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2012 | Buch

Das interkulturelle Lehrerzimmer

Perspektiven neuer deutscher Lehrkräfte auf den Bildungs- und Integrationsdiskurs

herausgegeben von: Karim Fereidooni

Verlag: VS Verlag für Sozialwissenschaften

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Über dieses Buch

In diesem Buch widmen sich neue deutsche Lehrkräfte, die nach eigenem Empfinden schon längst Teil der deutschen Gesellschaft sind, die deutsche Sprache beherrschen und den sozialen Aufstieg durch Bildung geschafft haben, dem bundesdeutschen Bildungs- und Integrationsdiskurs.
Dieser Band vereint wissenschaftliche und narrative Perspektiven: Im ersten Teil stellen Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler ihre Sichtweise auf den Bildungs- und Integrationsdiskurs dar, bevor im zweiten Teil Lehrerinnen und Lehrer die Gelegenheit erhalten, von ihrer Bildungsbiographie und ihren praktischen Erfahrungen in der Institution Schule zu berichten.

Inhaltsverzeichnis

Frontmatter

Einleitung

Einleitung
Zusammenfassung
In der Einleitung stellt der Herausgeber die Intention dieses Bandes dar, indem er die Themen- und Fragenkomplexe, die die Autoren bearbeiten, vorstellt, bevor er in einem zweiten Schritt die Kernaussage jedes Beitrages zusammenfasst. Daran schließen sich die Aufsätze der Lehrkräfte und das Autorenverzeichnis an.
Karim Fereidooni

Perspektiven aus der Wissenschaft

Frontmatter

Der Migrations- und Integrationsdiskurs

Schlaglichter der bundesdeutschen Migrations- und Integrationspolitik seit 1945 bis zur Gegenwart
Zusammenfassung
Die deutsche Nachkriegsgeschichte ist eine Geschichte der Migration. Aufgrund des verlorenen Zweiten Weltkriegs, der wirtschaftlichen Prosperität und der Anwendung rechtsstaatlicher Prinzipien sind seit 1945 deutsche Flüchtlinge aus den ehemaligen Ostgebieten, DDR-Flüchtlinge, Arbeitsmigranten, politische Verfolgte und schließlich Arbeitssuchende im Zuge der Globalisierung in die Bundesrepublik Deutschland eingereist und haben hier ein neues Zuhause, eine neue Heimat gefunden. Diese neuen Deutschen haben durch ihren Zuzug die Sozialstruktur, die Identität, die Sprache und Kultur der Bundesrepublik Deutschland nachhaltig mit gestaltet und verändert.
Karim Fereidooni
Migration, Armut und Rassismus Aporien des Kampfes für Gleichberechtigung (nicht nur) im Bildungswesen
Zusammenfassung
Man kann mit sozialwissenschaftlich einwandfrei anerkannten Methoden Schichten, Lebenslagen, Milieus und Einzelschicksale ausdifferenzieren, problematisieren oder relativieren. An den Tatsachen ändert sich dadurch nichts: Migrantinnen und Migranten gehören sozioökonomisch betrachtet in der Mehrheit zu den „Verlierern” der bundesdeutschen Konkurrenzgesellschaft. Auf dem Arbeitsmarkt. Auf dem Wohnungsmarkt. Und in der Bildungskonkurrenz. War das von Anfang an so beabsichtigt oder ist da etwas schief gelaufen? Und wenn ja, wer ist dafür verantwortlich? Der Zufall? Die Geschichte? Ominöse Strukturen und Prozesse? Die Zuwanderer mit ihren viel diskutierten „Defiziten”, auf die nicht nur Thilo Sarrazin so nachdrücklich hinweist? Oder die „Aufnahmegesellschaft” und ihre politische Führung?
Arian Schiffer-Nasserie
Abitur + Diplom + Doktor = Hartz IV? – Der Massen-Exodus bildungserfolgreicher Deutsch-Türkinnen in die Türkei
Zusammenfassung
Spätestens mit der industriellen Arbeitsmigration kurz nach dem Ende des 2. Weltkriegs ist Deutschland zu einem exemplarischen Einwanderungsland geworden. Die sogenannten GastarbeiterInnen, die zwischen den 1950ern und 1970ern aus der südlichen Hemisphäre Europas in die boomende BRD gekommen waren, sind nicht wie angenommen zurückgekehrt. Sie gehören mittlerweile fest zum deutschen Gesellschaftsbild.
Yalcin Yildiz
Argumentationstraining gegen Stammtischparolen – eine Perspektive für den Integrationsdiskurs?
Zusammenfassung
Das „Argumentationstraining gegen Stammtischparolen" wurde vom Verfasser dieses Textes entwickelt und hat für einen Beitrag zur politischen Bildung eine außerordentliche, über die Grenzen des Faches in Schule und außerschulischer Bildung/Erwachsenenbildung weit hinaus gehende Resonanz gefunden. Es wurde in einigen Bundesländern zu einem Modellprojekt gegen Rechtsextremismus, fand bei vielen Trägern und Institutionen der politischen Bildung und schließlich auch beim Publikum eine breite Resonanz. Das Spektrum der Veranstalter ist breit: Bundeszentrale für politische Bildung, Landeszentralen für politische Bildung, VHS, kirchliche, gewerkschaftliche Bildungseinrichtungen, parteinahe Stiftungen, NGOs, Betriebe bzw. Unternehmen, Sozialarbeit, Arbeitsvermittlung, Jugendämter, Schulen, Gedenkstätten… Die Popularität dieses Trainings zeigt sich darin, dass es in etlichen Medien (Rundfunk, TV, bis in die Tagesthemen hinein, und Printmedien) vorgestellt wurde. Darüber hinaus ist es in Österreich und Südtirol präsent. Die Bücher dazu haben hohe Auflagen. Es ist also eine erstaunliche Erfolgsgeschichte in der ansonsten nicht sehr spektakulären Landschaft der Veranstaltungen und Publikationen zur politischen Bildung.
Klaus-Peter Hufer

