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2025 | Buch

Das mengentheoretische Unabhängigkeitsphänomen

Eine Welt jenseits der mathematischen Beweiskraft

verfasst von: Deborah Kant

Verlag: Springer Berlin Heidelberg

Buchreihe : essentials

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Über dieses Buch

Dieses Buch erklärt kurz und prägnant die Forschung zum faszinierenden mengentheoretischen Unabhängigkeitsphänomen: Zahlreiche mengentheoretische Sätze sind gemäß den Standardaxiomen weder beweisbar noch widerlegbar. Um das zu zeigen, baut man zwei verschiedene mengentheoretische Modelle, meist mit Hilfe der bahnbrechenden Beweistechnik Forcing. Am Beispiel des berühmtesten unabhängigen Satzes – der Kontinuumshypothese – erläutert dieses Buch die Grundstruktur und die wesentlichen Argumente eines Unabhängigkeitsbeweises. Anschließend bietet es Einblicke in Themen, die Mengentheoretiker:innen aktuell beschäftigen und diskutiert verschiedene philosophische Sichtweisen auf das mysteriöse Phänomen.

Inhaltsverzeichnis

Frontmatter
Kapitel 1. Mengenlehre kompakt
Zusammenfassung
Georg Cantor führte Ende des 19. Jahrhunderts die unendlichen Mengen ein. Er entwickelte die Idee, dass man nach ‚unendlich‘ weiterzählen kann und benutzte dafür unendliche Ordinalzahlen. Ebenso untersuchte er, wie man die Größe unendlicher Mengen mit Hilfe unendlicher Kardinalzahlen vergleichen kann. Er bewies, dass es mehr reelle Zahlen als natürliche Zahlen gibt und mutmaßte, dass es keine Menge gibt, die größer ist als die Menge der natürlichen Zahlen und gleichzeitig kleiner als die Menge der reellen Zahlen: die Kontinuumshypothese. Auf Cantors Ergebnisse aufbauend wurde die Mengenlehre von Ernst Zermelo und Abraham Fraenkel in der Theorie ZFC axiomatisiert. Diese axiomatische Theorie ist jedoch, wie viele andere auch, von den Gödelschen Unvollständigkeitssätzen betroffen, bewiesen von Kurt Gödel. Insbesondere gibt es Aussagen, die in der Theorie ZFC weder beweisbar noch widerlegbar sind – und dazu gehört auch die Kontinuumshypothese.
Deborah Kant
Kapitel 2. Die Unabhängigkeit der Kontinuumshypothese
Zusammenfassung
Dieses Kapitel führt wichtige Begriffe des mengentheoretischen Unabhängigkeitsphänomens ein, z. B. formale Sprachen, formale Theorien, Axiome, Beweisbarkeit in einer Theorie und Modelle einer Theorie. Außerdem erläutert es den engen Zusammenhang zwischen Syntax und Semantik (Vollständigkeitssatz der Prädikatenlogik erster Stufe, Löwenheim-Skolem-Theorem). Anschließend wenden wir uns dem Unabhängigkeitsbeweis der Kontinuumshypothese zu. Ein Unabhängigkeitsbeweis einer mengentheoretischen Aussage besteht aus der Konstruktion von zwei Modellen der Theorie ZFC, einem Modell, in dem die Aussagen wahr ist, und einem Modell, in dem die Aussage falsch ist. In Bezug auf die Kontinuumshypothese hat Kurt Gödel das innere Modell L definiert, in dem CH wahr ist. Paul Cohen hat anschließend ein Forcingmodell konstruiert, in dem CH falsch ist. Cohens Forcingkonstruktion besteht aus vier Teilbeweisen. In einem Teilbeweis muss gezeigt werden, dass aus einem abzählbaren Modell ein etwas größeres Modell gebaut werden kann, in dem es mindestens \(\aleph _2\) viele reelle Zahlen gibt. Diesen Schritt sehen wir uns in diesem Kapitel genauer an. Mehrere Abbildungen veranschaulichen die Erklärungen.
Deborah Kant
Kapitel 3. Mengenlehre heute: neue Axiome
Zusammenfassung
Eine einfache Idee, einige der Aussagen, die von ZFC unabhängig sind, zu beweisen oder zu widerlegen, besteht darin, weitere Axiome zu ZFC hinzuzufügen. In einer erweiterten Theorie von ZFC, die mehr Axiome enthält, können einige der Fragen, die ZFC nicht beantworten kann, beantwortet werden, indem einige Theoreme bewiesen werden können, die in ZFC nicht bewiesen werden konnten. Mengentheoretiker:innen untersuchen in ihrer Forschung deswegen sogenannte neue Axiome, um diese Idee genau unter die Lupe zu nehmen. Neue Axiome können als von ZFC unabhängige Aussagen charakterisiert werden, die man als grundlegende Prinzipien oder Ausgangspunkte deduktiver Herleitungen betrachtet. Die drei Hauptarten neuer Axiome, die in der Mengenlehre heute erforscht werden, sind große Kardinalzahlaxiome, Determiniertheitsprinzipien und Forcingaxiome. Währen Kardinalzahlaxiome und Determiniertheitsprinzipien keine Auswirkung auf die Kontinuumshypothese haben, implizieren Forcingaxiome, dass die Kontinuumshypothese falsch ist.
Deborah Kant
Kapitel 4. Philosophische Sichtweisen
Zusammenfassung
Um das mengentheoretische Unabhängigkeitsproblem in der Philosophie der Mengenlehre zu beschreiben, ist es sinnvoll zwischen dem Unabhängigkeitsphänomen und dem Unabhängigkeitsproblem zu unterscheiden. Das Unabhängigkeitsphänomen besteht aus den zugrundeliegenden mathematischen Tatsachen. Aber ein Unabhängigkeitsproblem entsteht erst durch die Frage, warum manche Aussagen, wie \(2+2=4\) oder ‚Es gibt mehr reelle Zahlen als natürliche Zahlen‘, als wahre mathematische Aussagen, andere dagegen, wie die Kontinuumshypothese, weder als wahre noch als falsche Aussagen gelten. Eine zentrale philosophische Frage lautet: Ist letztendlich doch eine Entscheidung darüber möglich, ob die Kontinuumshypothese wahr oder falsch ist? Monisten glauben an diese Möglichkeit, Pluralisten hingegen nicht.
Deborah Kant
Backmatter
Metadaten
Titel
Das mengentheoretische Unabhängigkeitsphänomen
verfasst von
Deborah Kant
Copyright-Jahr
2025
Verlag
Springer Berlin Heidelberg
Electronic ISBN
978-3-662-71097-5
Print ISBN
978-3-662-71096-8
DOI
https://doi.org/10.1007/978-3-662-71097-5