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2018 | OriginalPaper | Buchkapitel

4. Das Gesicht der (Luxus-)Mode: die Göttin des Art déco, Tamara de Lempicka

verfasst von : Ester Saletta

Erschienen in: Luxus als Distinktionsstrategie

Verlag: Springer Fachmedien Wiesbaden

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Zusammenfassung

Die Gemälde von Tamara de Lempicka repräsentieren den weiblichen Blick auf Mode, Luxus und Lifestyle in den sogenannten Goldenen Zwanziger Jahren des 20. Jahrhunderts. Ihre Bilder dokumentieren objektiv und subjektiv die Evolution des Weiblichkeitsbegriffs in der Moderne. Das tradierte weibliche Schönheitsideal der Antike wird in zeitgenössischer Ästhetik überwunden und durch das (Selbst-)Bild einer der freien, selbstbestimmten und -bewussten Frau ersetzt. Der Blick des Mannes wird dadurch vollkommen hinfällig. In Haltung, Kleidung und Ausstrahlung repräsentieren die Modelle Lempickas ausschließlich sich selbst – ultimativer Ausdruck der weiblichen Emanzipation im Sinne einer sinnlich motivierten Selbstbefreiung. Auch das vermeintlich rein Dekorative birgt eine spezifische Ideologie. Ein Exkurs über den Film im Zeitalter des Art déco macht deutlich, dass die moderne Frau nicht allein auf das Medium der bildenden Kunst beschränkt blieb.

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Fußnoten
1
Tamara de Lempicka, am 16. Mai 1898 in einer großbürgerlichen Warschauer oder Moskauer (Lempickas geografische Herkunft ist unsicher und umstritten) Familie geboren, zeigt schon als Kind eine herrschsüchtige, eigenwillige und egozentrische Persönlichkeit. Als die Mutter ein zweites Mal heiratet, entscheidet sie aus Protest, bei ihrer Tante in Petersburg zu leben, wo sie das luxuriöse Leben kennenlernt, das sie fortan nicht mehr missen will. Dort begegnet sie im Alter von 16 Jahren dem gut aussehenden Anwalt Tadeusz de Lempicki, den sie zwei Jahre später heiratet. Zunächst können die beiden ihr luxuriöses Leben weiterführen, emigrieren jedoch aus den Wirren der russischen Oktoberrevolution 1918 nach Paris. Tadeusz findet keine Arbeit, die Tochter Kizette kommt zur Welt, und Tamara ist gezwungen, für den Unterhalt der Familie zu sorgen. Sie beginnt zu malen, nimmt Malunterricht zuerst bei Maurice Denis, dann bei André Lhote, der sie „den korrigierten Kubismus“ lehrt. Bewusst entscheidet sie sich gegen die Hungerleider-Perspektive der Avantgarde-KünstlerInnen und wählt einen Malstil, den Art déco, mit dem sie den Geschmack der Zeit trifft. Die Ehe mit Lempicki, der keinen Platz mehr in ihrem Leben hat, geht in die Brüche. Auf dem Höhepunkt ihres Lebens lernt sie den ungarischen Baron Kuffner kennen, dessen Heiratsantrag sie annimmt. Mit ihm emigriert sie aufgrund des Nationalsozialismus im Alter von 41 Jahren in die USA. Hier ist sie weiterhin wirtschaftlich unabhängig und kann sich bald die beliebteste Malerin Hollywoods nennen; doch vermag sie künstlerisch nicht mehr zu überzeugen. Ihr späterer Versuch, mit dem Nicht-Gegenständlichen ein Comeback zu schaffen, scheitert. Längst hat die Pop-Art von den USA Besitz ergriffen. Auf einer Ausstellung in New York muss die 64-Jährige erkennen, dass sie nicht mehr gefragt ist, und stellt bis zu ihrem Lebensende nicht mehr aus. Sie stirbt im Alter von 82 Jahren in Mexiko.
 
2
Der Art déco lässt sich vereinfacht als eine populäre, stilisierte Form des Kubismus beschreiben, die in Frankreich entstand und sich bis zum Ende der 1920er Jahre in ganz Europa bis hin zu den USA verbreitete. Betrachtet man den Art déco als eine avantgardistische Bewegung innerhalb der Moderne, gewinnt er dieselbe Tragweite wie Dadaismus und Surrealismus. Aber beim Art déco suchte man die Vereinfachung der Form, die Betonung der zentralen Linien und Kurven, die manierierte Überzeichnung gegenständlicher Formen hin zu fleischlicher Fülle oder ihre Reduktion bis zum Skeletthaften, die Hervorhebung symmetrischer oder paralleler Elemente, die Rückkehr zu einer einzigen Perspektive, die Darstellung der Attribute des modernen Lebens, die Thematisierung technischer Neuheiten, Kult des Individuums. All das zeigt eine deutliche Verbindung mit der Stilrichtung des Marktes.
 
3
Vgl. Otto Dix, Porträt der Journalistin Sylvia von Harden, bei welchem die sitzende Frau mit Bubikopf-Frisur, spitzem Gesicht, Monokel, verrutschtem Seidenstrumpf und groß kariertem Sackkleid in einer Berliner Bar eine Zigarette zwischen den Fingern hält, während das Cocktailglas auf dem Marmortisch auf sie wartet.
 
4
Interessant ist hier, dass Tamara de Lempickas Biografie eine bestimmte geheimnisvolle Wirkung hat, weil Ort und Datum von de Lempickas Geburt unsicher sind (vgl. Claridge 1999, S. 21 f.).
 
5
Vgl. auch Aélis Mazoyers Erinnerungen aus dem Jahre 1927, in denen die treue Vertraute des italienischen Dichters Tamara de Lempickas kurzen Aufenthalt am Gardasee bei D’Annunzios Palast „Il Vittoriale“ mit Ironie, Eifersucht und manchmal auch Bosheit skizziert.
 
6
Die plastisch gesteigerten Gesichter, das leuchtende Rot von Lippen und Nägeln – all dies steht im Widerspruch zu Ingres’ gemäßigtem Klassizismus. Auch wenn die Malerin sich auf klassische Künstler bezog, war die Nacktheit, die sie darstellte, ein Kommentar zur modernen Frau, die ihre sexuellen Bedürfnisse nicht verleugnete.
 
7
Beispiel dafür ist die Entscheidung der Redaktion des Frauenmagazins „Die Dame“, de Lempickas Autoporträt als Coverbild des Magazins auszuwählen.
 
Literatur
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Metadaten
Titel
Das Gesicht der (Luxus-)Mode: die Göttin des Art déco, Tamara de Lempicka
verfasst von
Ester Saletta
Copyright-Jahr
2018
DOI
https://doi.org/10.1007/978-3-658-21569-9_4