Bildungsbiographien, Erfahrungsberichte, Erwartungshaltungen

Vielfalt im Lehrerzimmer?! –Erste Einblicke in ein Lern-/Lehr- und Forschungsprojekt mit Lehramtsstudentinnen mit Migrationshintergrund an der Universität Köln
Zusammenfassung
Lehrkräften mit einer Zuwanderungsgeschichte werden von Seiten der Bildungspolitik besondere biografische Ressourcen zugesprochen, auf die sie in der Schule zurückgreifen sollen, um die Bildungsteilhabe von Schülerinnen und Schülern mit Migrationshintergrund in verschiedener Hinsicht zu unterstützen. Im März 2010 bekräftige die ehemalige Schulministerin Barbara Sommer des Landes NordrheinWestfalen, dass an den Schulen in NRW künftig jeder zehnte Lehrer bzw. jede zehnte Lehrerin aus einer eingewanderten Familie stammen solle.
Drorit Lengyel, Lisa Rosen
Von Ressourcen zu Qualifikationen -Was es heißt, Lehrerin mit Migrationshintergrund zu sein
Sind Sie die neue Lehrerin für den Muttersprachlichen Unterricht?
Zusammenfassung
Eine Lehramtsstudentin betritt als Praktikantin das Lehrerzimmer einer Schule. Prompt wird sie von einem Lehrer freudig mit der Frage begrüßt: „Sind Sie die neue Lehrerin für den Muttersprachlichen Unterricht?”. Diese Frage verdeutlicht eine Normalitätsannahme der Migrationsgesellschaft: Sie zeigt, dass es nicht unbedingt erwartungsgemäß ist, dass eine Lehrkraft mit Kopftuch für eines der regulären Fächer zuständig ist. Der Lehrerin mit Kopftuch steht es vielmehr zu, ein marginalisiertes Fach, das allein Schülerinnen mit Migrationshintergrund angeboten wird, zu unterrichten.
Magdalena Knappik, İnci Dirim
Interkulturelle Kommunikation: Interkulturelle Konflikte – Mögliche Vermittlerfunktion der Lehrkräfte Ein Fallbeispiel
Zusammenfassung
In den letzten Jahren ist der Anteil der Schüler mit Zuwanderungsgeschichte stark gestiegen. Die Multikulturalität, die sich in den Klassenzimmern unserer Schulen widerspiegelt, fordert von Lehrkräften besondere interkulturelle Kompetenzen, u. a. die Fähigkeit zur kultursensibler sowie effektiver Kommunikation mit Schülern und Eltern aus Zuwandererfamilien. Die Auseinandersetzung mit sprachlicher, kultureller und religiöser Vielfalt ist eine Anforderung, die heutzutage alle Institutionen der Gesellschaft betrifft: Denn die demographischen Daten zeigen, dass der Anteil von Menschen mit Zuwanderungsgeschichte in Deutschland auch weiterhin zunehmen wird und somit der interkulturellen Kommunikation in der Schule eine immer größere Bedeutung zukommt. Die Schulen beklagen sich über schwierige Lebensrealitäten der beteiligten Partner, in denen es häufiger zu Konflikten kommt. Welche Bedeutung wird hier die Kommunikation zwischen Lehrkräften mit Zuwanderungsgeschichte in der Schule und Eltern und Schülern aus Zuwandererfamilien sowie Lehrkräften und Schulleitung deutscher Herkunft in der Zukunft haben? Dies soll an einem praktischen Fallbeispiel aus dem Schullalltag skizziert werden.
Yüksel Ekinci-Kocks

