Prozent auf Magazin-Apps und 46,3 Prozent auf interaktive PDFs. Noch kommen Magazin-Apps und interaktive PDFs zusammen auf 13,9 Prozent.
Der kritische Blick festigt die Glaubwürdigkeit
Die Zukunft, da ist sich auch Marco Olavarria sicher, gehört den „kontaktstarken und wirkungsvollen Mitarbeitermedien“ (Seite 21), die „kritische“ Themen nicht scheuen und zum Dialog mit der Führungsetage einladen. „So gewinnen sie aus Sicht der Rezipienten deutlich an Glaubwürdigkeit und steigern letztlich gerade im objektiv-kritischen Umgang mit Themen ihren Impact auf die positive Haltung der Mitarbeiter“. Statt der Verkündung von Botschaften von „oben“ empfiehlt der Autor folgende Corporate-Publishing-Strategien (Seite 21) :
• hintergründige, spannende, emotionale Geschichten
• Vermittlung nutzwertiger Informationen
• nicht-werblichen Ansprache der Zielgruppen
• interessante Gaben (hochwertigen Zeitschrift oder nutzwertigen Service-App)
Ist Dialog via Mitarbeiterzeitung überhaupt möglich?
Doch kann eine Mitarbeiterzeitschrift wirklich als Dialogmedium im engen Sinne fungieren? Thomas Becker verneint diese Frage in seinem Buchkapitel „Medienmanagement als Führungsinstrument“. Die Aufgabe von Mitarbeiterinformationssystemen sei, die Identifikation des Mitarbeiters mit dem Unternehmen zu festigen und die Relevanz von Themen zu vermitteln. „Während Relevanzfaktoren meist durch kurzfristige Erfolgsnachrichten unterstützt werden, die man digital oder durch Aushang bereitstellt, brauchen Identifikationsfaktoren eher visuelle oder haptische Kommunikationsmittel“ (Seite 223). Den Mitarbeiter zu motivieren oder gar den Dialog zu fördern, sprenge unterdessen die Ziele einer Mitarbeiterzeitschrift. Denn, so ist sich der Autor sicher, Motivation realisiert sich in der Arbeitssituation. Und: „Um Dialoge zu fördern, müsste ein Mitarbeitsinformationssystem anecken bzw. pointieren, was es üblicherweise nicht macht“ (Seite 222).