Generative KI demonstriert, wie wichtig ein gewissenhafter Umgang mit Künstlicher Intelligenz ist. Das Konzept für diese digitale Verantwortung von Unternehmen heißt Corporate Digital Responsibility, kurz CDR. Was sich hinter dem Begriff verbirgt.
Die Verantwortung von Unternehmen in der digitalen Welt steigt durch KI, Maschinelles Lernen oder Cyber-Risiken.
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Die Übernahme digitaler Verantwortung betrifft praktisch jedes Unternehmen. Denn wo IT zum Einsatz kommt, spielt in der Regel auch Datenverarbeitung eine Rolle. Und die Digitalisierung schreitet immer schneller voran und wirft in Firmen ethische Fragen im Umgang damit auf. Das Spektrum der Anwendungsfälle reicht von Cookies über Persönlichkeitsprofile oder KI-basierten Datenprodukten (Künstliche Intelligenz) bis hin zu People Analytics.
Der Begriff für den verantwortungsvollen Umgang mit Daten und Technologien im digitalen Raum lautet 'Corporate Digital Responsibility' (CDR). Er meint die unternehmerische Verantwortung für die Folgen der Digitalisierung und wurde im Jahr 2015 von der Unternehmensberatung Accenture geprägt, so Benjamin Desche, Experte für digitales Marketing.
Aus CSR wird CDR
"Das Konzept Corporate Social Responsibility erfährt ein Upgrade: Es wird erweitert um die Corporate Digital Responsibility (CDR)", heißt es in der Studie "Corporate Digital Responsibility - Wie Unternehmen im digitalen Wandel Verantwortung übernehmen", mit der das Institut für ökologische Wirtschaftsforschung (IÖW) in Berlin nach eigenen Angaben ein wissenschaftlich fundiertes CDR-Konzept vorlegt.
Und auch das Bundesministerium für Arbeit und Soziales definiert auf einer Website zum Thema: "Wie bei CSR geht es bei einer unternehmerischen Digitalverantwortung um Ethik und die Frage nach der gesellschaftlichen Verantwortung von Unternehmen." Der ehrbare Kaufmann, der sich neben seinen wirtschaftlichen Interessen auch um das Wohl der Menschen kümmert, sich sozial engagiert und seine Produkte möglichst ökologisch sowie unter Wahrung der Menschenrechte produzieren lässt, muss sich also nun auch im digitalen Raum integer zeigen.
Digital x CSR = CDR. Oder ausformuliert: Digital mal Corporate Social Responsibility ergibt Corporate Digital Responsibility.
Carsten Skerra, in "Innovatives und digitales Marketing in der Praxis" (2023), Seite 171.
Unternehmerische Digitalverantwortung ist ausbaufähig
Die IÖW-Wissenschaftler identifizieren drei zentrale Aspekte digitaler Verantwortung, bei denen Unternehmen bislang wenig kritisches Bewusstsein in Hinblick auf Risiken und Nebenwirkungen digitaler Technologien für die Mitarbeitenden, den Datenschutz oder den Klimawandel zeigen:
- Umgang mit personenbezogenen Daten,
- automatisierte Entscheidungssysteme,
- sozial-ökologische Auswirkungen der Digitalisierung.
Letztendlich geht es darum, als Organisation im Umgang mit Daten transparent zu sein, digitale Anwendungen und Künstliche Intelligenz für Mitarbeitende und Kunden verantwortungsvoll einzusetzen oder auch darüber nachzudenken, wie die Beschäftigungsfähigkeit der Belegschaft trotz digitaler Innovationen erhalten werden kann. Aber auch der ökologische Fußabdruck der Digitalisierung gehört auf den Prüfstand, beispielsweise bei der sehr energieintensiven Blockchain.
Verantwortungsvolle Unternehmensführung im digitalen Raum
Benjamin Desche ermittelt auf Grundlage der aktuellen Forschung zum Thema vier Verantwortungsdimensionen der Corporate Digital Responsibility:
- Ökologie: Hierbei geht es darum, die Digitalisierung für ökologische Nachhaltigkeitsziele zu nutzen und negative Effekte der Digitalisierung für die Umwelt zu minimieren.
- Soziales: Die Digitalisierung kann für soziale Nachhaltigkeitsziele eingesetzt werden und um die Folgen der Digitalisierung auf die Gesellschaft zu reduzieren
- Ökonomie: Die digitale Transformation unterstützt bei der Entwicklung neuer, nachhaltiger Geschäftsmodelle.
- Datenverantwortung: CDR leistet einen Beitrag zu Datenschutz und -sicherheit sowie einem verantwortungsvollen Einsatz algorithmischer Entscheidungen.
Zwar setzen Unternehmen digitale Verantwortung grundsätzlich freiwillig um, und zwar so, dass die Aktivitäten "über das heute gesetzlich Vorgeschriebene hinausgehen und die digitale Welt aktiv zum Vorteil der Gesellschaft mitgestalten", erklärt das Bundesministerium der Justiz (BMJ). Allerdings bilden beispielsweise die Datenschutzgrundverordnung (DSGVO), der EU AI Act sowie der Digital Services Act (DSA) rechtliche Grundlagen.
CDR-Konzept erweitert verantwortungsvolle Unternehmensführung
Bereits 2019 konstatierte Susanne Knorre, die an der Hochschule Osnabrück Unternehmensführung, Change Management, Kommunikationscontrolling, Wirtschaftswissenschaften für Kommunikationsmanager sowie Unternehmenskommunikation lehrt, im Gespräch mit Springer Professional Management + Führung:
Corporate Digital Responsibility ist eine unverzichtbare Dimension der verantwortungsvollen Unternehmensführung. Das Vertrauen der Stakeholder ist die eigentliche Währung der digitalen Wirtschaft. Vertrauen gewinnt man aber nicht mehr nur durch Compliance mit den Datenschutzgesetzen. Von Unternehmen wird zukünftig erwartet, die Chancen von Big Data beziehungsweise Künstlicher Intelligenz proaktiv zu nutzen, und zwar sowohl für privatwirtschaftliche als auch soziale Zwecke, zum Beispiel bessere Medikamente, höhere Sicherheit oder klimaschonenderes Leben und Wohnen. Das ist vielleicht die Utopie, die sich der Big-Brother-Dystopie entgegenstellen lässt."
Das CDR-Konzept ist also für Unternehmen nicht nur eine Last oder eine weitere Herausforderung, sondern auch eine Chance, etwa KI-Tools wie Chat GPT transparent und ethisch einzusetzen, Mitarbeiter im Umgang mit Künstlicher Intelligenz zu schulen, Kunden besser anzusprechen und letztendlich durch unternehmerische Digitalverantwortung alle Stakeholder zu überzeugen.