Bildungspolitik bzw. das deutsche Schulwesen

Bildungssituation von Einheimischen mit türkischem Migrationshintergrund: Stand und Perspektiven
Zusammenfassung
Der Beitrag beschäftigt sich mit Personen mit türkischem Migrationshintergrund, die in Deutschland geboren wurden und in polykulturellen oder hybriden Bezügen sozialisiert werden. Dabei richtet sich das Augemerk auf die schulische Bildungssituation dieser Personengruppe. Anhand eines Geburtskohortenvergleichs werden aktuelle Entwicklungen aufgezeigt und mit Blick auf die Integrationsdebatte in den USA mögliche Perspektiven erörtert.
Coskun Canan
Probleme und Ursachen der Re-Ethnisierung und Selbstethnisierung im Klassenzimmer
Zusammenfassung
Oft klagen im Schulalltag Lehrer(innen), Pädagog(inn)en und Sozialarbeiter(innen) darüber, dass sich Migrationsjugendliche nicht als „Deutsche", sondern mehr als „Türken”, „Araber" oder „Russen” definieren. Dabei ist es nicht zuletzt die hiesige Mehrheitsgesellschaft selbst, die versucht, sich ihrer eigenen Identität zu vergewissern, indem man sich von der Tradition und Kultur der Einwanderungsgesellschaft verstärkter abgrenzt. Diese Selbstvergewisserung der Mehrheitsgesellschaft begünstigt unter vielen Menschen mit Migrationshintergrund eine Tendenz zur Selbstethnisierung, das heißt zur Abgrenzung von der deutschen und zur stärkeren Identifikation mit der jeweiligen Herkunftsgesellschaft. Das gilt selbst für Migrationsjugendliche, die in Deutschland geboren und aufgewachsen sind. Für sie sind es auch alltägliche Begegnungen mit Diskriminierung und Rassismus, die (Rück-)Be- sinnungen auf tatsächlich oder vermeintlich geteilte Werte und Normen der Herkunftsgesellschaft befördern. Gerade Jugendliche erfahren über die Selbstethnisierung als „Türke”, „Araber” oder „Russe” ein neues konstruiertes Wir-Gefühl. Der 25-jährige Mehmet aus Duisburg zieht für sich folgendes Resultat:
Kemal Bozay
Schule in der Einwanderungsgesellschaft: Ressourcen erkennen und Potenziale fördern
Zusammenfassung
In Deutschland haben etwa 30% der unter sechsjährigen Kinder einen Migrationshintergrund. Während die Zahl der autochthonen Kinder weiter rückläufig ist, wächst der Anteil von Migrantenkindern – vor allem in städtischen Ballungsgebieten.
Ebru Tepecik
Bildungsgerechtigkeit für Migrantinnen und Migranten – zu einigen aktuellen politischen Ansätzen und ihren Grenzen
Zusammenfassung
Die Bildungsbenachteiligung von Kindern- und Jugendlichen mit Migrationshintergrund ist eine vieldiskutierte Tatsache, die aus mehreren Perspektiven betrachtet werden muss. Statistiken und Studien zeigen, dass Migrantenkinder und Jugendliche überwiegend in den Schulzweigen, die in keine oder weniger privilegierte berufliche Karrieren münden, anzutreffen sind. Dieser Tatbestand stellt eine Herausforderung für die Bildungs- und Integrationspolitik dar und ist aber auch unter der Perspektive der Bildungsgerechtigkeit zu thematisieren. Die Frage, was mit den Jugendlichen (davon viele mit überwiegend Migrationshintergrund) geschieht, die die Schule ohne Abschluss verlassen oder nach der Hauptschule nicht in eine berufliche Ausbildung münden, stellt auch ein soziales Problem dar oder steht in Verbindung mit sozialen Problemen. Aktuell wird im politischen und medialen Diskurs die Bildungsfrage aber immer nur unter der Integrationsperspektive oder unter der Perspektive des Fachkräftemangels diskutiert. Im Folgenden soll zunächst die Herausforderung für eine interkulturelle Pädagogik umschrieben werden und dann aktuelle Problemlösungsstrategien unter der Perspektive von Bildungsgerechtigkeit und Demokratie betrachtet werden.
Nausikaa Schirilla

