Der deutsche Markt für Crowdfunding wächst. Nach Ergebnissen einer global angelegten Studie der University of Cambridge und der Wirtschaftsprüfergesellschaft KPMG ist das Volumen allein zwischen 2014 und 2015 um fast 80 Prozentpunkte gestiegen. Ausgereichte Unternehmensdarlehen nehmen mit einem Volumen von 50 Millionen Euro der Studie zufolge den zweitgrößten Anteil nach Konsumentenkrediten ein. Vor allem Gründer-Unternehmen nutzen Schwarmfinanzierungsmodelle zunehmend als alternativen Finanzierungsweg. Im Zeitraum von Januar bis März 2017 wurden nach Angaben von crowdinvesting.de im Unternehmenssektor Projekte in Höhe von 5,1 Millionen Euro erfolgreich finanziert. Das entspricht einem Plus von 69 Prozent im Vergleich zum Vorjahreszeitraum.
Weniger Beschränkungen
Aufgrund dieser Entwicklung rückt auch die Schwarmfinanzierung in den Fokus der Regulierung. Jamal El Mallouki, Vorstandsvorsitzender des Bundesverbands Crowdfunding und Geschäftsführer von Crowddesk, forderte bei der Anhörung zum Kleinanlegerschutzgesetz am 26. April 2017 vor der Bundesregierung, dass zur Stärkung des Finanzierungswegs bestehende Beschränkungen für Crowdfunding gelockert und Ausnahmen auch auf andere Bereiche angewandt werden.
Der deutsche Markt für Crowdfinanzierung könnte gestärkt werden, wenn aus Sicht des Verbands
- die Schwarmfinanzierungsausnahme von bisher 2,5 Millionen Euro auf fünf Millionen Euro erhöht und Finanzierungsprojekte bis zu diesem Betrag von der Prospektpflicht ausgenommen werden,
- eine Limitierung der Schwarmfinanzierung auf so genannte partiarische Darlehen, also Beteiligungsdarlehen, wegfällt und
- die Höchstgrenze von 10.000 Euro je Anleger und Projekt in diesem Bereich gestrichen werden.
Vor dem Hintergrund der EU-weiten Novellierung des Prospektrechts sollen stattdessen individuelle Begrenzungen greifen, die relativ zum Potenzial des Anlegers ausfallen sollen. Zudem könnte die Befreiungsvorschrift für Schwarmfinanzierungen im Rahmen der Evaluation des Kleinanlegerschutzgesetzes auf alle Vermögensanlagen sowie Wertpapiere ausgeweitet werden. El Mallouki glaubt, dass so "ein einheitlicher Regulierungsrahmen" entstehen kann und das Marktwachstum nicht weiter künstlich gehemmt werde.
Crowdfunding als Finanzierungsinstrument nutzen
Dass sich Crowdfunding als nachhaltiges Finanzierungsinstrument etabliert, betonen die Springer-Autoren Silvano Dragonetti und Professor Engelbert Weiss im Kapitel "Crowdfunding als neue Art der Finanzierung" des Buchs "Unternehmensentwicklung". Sie führen an, dass sich der Markt allerdings noch in einer Wachstumsphase befindet und noch unklar ist, wie viele dieser Anbieter sich langfristig im Markt etablieren können, denn derzeit drängen immer mehr Plattformanbieter aus dem Fintech-Sektor auf den Markt. In Teilen hat Crowdfunding aus Sicht der Autoren in bestimmten Personengruppen und Unternehmen schon zu einer Veränderung der Finanzierungsgewohnheiten geführt. Vor allem in der reduzierten Komplexität bei Finanzierungsvorgängen zwischen Kapitalsuchenden und Investoren sehen die Crowdfunding-Experten Vorteile. Für entsprechende Finanzierungsplattformen ist es wichtig, attraktive Vorhaben und gute Investitionsmöglichkeiten vorzuhalten. Überdies sei es laut Dragonetti/Weiss entscheidend, die regulatorischen Voraussetzungen einzuhalten, um das Vertrauen von Investoren und Darlehensnehmern in die Finanzierungsform zu stärken, beispielsweise durch die Zertifizierung einer Finanzaufsicht.