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19.03.2021 | Datenmanagement | Infografik | Online-Artikel

Viele Finance-Aufgaben erledigen künftig Robos

verfasst von: Angelika Breinich-Schilly

5 Min. Lesedauer

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Die Rolle von Finance-Fachleuten wird sich künftig stark ändern, belegt eine aktuelle, internationale Umfrage. Dass Maschinen und KI mittelfristig Aufgaben in der Finanzabteilung komplett übernehmen, davon sind viele Manager überzeugt. 

Laut einer aktuellen Befragung des US-Technologiekonzerns Oracle definieren sich 54 Prozent der Verbraucher weltweit über ihren finanziellen Status. Diese sehr komplexe Beziehung hat bislang die persönliche, aber auch die professionelle Sicht von Menschen auf das Thema Geld und Finanzen geprägt. Doch mit dem wachsenden Vertrauen in neue Technologien wie Künstliche Intelligenz, digitale Assistenten oder die Blockchain verändert sich auch der Umgang im privaten wie im unternehmerischen Finanzmanagement.  

Für die Erhebung wurden im Dezember 2020 rund 9.000 Verbraucher und Unternehmensentscheider in insgesamt 14 Ländern, darunter die USA (1.500 Teilnehmer), Großbritannien und Deutschland (je 1.000 Teilnehmer), die Niederlande, Frankreich, China, Indien, Australien, Brasilien oder Japan (je 500 Teilnehmer) befragt. 

Robo ersetzt menschliche Mitarbeiter bei Routinejobs

Laut Befragung sagen 85 Prozent der Kunden, dass Robos Finanzprofis langfristig ersetzen werden. 46 Prozent gehen sogar davon aus, dass dies bis 2026 passieren wird. Bei den Führungskräften und Unternehmenslenkern gehen sogar 90 Prozent davon aus, dass Robo- und weitere digitale Technologien in Zukunft Aufgaben in der Finanzabteilung komplett übernehmen. Von ihnen sagen 56 Prozent, dass das in den kommenden fünf Jahren der Fall sein wird.

Der Grund für das gestiegene Vertrauen in Robos liegt vor allem in der schnellen und zuverlässigen Verarbeitung großer Daten- und Zahlenmengen bei Routineaufgaben im Finance-Bereich. Menschliche Kompetenz wird sowohl von Entscheidern als auch Verbrauchern künftig dort erwartet, wo Algorithmen in der Regel versagen: 

  • in der direkten Kundenkommunikation, etwa bei konkreten Preis- und Discount-Verhandlungen oder in Genehmigungsprozessen,
  • und bei tiefgreifenden Entscheidungen des persönlichen Lebens, wie etwa dem Immobilien- oder Autokauf sowie der Altersvorsorgeberatung. 

Pandemie zwingt Unternehmen zum Umdenken

Neben dem gestiegenen Vertrauen in neue Technologien hat auch der Umgang mit Bargeld im Verlauf der Pandemie die Einstellung der Menschen nachhaltig beeinflusst. So hat Covid-19 bei 60 Prozent der befragten Verbraucher das Bezahlen von Dienstleistungen und Waren verändert. Für 29 Prozent der Kunden gelten seither Geschäfte und Dienstleister, die ausschließlich auf Bargeld setzen, als No-Go. 

Und die Unternehmen haben auf diesen Trend reagiert: 69 Prozent der Entscheider geben an, dass ihre Organisation seit dem Ausbruch der Pandemie in neue digitale Bezahlmöglichkeiten investiert hat. 64 Prozent gehen im Kundenkontakt neue, digitale Wege oder haben gleich das gesamte Geschäftsmodell – etwa über Business-Plattformen – angepasst, um sich neue Umsatzquellen zu erschließen. 

So hält in Prozesse der Finanzabteilungen mittlerweile bei 51 Prozent der befragten Unternehmen auch die Künstliche Intelligenz Einzug – mit steigender Tendenz. Denn 87 Prozent der befragten Manager gehen davon aus, dass veraltete Finanzprozesse auf Dauer

  • ein höheres Risikopotenzial bergen, 
  • ein Nachteil gegenüber Wettbewerbern bedeuten, 
  • zu steigenden Stressleveln unter den Beschäftigten und einem fehlerhaften Reporting führen und 
  • die Produktivität im Unternehmen verschlechtern.  