Reformvorschläge für ein gerechtes deutsches Bildungssystem

Fremdes und Eigenes im Kontinuum – Hybridität als Konzept für eine interkulturelle Bildung
Zusammenfassung
Zweck beruflicher Tätigkeit von Lehrerinnen und Lehrern ist eine kontinuierliche Befähigung von Schülerinnen und Schülern, sich mit den notwendigen sachlichen Inhalten der modernen Lebenswelt vertraut zu machen und ihre personale Freiheit in der kritischen Auseinandersetzung so zu gebrauchen, dass sie ihre personale Identität ausbilden und stets neu konstituieren können. Abgesehen vom Prinzip der Wissenschaftsorientierung des allgemein bildenden schulischen Unterrichts steht unbestritten die Person im Mittelpunkt von moderner Schule und Lehrerbildung.
Karim Hassan
Von der schulischen Selektion zu einer diversitätsbewussten Bildung
Zusammenfassung
Migrationsbedingte Mobilität hat es historisch immer gegeben. Die Entstehung von Großstädten ist ohne Zuwanderung nicht denkbar. Mehr denn je gelten Migration und Mobilität als ein Zeichen unserer Zeit, als Symptome der globalisierten Welt. In allen gesellschaftlichen Bereichen ist Migration zu einem zentralen Thema geworden, überwiegend jedoch unter negativem Vorzeichen.
Erol Yildiz
Die Chimäre einer interkulturellen Schule ohne Zuwanderer, sondern mit Menschen
Zusammenfassung
In dem folgenden Beitrag untersuche und bewerte ich Begriffe im Umfeld der „interkulturellen Schulentwicklung” neben anderen Ansätze zur Beschreibung eines ressourcenorientierten Umgangs mit qualifizierten schulischen und außerschulischen Fachkräften mit Zuwanderungsgeschichte. Dabei interessieren mich besonders Modelle, Begriffe und Analysen, die politische Entscheidungsträger am ehesten bei der Gestaltung sowie Umsetzung schulpolitischer Maßnahmen unterstützen können.
Antonietta P. Zeoli
Diversität als Chance und als Ressource in der Gestaltung wirksamer Lernprozesse
Zusammenfassung
Das Bildungssystem der Bundesrepublik Deutschland ist auf der Ebene der Sekundarstufe geprägt durch eine Kultur der Homogenität von Lerngruppen und der Separierung von Schülern im vergleichsweise jungen Alter von zehn bis zwölf Jahren in unterschiedliche Schulformen. Auch wenn ein Rückblick auf die Kulturgeschichte Deutschlands eine Geschichte ethnischer, sprachlicher und religiöser Vielfalt offenbart, so hat doch das Leitbild der Homogenität in der Schule eine lange und dominante Tradition. Das gegliederte Schulsystem, das unter Einbeziehung von Förderschulen und speziellen staatlichen Schulen für Hochbegabte als fünfgliedrig bezeichnet werden kann, hat auf der Ebene der Sekundarstufen I und II lange das Paradigma der „homogenen Lerngruppe” aufrecht erhalten.
Anne Sliwka
Interkulturalität als eine akademische Lehrdisziplin
Zusammenfassung
Die Debatte um die Interkulturalität ist aus den politischen und gesellschaftlichen Kontroversen der Gegenwart nicht mehr wegzudenken. Manche Kritik über die allzu unscharfe Verwendung des Begriffs, hinter dem sich häufig eher ein Schlagwort als ein konkretisierter Inhalt verbirgt, erscheint nicht unberechtigt zu sein. In diesem Kontext wird die Interkulturalität als eine ‚Modeerscheinung’ oder eine vor ‚bergehende Geisteshaltung’ verstanden.
Hamid Reza Yousefi

