2005 | OriginalPaper | Buchkapitel
„Der Islam gegen den Westen“. Zur Genealogie eines internationalen Konfliktparadigmas
verfasst von : Dietrich Jung
Erschienen in: Unfriedliche Religionen?
Verlag: VS Verlag für Sozialwissenschaften
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In seinem Brief an die pakistanischen Muslime vom 1. November 2001 bekräftigte Osama bin Laden eine Leitdifferenz der internationalen Politik, deren Kontur sich schon lange vor den Terroranschlägen vom 11. September 2001 abgezeichnet hatte. Nicht zuletzt war es Samuel Huntingtons ‚Neustrukturierung der Weltordnung‘, die bereits 1993 den Islam als Hauptgegner der liberal-demokratischen Kultur des Westens ausmachte. Obwohl die Publikation von Huntingtons kultures-senzialistischer Revision des klassischen staatszentrierten Realismus in den Internationalen Beziehungen eine wahre Flut der Kritik auslöste
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, konnte sich vor allem die Dichotomie zwischen Islam und Westen in den öffentlichen Debatten etablieren. Seitdem hat sie sich zu einer festen Größe nicht nur in der populärwissenschaftlichen Erklärung internationaler Konfliktkonstellationen entwickelt. Dabei teilen viele Islamisten und westliche Analysten in überraschender Einstimmigkeit diese hier von Osama bin Laden plakativ formulierte konfrontative Zweiteilung der Weltpolitik und sie bestärken sich auch gegenseitig in ihrer holistischen Auffassung von der islamischen Religion. Dieser zufolge handelt es sich beim Islam um eine organische Einheit von Religion und Politik, deren Grundfeste das islamische Recht mit seiner scheinbar transhistorischen normativen Ordnung bilde. Angesichts dieser konfliktiven Wahrnehmungsmuster ist es geradezu selbstverständlich, dass auch in dem hier vorliegenden Band über ‚unfriedliche Religionen ‘der Islam an vorderster Stelle steht.