Die Debatte um Raumzuschnitte wurde in der Geographie und Soziologie in den USA und Großbritannien seit den 1980er-Jahren und etwas später auch in Deutschland intensiv unter dem Begriff Rescaling geführt (Brenner
1998, S. 432,
2009, S. 124). Territoriale und funktionale Raumbezüge überlappen sich dabei zwar, sind aber nicht vollständig deckungsgleich. Die Trägheit administrativ fest abgegrenzter Einheiten erfordert es, dass politisch-gesellschaftliche Handlungen nicht nur territorial, sondern auch funktional und damit räumlich variabel ausgerichtet sind. Erfolgte eine klassische Regionalisierung eher nach dem Territorialprinzip, in dem erst die Institutionen, dann die Handlungsräume und danach die Diskurse entstanden, so geht moderne Regionalisierung den umgekehrten Weg: Aus Raumdiskursen und „Proto-Governance“ (Christmann
2010; Gailing
2012; Gailing und Kilper
2010; Matern
2013) entstehen allmählich Handlungsräume. Erst am Ende der Regionsbildungsprozesse stehen eventuell Veränderungen der Institutionen (Reimer
2012, S. 92), die dann dem neuen Scaling angepasst werden. Dadurch überlagern sich häufig in einem Raum unterschiedliche Typen von Mehrebenen-Governance-Strukturen: Typ I umfasst die fest institutionalisierten, räumlich invariablen und nicht überlappenden Formen; Typ II dagegen aufgabenbezogene, räumlich variable und schwach institutionalisierte Einheiten (Gualini
2006, S. 71; Hooghe und Marks
2001). Die Frage des Verhältnisses der Regional Governance-Typen I und II war in Deutschland vor allem bei der Weiterentwicklung der klassischen Regionalverbände zu großräumigeren schwächer institutionalisierten Metropolregionen von Bedeutung (Diller
2016b). Die Strategie der Bildung von „Soft Spaces“ ist nicht nur auf nationaler Ebene – und hier besonders in Ländern mit einer im Vergleich zu Deutschland schwächeren regionalen Institutionslandschaft wie UK oder Frankreich – von Bedeutung (Walsh et al.
2012), sondern auch Teil der Kohäsionsstrategien innerhalb der EU (Sielker und Chilla
2015). Für die europäischen Förderprogramme, aber auch in nationalen Programmen ist die Frage der Soft Spaces zentral für die verfolgten Förderstrategien. Dies gilt auch für die räumliche Maßstabebene unterhalb von Metropolregionen, also Mikroregionen. In der theoriebasierten Regional Governance-Forschung geht es vor allem auch darum, die dichotome Denkweise des territorialen vs. funktionalen Betrachtungsansatzes zu überwinden (Allmendinger et al.
2014).
Fürst (
1994, S. 191) formulierte (vermutlich als erster) explizit die Hypothese, wonach regionale Kooperationen, wenn sie erfolgreich verlaufen, einen Prozess der stärkeren Institutionalisierung erfahren. Eine der wenigen bundesweiten empirischen Untersuchungen regionaler Kooperationen auf breiterer empirischer Basis (Diller
2002, S. 245, 346 ff) kam zu dem Befund, dass der Erfolg, der diesen Kooperationen von ihren Akteuren beigemessen wird, mit der Rechtsform der Kooperation korreliert: Kooperationen mit einer härteren Institutionalisierung (also z. B. eingetragene Vereine, GmbH) werden von ihren Akteuren signifikant besser bewertet als solche ohne starke Institutionalisierung.
Institutionalisierung wird meist mit den internen Faktoren der Effizienzsteigerung erklärt: Lose und durch Netzwerke geprägte Governance-Arrangements sind angebracht, um Innovationen und Win-Win-Lösungen zu entwickeln. Sie sind jedoch festeren Institutionen unterlegen, wenn es um Routineaufgaben geht oder wenn konflikthafte Entscheidungen getroffen werden müssen. Dann haben lose Netzwerke ein Legitimationsdefizit (Benz und Fürst
2003, S. 205; Diller
2002; Fürst
2006, S. 50). Eine festere Institutionalisierung ist jedoch kein zwangsläufiges Ergebnis der Entwicklung regionaler Kooperationen. Festere institutionelle Strukturen werden zwar oft diskutiert, aber nur selten politisch beschlossen und umgesetzt (Glietsch
2011, S. 86).