RPA in der Controlling-Praxis

Dass die Automatisierung in den Finance- und Controlling-Abteilungen unaufhaltsam voranschreitet, beschreibt auch Juliane Wutzler in der Zeitschrift "Controlling & Management Review" (Ausgabe 2 | 2021):  

Rund 45 Prozent aller Tätigkeiten in Unternehmen können laut Schätzungen der Unternehmensberatung PwC automatisiert werden. Weltweit entsprechen diese Effizienzsteigerungen einem Einsparungspotenzial von circa zwei Billionen US-Dollar im Personalkostenbereich (PwC, 2016). Darüber hinaus können auch schwerer quantifizierbare Einsparungen erzielt werden, indem zum Beispiel Fehler durch manuelle Tätigkeiten reduziert oder Steuerungsmaßnahmen schneller umgesetzt werden."

Digitale Tools steigerten vor allem wegen Monats-, Quartals- und Jahresabschlüssen und der Planungsprozesse die Effizienz im Controlling. "In Anbetracht der meist hoch qualifizierten und bezahlten Mitarbeiter sind diese Verbesserungsmaßnahmen mit entsprechenden Kosteneinsparungen verbunden. Zudem führt die Eliminierung manueller Controlling-Prozesse zu einer höheren Datenqualität und Transparenz sowie kürzeren Bearbeitungs- und Reaktionszeiten, und sie setzt Ressourcen für Tätigkeiten mit höherem Wertbeitrag frei", so die Expertin, die als RPA-Developerin und Controllerin im Bereich Pharmaceutical Packaging bei Schott in Mainz tätig ist.

Der Robo ist eine kostengünstige und schnelle Lösung

Laut Wutzler lassen sich im Finance-Bereich mittels unterschiedlicher Technologien, sogar ohne Einbindung der IT-Abteilung, kostengünstig und schnell Automatisierungspotenziale umsetzen und die Effizienz der Controlling-Prozesse steigern. "Zwei hierfür geeignete Technologien sind Visual Basics for Applications (VBA) und Robotic Process Automation (RPA). Auch individuelle Prozesse, für die umfassende IT-Lösungen zu zeitaufwendig und teuer wären, können so automatisiert und effizienter gestaltet werden."

Die Möglichkeiten, mit Hilfe von Software-Robotern redundante und manuell geprägte Prozesse ohne aufwändige Änderungen der Backend-Systeme zu automatisieren, sind laut Jannick Petersen und Hinrich Schröder vielfältig. Petersen ist als IT Consultant Automation bei der ECE Group Services tätig und Schröder als Professor an der Nordakademie, Hochschule der Wirtschaft, in Elmshorn. In der Reihe "HMD Praxis der Wirtschaftsinformatik" (Ausgabe 6 | 2020) schreiben die Experten: 

RPA wird als 'Lightweight IT' betrachtet. Dieser Begriff beschreibt Technologien, die Arbeitsprozesse unterstützen sowie schnell und günstig eingeführt werden können. Dies kann durch Bereiche außerhalb der IT geschehen und benötigt zu Beginn oftmals keine IT-Spezialisten. Im Gegensatz dazu ist 'Heavyweight IT' im Besitz der IT und besteht aus integrierten Systemen, welche durch Spezialisten gemanagt werden."

RPA-Governance verhindert Schatten-IT

Die Autoren erläutern die Umsetzung eines Pilotprozesses anhand eines praktischen Beispiels. Hier ist der Finanzbereich für die Auswahl von Prozessen und Tätigkeiten zuständig, welche durch RPA automatisiert werden sollen. "Dafür wird ein vom Finanzwesen eigens entwickeltes Bewertungsverfahren verwendet, das Qualitätsveränderungen des Prozesses durch die Automatisierung, Chancen und Risiken, den Aufwand sowie die eingesparte Arbeitszeit berücksichtigt", fassen Petersen und Schröder zusammen.

Die Entwicklung der RPA-Programme findet ihnen zufolge ebenfalls im Finanzbereich statt. "Nach der Entwicklung werden die Programme getestet und bei erfolgreichem Test an die IT zur Produktivsetzung übergeben. Sollten im produktiven Einsatz Fehler auftreten, ist der Finanzbereich für die Fehlerbehebung zuständig." Die IT-Abteilung ist in diesem Prozess für den Betrieb und die Bereitstellung der Infrastruktur verantwortlich. Voraussetzung für eine zielgerichtete Einführung und Umsetzung, die Wildwuchs oder eine mögliche Schatten-IT verhindert, ist laut Petersen und Schröder eine RPA-Governance. Diese muss die Strukturen, Prozesse und Verantwortlichkeiten im Unternehmen festlegen. 

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