Auf dem Dach eines Bürogebäudes in Oberhausen sollen zukünftig nachhaltige und regionale Lebensmittel produziert werden. Dazu werden zum Beispiel Wasserströme oder Abwärme aus dem Gebäude zur Pflanzenversorgung verwendet.
Im September 2017 fand die Grundsteinlegung zum Bau des Jobcenters am Altmarkt in Oberhausen unter Beisein der damaligen Bundesumweltministerin Barbara Hendricks statt. Beim Richtfest im Juni 2018 war der im März 2019 zur Autobahn GmbH des Bundes gewechselte Staatssekretär Gunther Adler mit dabei.
Diese Besuche in der Großstadt des westlichen Ruhrgebiets hatten ihren Grund. Denn dort wird nicht einfach ein Gebäude gebaut. Auf dem Dach des Verwaltungsgebäudes entsteht ein Dachgewächshaus. "Das Bauwerk wird weit über die Stadtgrenzen hinaus für Aufmerksamkeit sorgen, weil es gestalterisch und durch die außergewöhnliche Begrünung Maßstäbe setzen wird. Das Gebäude ist ökologisch sinnvoll und wird das Quartier deutlich aufwerten", sagte demnach auch Oberbürgermeister Daniel Schranz beim Richtfest zum Projekt, für dessen Umsetzung die Stadttöchter Verwaltungszentren Oberhausen GmbH (VZO) und Oberhausener Gebäudemanagement GmbH (OGM) verantwortlich sind. Die Entwürfe stammen vom Berliner Büro Kuehn Malvezzi Projects GmbH. Und Maßstäbe ebenso daher, da mit dem Projekt die Themen Gebäudetechnik, Haustechnik und Lebensmittelproduktion in einer Innenstadt miteinander vernetzt werden.
Nachhaltig bauen, produzieren und konsumieren
"Was wäre, wenn der 'Verzehr aus heimischem Anbau' bedeutete, seine Lebensmittel aus einem örtlichen Supermarkt zu beziehen, über dem ein Farmbetrieb mit 30 Stockwerken liegt? Was wäre, wenn aus den Hängenden Gärten von Babylon die Hängenden Gemüsegärten von Brooklyn würden?", fragt auch Richard Watson im Kapitel "Präzisionslandwirtschaft" des Springer-Fachbuchs "50 Schlüsselideen der Zukunft". So habe Dickson Despommier, Professor an der Columbia University, bereits 1999 die Idee von vertikalen Stadtfarmen entwickelt, und sein Konzept habe offenbar die Fantasie zahlreicher Architekten in aller Welt angeregt. Watson schreibt weiter: "Bis 2050 werden 80 Prozent der Weltbevölkerung in Städten leben. Angesichts des zunehmenden Bedarfs an Land und Anbauflächen sowie der zunehmenden Notwendigkeit, die Transportwege zu verkürzen, werden solche 'Hochaus-Farmen' vielleicht bald inmitten von Städten wie London und New York in den Himmel wachsen."
Auch in Oberhausen werden die Bausteine "nachhaltig bauen", "produzieren" und "konsumieren" miteinander kombiniert. Die für die Dachfarm nötige Technologie kommt vom Fraunhofer-Institut für Umwelt-, Sicherheits- und Energietechnik UMSICHT. In einem institutseigenen Photonik-Labor hatten die Wissenschaftler Materialien und Kultivierungssysteme, spezifische Lichtszenarien und neu entwickelte Kreislaufverfahren für Nährstoffe, Wasser und Energie dann für eine effektive Verknüpfung von Produktionssystemen und Gebäudeinfrastrukturen erforscht und getestet, um eine effektive Verknüpfung von Produktionssystemen und Gebäudeinfrastrukturen zu ermöglichen. Das erste Referenzprojekt für das unter dem Label "inFARMING®" laufende Konzept ist der "ALTMARKTgarten" in Oberhausen. Mit den entwickelten Technologien können dort künftig etwa Wasserströme oder Abwärme aus dem Gebäude zur Versorgung der Pflanzen verwendet, Transportwege minimiert, Abfälle reduziert und Stoffkreisläufe effizient geschlossen werden. Und nachhaltige und regionale Lebensmittel produziert werden.
Urban Gardening ist ein gesamtgesellschaftlicher Trend
Gefördert wird das Projekt "Altmarktgarten – Systemlösungen für Grün in der Stadt, Gestaltung und Bau eines gebäudeintegrierten Dachgewächshauses zur nachhaltigen Pflanzenproduktion und als Nukleus für städtebauliche Kultur- und Innovationsprozesse" durch das Bundesministerium für Umwelt, Naturschutz, Bau und Reaktorsicherheit im Rahmen des Bundesprogrammes "Nationale Projekte des Städtebaus". Ab Mitte 2019 soll der produktionsfähige Betrieb des Gewächshauses hergestellt sein.
Und so passt auch die Situationsbeschreibung, die Amrei Biedermann und Anna-Lena Ripperger im Kapitel "Das Phänomen Urban Gardening" des Springer-Fachbuchs "Urban Gardening und Stadtentwicklung" liefern: "Urban-Gardening-Projekte gibt es mittlerweile auch in kleinen und mittelgroßen deutschen Städten, und ständig kommen neue Projekte hinzu. Urban Gardening ist zum gesamtgesellschaftlichen Trend geworden – Stadtverwaltungen ernennen Urban-Gardening-Beauftragte und Baumärkte verkaufen Urban-Gardening-Zubehör."