Kann ein katholischer Orden, gegründet im ausgehenden Mittelalter, Hinweise geben für die erfolgreiche Führung von Industrieunternehmen an der Schwelle zum 21. Jahrhundert? Läßt sich denn beides miteinander vergleichen? Immerhin handelt es sich bei der Ordensgemeinschaft der Jesuiten um ein soziales System, so wie ein Unternehmen es auch ist, dem es gelingt, seinen Bestand seit über 500 Jahre zu sichern. Unternehmen überstehen kaum die dritte Generation.
Die Lernfähigkeit eines Unternehmens wird heutzutage als besondere Qualifikation herausgestellt. Doch auch vorher gab es schon lernende Unternehmen. Zum ausdrücklichen Thema wird das Lernunternehmen, weil die bisherigen Instrumente nicht mehr ausreichen, um mit der Krise und den neuen Herausforderungen fertig zu werden, weil die zunehmende Komplexität der modernen Welt mit den bisherigen Managementmethoden, Verhaltens- und Denkmustern nicht mehr zu bewältigen ist. Außerdem verfügen wir inzwischen über theoretische Instrumente, um lernende Systeme zu beschreiben, wie den Begriff der Autopoiese von Maturana und Varela und die Lerntheorie von Piaget.
Aus der Funktionsweise des Gehirns lassen sich für die Organisation eines Unternehmens, die in besonderer Weise in der Lage sein soll, Lernprozesse zu fördern, folgende Punkte ableiten:
Sowohl Hierarchie als auch laterale Vernetzungen sind von Bedeutung.
Es ist notwendig, autonome Einheiten zu schaffen und sie in das Ganze zu integrieren.
Die Selbsthematisierung als kritische Bestandsaufnahme des eigene Zustands und als Quelle der Selbsterneuerung ist wichtig.
Die Idee vom Ganzen, die das Handeln der Teile lenkt, die an der Erarbeitung dieser Idee vom Ganzen mitwirken, ist zu beachten.
Durch gemeinsame Reflexionsleistungen ist ein inneres Bild der Außenwelt zu schaffen, um mit gebündelter Energie zielgerichtet handeln zu können.
Es besteht der Anspruch, bei der Verwirklichung der eigenen Ziele auch den anderen eine geeignete Umwelt zu sein.
Die Gründung des Jesuitenordens und die Ausarbeitung der Ordenssatzung sind das Werk des Ignatius, das aber nicht ohne seine ersten Gefährten denkbar ist. Die Geistlichen Übungen, die Voraussetzung für alles andere sind, beruhen ganz allein auf seiner persönlichen Lebenserfahrung. Dehalb wenden wir uns zunächst dem Werdegang dessen zu, der aus seiner reichen menschlichen und geistlichen Erfahrung dieses Werk hervorgebracht hat.
Was folgt aus diesen Überlegungen für Unternehmen an der Schwelle zum 21. Jahrhundert, das sich als Jahrhundert der Weltgesellschaft als Wissensgesellschaft ankündigt?
Meine berufliche Tätigkeit ermöglicht es mir, mit zahlreichen Persönlichkeiten zu sprechen, die an der Spitze großer Unternehmen and Organisationen stehen. Immer wieder beeindruckt mich, mit welch hohen ethischen Anforderungen an sich selbst, großer Intelligenz and persönlicher Ausdauer these Menschen ihre Aufgabe erfüllen. Ein Unternehmen in unserer Zeit einigermaßen erfolgreich zu führen, das ist an sich schon ein Kunstwerk. Eindrucksvoll ist auch, die charakterliche Vielfalt dieser Personlichkeiten zu erleben. Da gibt es sehr kreative Menschen, offene und beziehungsorientierte, bescheidene and zurückhaltende, solche, die über Jahre enttäuschende Erfahrungen durchstehen, andere, die trotz hoher beruflicher Belastung den Eindruck erwecken, für jeden Zeit zu haben. Es sind Menschen, die Schwächen haben, sich dessen bewuüt sind und daran arbeiten.