Im November 2022 hat das EU-Parlament für die neue Corporate-Sustainability-Reporting-Richtlinie gestimmt, die Unternehmen veränderte Vorgaben für das Nachhaltigkeitsreporting macht. Diese sind in der Umsetzung hochkomplex. Doch der Aufwand lohnt.
In der Europäischen Union tätige Unternehmen müssen sich künftig an die neue Corporate Sustainability Reporting Directive, kurz CSRD, halten. Die neue Richtlinie zur Nachhaltigkeitsberichterstattung verlangt von vielen Unternehmen in der Europäischen Union, dass sie in ihren Lageberichten bestimmte Umwelt-, Sozial- und Governance-Informationen (ESG) offenlegen. Das ist ein bedeutender Wandel in der Art und Weise, wie Unternehmen in der EU bei der Nachhaltigkeitsberichterstattung vorzugehen haben. Um die Konformität sicherzustellen, müssen Unternehmen jedoch einige Herausforderungen meistern.
Unternehmen müssen ESG-Informationen offenlegen
Die neue Richtlinie verlangt von den Unternehmen die Offenlegung eines breiten Spektrums von Informationen, einschließlich ihrer Treibhausgasemissionen, ihrer Ressourcennutzung, ihres Konzepts für Vielfalt und Integration sowie ihres Engagements mit den Stakeholdern. Ein komplexer und zeitaufwändiger Prozess, der insbesondere für große Unternehmen mit Standorten in mehreren Ländern den Umsetzungsaufwand signifikant erhöht.
Eine weitere Herausforderung: Unternehmen müssen zuverlässig sicherstellen, dass die von ihnen offengelegten Informationen korrekt und zuverlässig sind. Im Zuge dessen sind sie verpflichtet, die ESG-Angaben von unabhängigen Dritten überprüfen zu lassen. Stellt sich heraus, dass der Nachhaltigkeitsbericht eines Unternehmens ungenau oder irreführend ist, können neben erheblichen Reputationsrisiken und je nach nationaler Gesetzgebung auch regulatorische Folgen entstehen.
Schließlich definiert die CSRD auch neue Transparenzstandards: Unternehmen sind verpflichtet Informationen klar, präzise und prägnant zu vermitteln, so dass sie für die Stakeholder echten Mehrwert bieten. Das gestaltet sich schwierig, wenn viele Unternehmen als Ganzes oder einzelne ihrer Fachbereiche auch intern noch kein klares Verständnis und entsprechende Kennzahlen für die ESG-Ein- und Auswirkungen ihres Betriebs herstellen konnten.
Jenseits reiner Compliance: EU-Taxonomie und doppelte Materialität
Im Dunstkreis der neuen CSRD fällt auch oft der Begriff der EU-Taxonomie. Diese betrifft zwar auch Compliance mit den darin festgelegten Berichtspflichten, kann aber über eine reine Compliance-Übung hinaus als hilfreicher Indikator dienen. Die Taxonomie definiert eine Reihe von technischen Kriterien, welche Tätigkeiten als ökologisch nachhaltig gelten können.
Als gemeinsamer Rahmen für die Klassifizierung ökologisch nachhaltiger Wirtschaftstätigkeiten soll sie zwar Investoren und anderen Marktteilnehmern helfen, Unternehmen und Projekte zu identifizieren, die mit den Klima- und Energiezielen der EU übereinstimmen – kann aber für die ESG-Ziele und Kennzahlen auch intern eine starke Orientierung bieten.
Ein Grundpfeiler für die neue Richtlinie ist die doppelte Materialität. Nachhaltigkeitsthemen setzen sich demzufolge aus zwei Perspektiven zusammen – inside-out und outside-in. Outside-in betrachten Unternehmen die finanzielle Wesentlichkeit: Welche Auswirkungen haben der Klimawandel, die Wasserbelastung oder die Biodiversität auf unseren Unternehmenserfolg? Auf der anderen Seite betrachten sie inside-out, welche Effekte das eigene Handeln auf Verbraucher, Zivilgesellschaft, Anleger und Umwelt bewirken. Ein Bewusstsein, das ganz prinzipiell auch abseits der CSRD lohnen kann. Denn so liefert sie Impulse für Unternehmen, sich resilienter, nachhaltiger und verantwortungsvoller aufzustellen.
Doch die Umsetzung ist hochkomplex und bindet wichtige Ressourcen. Damit sie nicht den Betrieb erdrückt, müssen insbesondere kleine und mittelständische Unternehmen so früh wie möglich ihre strategischen und organisatorischen Weichen stellen.
Reporting-Prozesse, Daten und Technologien
Für prüfsichere Berichte kommt es insbesondere auf klar definierte Standardprozesse zur Datenerhebung an. Sie stellen nicht nur die Verlässlichkeit der Daten sicher, sondern auch die Effizienz ihrer Erhebung. Tatsächlich verfügt laut einer aktuellen Pwc-Umfrage nur jedes fünfte Unternehmen über einen standardisierten Prozess, um zuverlässig etwa Taxonomie-relevante Daten zu erheben. Fehlt dieser, zeichnen Berichte ein unvollständiges und irreführendes Bild der Nachhaltigkeitsleistung.
Doch welche Daten sind als Basis für die Berichterstattung geeignet – und wie finden Unternehmen das heraus? Wie immer gilt: Das kommt darauf an. Konzerne nutzen häufig Impact-Bewertungen über die gesamte Wertschöpfungskette: Wie steht es um Materialflüsse und Asset-Strukturen? Welche Auswirkungen hat unser Abfallmanagement, CO2-Fußabdruck und Wasserverbrauch? Je kleiner die Organisation, desto qualitativer sind oft die Analysen. So kennt beispielsweise der Möbelbauer seinen Holzzulieferer, hat bei einer Betriebsbegehung die Arbeitsbedingungen erlebt und weiß, welche Umweltauswirkungen die eingesetzte Beize hat.
Dritter Hebel für Unternehmen ist die richtige Technologie. Erst rund jedes dritte (31 Prozent) nutzt dezidierte Tools für die Nachhaltigkeitsberichterstattung. Platzhirsch bleibt in der Pwc-Umfrage mit 72 Prozent Excel. Das birgt Risiken für die Prüfsicherheit und bietet kaum eine geeignete Basis für mehr Empirie in der eigenen Wertschöpfungskette. Zudem sind solche Technologien oft ineffizient.
Die Entlastungspotenziale der Automatisierung bleiben ungenutzt und manuelle Arbeit schafft neue Fehlerquellen. Die richtige Technologie erlaubt außerdem Schnittstellenanalysen, die zuvor verborgene Zusammenhänge aufdecken. Das hilft nicht nur bei der Umsetzung der CSRD, sondern steigert die eigene Resilienz – und die ist wie die globalen Bemühungen zu mehr Nachhaltigkeit an sich vor allem eines: wesentlich.