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19.03.2018 | Corporate Social Responsibility | Schwerpunkt | Online-Artikel

Klimarisiken müssen beim Namen genannt werden

verfasst von: Michaela Paefgen-Laß

3:30 Min. Lesedauer

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Klimarisiken rangieren an der Spitze der Bedrohungen für Unternehmer und Anleger. Diese transparent zu machen wird zunehmend Pflicht. In den meisten Unternehmensberichten sucht man den Klimawandel aber vergebens.

Die Welt verabschiedet sich allmählich von der Kohle. Bei der Weltklimakonferenz Mitte November in Bonn schlossen sich mehr als 20 Länder, Bundesstaaten, Provinzen und Städte zum internationalen Bündnis für den Kohleausstieg zusammen. Im kommenden Jahr soll sich die "Powering Past Coal Alliance" auf 50 Partner erweitert haben. Auch Unternehmen sind zum Beitritt aufgefordert. Während Frankreich, Kanada und Großbritannien deutliche Taten gegen die Kohlenversstromung ankündigten, blieb Kanzlerin Merkel Signale über den Ausstieg Deutschlands aus der klimaschädlichen Kohlenutzung schuldig. Auch im Koalitionsvertrag der Groko fehlt das Thema Umwelt- und Klimaschutz, kritisierte Bündnis 90/Die Grünen.  

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Die CO2-Blase zwingt zu mehr Transparenz

Der klimapolitische Ton von Politik, Verbänden und NGOs verschärft sich. So forderte der WWF die Wirtschaftsmächte dazu auf, Standards für das Reporting von Klimarisiken zu vereinbaren und die Klima-Task-Force (TCFD) des Finanzstabilitätsrates (FSB) legte die Empfehlung vor, dass Unternehmen deren Umsatz auf Nutzung fossiler Brennstoffe beruht, ihre Klimarisiken freiwillig offenlegen sollen. Gleiches gilt für Investoren. Die Arbeitsgruppe mit Michael R. Bloomberg und Mark Carney als Vorsitz warnte mit Blick auf die Finanzkrise von 2008 vor falschen Bewertungen von Anlagen mit Klimarisiken durch Investoren. Motor ist die Angst vor einer CO2-Blase, der Carbon Bubble, und einer neuerlichen Finanzkrise: Without the right information, investors and others may incorrectly price or value assets, leading to a misallocation of capital. 

"Als Brancheninitiative möchte die Task Force die systematische Betrachtung von Klimarisiken in den Mainstream tragen und der fundierten Bewertung, Bepreisung sowie dem Management von Klimarisiken zu einem neuen Selbstverständnis verhelfen", schreiben die Springer-Autoren Meike Frese und Bernhard Colsman in ihrem Buchkapitel über die Nachhaltigkeitsberichterstattung (Seite 77). Mit ihren Empfehlungen in den Bereichen Governance, Strategie, Risikomanagement und Messzahlen / Ziele richtet sich die Task-Force gezielt an Unternehmen, die von den Risiken betroffen sind. Doch nur jedes Vierte der größten Unternehmen weltweit legt die finanziellen Risiken des Klimawandels offen, wie eine aktuelle Studie zeigt.

Reporting, Note mangelhaft

Für den "Survey of Corporate Responsibility Reporting 2017" analysierte die Wirtschaftsprüfungsgesellschaft KPMG 4.900 Geschäftsberichte der jeweils 100 größten Unternehmen in 49 Ländern sowie die Berichte der 250 umsatzstärksten Unternehmen weltweit. Nachhaltigkeitsthemen werden von 60 Prozent der Unternehmen im Jahresabschluss berücksichtigt, wie der Klimawandel sich auf das Geschäft auswirkt, wird aber nur von 28 Prozent berichtet. Mehrheitlich transparentes Reporting über die finanziellen Risiken des Klimawandels legen vor allem Unternehmen aus Ländern mit Berichtspflicht oder zumindest Empfehlung an den Tag: Taiwan (88 Prozent), Frankreich ( 76 Prozent), Südafrika (61 Prozent), USA (53 Prozent) und Kanada (52 Prozent). 

Vor allem Unternehmen aus der Papier- und Forstwirtschaft gehen mit gutem Beispiel voran und benennen klimabedingte Finanzrisiken (44 Prozent). Nachholbedarf besteht bei den Finanzdienstleistern (24 Prozent). Wer seine Risiken nicht offenlegt, muss den Verlust von Investoren einkalkulieren. Banken, Versicherungen oder Pensionsfonds werden künftig Wert darauf legen, Klimarisiken zu kennen und zu vermeiden. Das bestätigt eine Studie der britischen Großbank HSBC. Zwei Drittel (68 Prozent) der für die Studie "Surveying corporate issuer and investorattitudes to sustainable finance" befragten 497 Investoren planen 2018 vermehrt in CO2-effiziente Anlagen zu investieren und 56 Prozent von ihnen hält die Berichterstattung der Unternehmen über Kohlenstoffemissionen für mangelhaft. 

Das Wesentliche wird immer komplizierter

Geschäftsberichte beruhen auf dem Grundprinzip der Wesentlichkeit. Das bedeutet, dass sie sich auf für Stakeholder relevante Themen fokussieren müssen. Aber Nachhaltigkeitsthemen sind komplex und sollten verstanden werden, bevor sich darüber mitteilen lässt. Was wesentlich ist, lässt sich immer schwerer vorhersagen. Was hilft? Wesentliches bestimmt sich zum einen durch die individuellen Prozesse eines jeden Unternehmens sowie durch die Themensetzung der Branche. Aufschlussreich sind nach Ansicht von Meike Frese und Bernhard Colsman die Anforderungen von Ratingagenturen. "Ratingagenturen agieren nicht im luftleeren Raum, sondern sind ein Spiegel der gesellschaftlichen Anforderungen an Wirtschaftsakteure" (Seite 146). Beim Klimareporting kommt als Anforderung hinzu, dass die zunehmende Konkretheit des Themas Unternehmen dazu zwingt "deutlich über vage Absichtserklärungen hinauszugehen und ihre Maßnahmen zu verzielen" (Seite 181).

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