Wer sich Ziele setzt, braucht Instrumente, um ihre Erreichung und den Erfolg von Maßnahmen messen zu können. Doch wenn es um ökologische Nachhaltigkeit geht, setzen noch wenige Unternehmen auf Standards oder Normen.
Ein Nachhaltigkeitskonzept umfasst viele einzelne Bausteine. Es braucht Standards, um die darin definierten EG-Ziele auch zu erreichen.
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Standards und Normen haben einen großen Nutzen für eine nachhaltige Unternehmensführung. Sie können regelrecht als Unterstützung dafür bezeichnet werden, heißt es im Abstract des Buchs "CSR und Nachhaltigkeitsstandards".
Was in den Ohren von Experten vielleicht wie eine Binsenweisheit klingt, hat Unternehmen aber längst noch nicht durchdrungen, ergibt eine globale Umfrage des Assurance-Dienstleisters LRQA, für die rund 1.100 Fachleute in Unternehmen aus dreizehn Branchen und elf Ländern, darunter auch Deutschland, befragt wurden.
Standards fehlen, aber es gibt Nachhaltigkeitshürden
Nur 38 Prozent der Umfrageteilnehmer sagen demnach, dass ihr Unternehmen mindestens einen Standard für das Nachhaltigkeitsmanagement nutzt, um seine Ziele besser zu erreichen. Auffällig ist, dass mehr Firmen (55 Prozent) von ihren Zulieferern eine externe Überprüfung fordern, als sie sich selbst einer solchen zu unterziehen. Laut Studie durchlaufen nur 46 Prozent einen entsprechenden unabhängigen Check.
Und auch bei der Umsetzung läuft nicht alles glatt. 93 Prozent der Befragten Nachhaltigkeitsverantwortlichen nennen mindestens ein Hindernis, was ökologische Nachhaltigkeitsziele intern torpediert, darunter Kompetenzmangel, fehlende Ressourcen, Komplexität und Kosten.
UN-Nachhaltigkeitsziele als Basis
Um überhaupt einen ersten Zugang zu Nachhaltigkeitsstandards zu bekommen bieten die 17 UN-Nachhaltigkeitsziele, Sustainable Development Goals (SDG), einen Anknüpfungspunkt, schreiben Michael Kaminski-Nissen und Stephan Bongwald im Buchkapitel "Mit den Sustainable Development Goals nachhaltiges Handeln in Unternehmen positionieren und gestalten". Denn mit Hilfe dieser Kriterien können "auf Basis einer global verbindlich definierten Plattform Nachhaltigkeitsaktivitäten von Unternehmen wie auch im Rahmen von Projekten weitaus individueller, differenzierter und dynamischer" dargestellt und analysiert werden als nur mit den Kategorien Ökologie, Soziales und Ökonomie (Seite 58).
Die 17 Sustainable Development Goals (SDG) geclustert nach den drei klassischen Dimensionen der Nachhaltigkeit (Zahlen je SDG unten rechts entspricht der Anzahl der jeweiligen Unterziele).
Buch "CSR und Nachhaltigkeitsstandards" (2022), Seite 59.
Zudem seien die SDG bereits mit vielen Initiativen, Vorlagen und Standards in Hinblick auf Nachhaltigkeit und Berichterstattung verknüpft wie beispielsweise dem Deutsche Nachhaltigkeitskodex (DNK). Die Springer-Autoren sehen in den SDG daher einen Einstiegs- und Konsolidierungspunkt für Kommunikation, Reporting und Management von Nachhaltigkeitsaktivitäten sowie für deren Vergleichbarkeit.
Richtschnur Deutscher Nachhaltigkeitskodex
Der DNK enthält 20 Hauptkriterien zu Strategie, Prozessmanagement, Umweltbelange, Arbeitnehmerbelange und Gesellschaft sowie Unternehmensführung, die Unternehmen als Richtschnur zu mehr Nachhaltigkeit dienen können:
- Strategie
- Wesentlichkeit
- Ziele
- Tiefe der Wertschöpfungskette
- Verantwortung
- Regeln und Prozesse
- Kontrolle
- Anreizsysteme
- Beteiligung von Anspruchsgruppen
- Innovations- und Produktmanagement
- Inanspruchnahme natürlicher Ressourcen
- Ressourcenmanagement
- Klimarelevante Emissionen
- Arbeitnehmerrechte
- Chancengerechtigkeit
- Qualifizierung
- Menschenrechte
- Gemeinwesen
- Politische Einflussnahme
- Gesetzes- und richtlinienkonformes Verhalten
Nachhaltigkeitsverifizierung scheitert an Ressourcen
Heather Moore, technische Direktorin für Nachhaltigkeit in der Lieferkette bei LRQA, schlägt angesichts der Studienergebnisse jedenfalls Alarm und warnt Unternehmen davor, sich auf die eigene Verifizierung zu verlassen, die schwer zu überwachen sei und kaum präzise Berichte zuließe.
Denn mangelnde Transparenz könne schwerwiegende Folgen haben und das Vertrauen von Investoren und Kunden untergraben. Als besonders besorgniserregend bezeichnet sie den Mangel an Ressourcen, der nach Angaben der Umfrageteilnehmer die Überprüfung von Umweltzielen und -verpflichtungen verhindere, "obwohl anerkannt wird, wie wichtig die standardkonforme Verifizierung ist."