Perspektiven aus der Schule

Frontmatter

Der Migrations- und Integrationsdiskurs

Integration mal anders
Zusammenfassung
Um ihnen meine Neigung zum Lehrerberuf besser veranschaulichen zu können, möchte ich etwas weiter ausholen und hier die Gründe für meine Einwanderung nach Deutschland und meinen Werdegang darlegen.
Shahriar Parvizi
Danke Deutschland
Zusammenfassung
Ich bin in Ostanatolien der Türkei zur Welt gekommen. Das Verlassen der Heimat und den Umzug in ein neues Lebensgebiet, also die Migration, haben wir zweimal durchlebt. Zweimal mussten wir alles zurücklassen und ganz von vorne anfangen. Das erste Mal mit vier Jahren, als wir vom Dorf nach Istanbul zogen und das zweite Mal mit fünfzehn, als wir nach Deutschland flüchteten. Als wir in Istanbul ein neues Leben aufzubauen versuchten, konnte ich nur Kurdisch, aber kein Wort Türkisch und anschließend in Deutschland, da konnte ich nur Türkisch, aber kein Wort Deutsch. Nachdem wir nach Istanbul gezogen waren, sprachen meine Eltern kein Wort Kurdisch mehr mit uns. Damals war diese Sprache verboten. So habe ich Kurdisch schnell vergessen. Ich verstehe zwar fast alles, kann aber nicht sprechen. Mit jedem Umzug eine neue Sprache, neue Freunde und ein neues Umfeld.
Anonyme/r AutorIn I

Bildungsbiographien

Leidenschaftlich und professionell
Zusammenfassung
Nach ca. 20 Jahren Berufserfahrung im System Schule habe ich vor 9 Monaten den Weg gewählt, bei der Regionalen Arbeitsstelle zur Förderung von Kindern und Jugendlichen aus Zuwandererfamilien (RAA) meine Aktivitäten mehr der Fortbildung meiner Kolleginnen und Kollegen zu widmen. Das heißt meine reflektierten Erfahrungen im Umgang mit Schülerinnen und Schülern und dem Thema Migration zur Sensibilisierung der Lehrkräfte an den Schulen zu nutzen.
Nilgün Isfendiyar
Individualität stärken
Zusammenfassung
Meine Schulzeit durchlebte ich in Hannover. Damals wohnten in meinem Stadtteil noch recht wenig Menschen mit Migrationshintergrund, so dass ich bereits in meiner Grundschulzeit zu den wenigen zählte, die nicht deutscher Herkunft waren.
Jelena Antonijevič
Meine Bildungsbiographie
Zusammenfassung
Meine Familie ist Ende der 80er Jahre von Oberschlesien nach Westdeutschland ausgesiedelt.
Anonyme/r AutorIn II
„Katrin?!“
Zusammenfassung
„Katrin?!“, rief die ältere Frau, die einen Rollstuhl vor sich her schob, in dem ihr Mann saß, der anscheinend nicht mehr sprechen konnte. Meine Mutter drehte sich um und erkannte unsere ehemalige Vermieterin. Die ältere Dame brach in Tränen aus und umarmte meine Mutter. Anschließend reichte sie meinem Vater die Hand. Als meine Mutter mich vorstellen wollte, sagte die Frau, „… und das muss Cagatay sein, den erkenne ich sofort.” Sie reichte auch mir die Hand und stellte mir ihren Mann vor. Dieser schien mich ebenfalls zu kennen, jedoch war ihm die Situation im Rollstuhl und seiner eingeschränkten Sprechfähigkeit sichtlich unangenehm. Später erfuhren wir, dass er mehrere Schlaganfälle hinter sich hat.
Çağatay Gürgen

Erfahrungsberichte und Erwartungshaltungen

Polnische Tipps für ein deutsches Abitur in Ostfriesland
Zusammenfassung
Meine Geschichte mit Deutschland fing bereits lange vor meiner Ankunft an. Jeder meiner polnischen Schulfreunde in den 90er Jahren träumte von einer Karriere als Fußballprofi in der Bundesliga, so auch ich. Wir alle wollten unbedingt einmal für den FC Bayern München oder SV Werder Bremen auf Torjagd gehen. Gespannt verfolgten wir alle Spiele, leider nicht persönlich am Spielfeld, sondern nur im Fernsehen. Bevor ich nach Aurich (Ostfriesland) kam, konnte ich alle Namen der Bundesligaprofis auswendig. Nach meiner Ankunft wurde ich natürlich Mitglied im örtlichen Fußballklub und versuchte, die ersten Tore in der A-Jugend zu schießen. Von der Bundesliga war ich noch „Lichtjahre” entfernt, aber nach meinem ersten Tor verflogen die ersten Zweifel. Meine Mobilität außerhalb des Sportplatzes war auch dem Sportverein zu verdanken. Der damalige Jugendwart bot mir eines seiner vielen Fahrräder an. Ich hatte Glück, nach Ostfriesland zu kommen. Jede Familie besitzt hier nämlich bis zu sechs Fahrräder. Ostfriesland hat aber noch viel, viel mehr zu bieten. Hier meine drei persönlichen Medaillenplätze: Die Goldmedaille geht an den ostfriesischen Tee mit Kluntje (weißer Kandis) und „Wölkchen” (Sahne). Gleich dahinter auf Silber die Plattdeutsche Sprache und den dritten Platz nimmt die verrückteste Sportart – das Bosseln ein. Sport hat mich von Anfang an begleitet und spielt noch heute eine wichtige Rolle in meinem Leben. Im Sport bedarf Sprache nicht immer vieler Worte, sondern ist universell. Deshalb konnte ich mich von Anfang an leicht verständigen und fand schnell Anschluss.
Andrzej Bojarski
Ein Plädoyer für mehr Vorbilder mit Kopf, Herz und Hand
Zusammenfassung
Kaum eine Woche im Schuldienst, werde ich von Schülerinnen und Schülern verschiedenster Herkunft in unseren Schulfluren angesprochen: Sind Sie der neue Türkischlehrer? Auf die Antwort waren die meisten auch in meiner Klasse kaum vorbereitet: „Guten Morgen, ich bin euer neuer Deutschlehrer!”, begrüßte ich meine Klasse und schrieb meinen Namen an die Tafel. Verdutzte Augen, Verwirrung und irritierte Gesichter konnte ich beobachten – schließlich gehöre ich immer noch zu einer „seltenen Spezies” in den deutschen Klassenzimmern.
Muhammed Giraz
Gibt es eine Zukunft der Inklusion innerhalb der Lehrerschaft?
Zusammenfassung
Im Jahr 1968 bin ich als anderthalbjähriges Kind eines Gastarbeiters zusammen mit meiner Mutter meinem Vater nach Deutschland gefolgt. Meine Biographie ähnelt der eines deutschen Kindes, meint man zumindest auf den ersten Blick. Ich bin in Essen-Altenessen aufgewachsen. Nach dem Besuch eines katholischen Kindergartens und einer Grundschule wurde ich auf Anraten meines Klassenlehrers auf eine Hauptschule überwiesen. Meine guten Noten sprachen dagegen, aber meine Eltern hörten natürlich auf das, was der Lehrer damals empfahl. Sie hatten keine Erfahrung. Schließlich passte es meinem Vater auch ganz gut so, denn er war noch sehr in den traditionellen Strukturen seiner palästinensischen Heimat verankert.
Tagrid Yousef
Meine Zeit als Türkischlehrer in einer „türkischen Modellklasse” an einem deutschen Gymnasium
Zusammenfassung
Dass es in Deutschland verschiedene Schulformen für Schülerinnen und Schüler mit unterschiedlichem Leistungsvermögen gibt, die unterschiedliche Erwartungen an ihre Schülerschaft richten und unterschiedliche Qualifikationenen ermöglichen, ist jedem bekannt.
Halis Kirdis

Bildungspolitik bzw. das deutsche Schulwesen/ Reformvorschläge

Das deutsche Schulsystem aus der Sicht eines Berufsschullehrers
Zusammenfassung
Themen, die ich unten kommentierte, haben in meinem Leben einen hohen Stellenwert. Seit meiner Einreise nach Deutschland im Jahr 1992 wurde ich andauernd mit ähnlichen Fragestellungen konfrontiert und habe im Laufe der Jahre für mich die passenden Verhaltensnormen im Umgang mit Multikulturalität gefunden. Einiges kam durch Professionalisierung auf dem Gebiet hinzu. Allerdings basieren meine Aussagen größtenteils auf subjektive Erfahrungen und können durchaus von den Erfahrungen anderer Kollegen mit Migrationshintergrund abweichen. Jedoch bin ich ziemlich sicher, dass die meisten von Ihnen ähnliche Erlebnisse im Laufe ihrer Laufbahn sammeln konnten.
Andreas Prieb
Backmatter
Metadaten
Titel
Das interkulturelle Lehrerzimmer
herausgegeben von
Karim Fereidooni
Copyright-Jahr
2012
Verlag
VS Verlag für Sozialwissenschaften
Electronic ISBN
978-3-531-94344-2
Print ISBN
978-3-531-18467-8
DOI
https://doi.org/10.1007/978-3-531-94344-2