Das Verhältnis von Staat und Militär befindet sich erneut im Umbruch. Dieser Beitrag führt in einem ersten Schritt die Begriffe ‚Staat‘ und ‚Nation‘ ein und gibt einen Überblick über die Prozesse der Staats- und der Nationalstaatsbildung. Erst in der Moderne entstand das staatlich organisierte und disziplinierte Militär. Im zweiten Schritt beschreiben wir die Charakteristika der sich damals herausbildenden ‚nationalen Konstellation‘. Die Funktion der Streitkräfte im Prozess der äußeren und inneren Nationsbildung wird dabei ebenso beleuchtet wie die Einhegung des Militärischen im Zuge der Durchsetzung des staatlichen Gewaltmonopols sowie die verfassungs- und völkerrechtliche Einbindung der nationalen Armeen. Auf dieser Grundlage wird im dritten Abschnitt das Verhältnis von Nationalstaat und Militär nach dem Ende des Ost-West-Konflikts bestimmt und diskutiert, ob sich die Symbiose von Nationalstaat und Militär auflöst und sich eine ‚postnationale Konstellation‘ abzeichnet. Im Mittelpunkt unserer Betrachtung stehen dabei Aspekte der Neuorientierung der Militärpolitik sowie der Entgrenzung und Enthegung militärischer Gewalt. Abschließend wird konstatiert, dass sich die ‚nationale Konstellation‘ seit dem Ende des Kalten Krieges 1989/90 zwar in einem sukzessiven Erosionsprozess befindet und sich neue transnationale Sicherheitsprobleme im Sinne einer ‚postnationalen Konstellation‘ entwickelten, dass jedoch der normative Anspruch einer globalen, verrechtlichten Weltordnung bis auf Weiteres gescheitert ist.
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Heere waren zunächst heterogene Gruppen von Kriegern, Rittern oder anderen Einzelkämpfern, die sich nur unter permanent auszuhandelnden Bedingungen und nur befristet dem Willen ihrer Anführer unterordneten. Diese bewaffneten Scharen waren politisch schwer zu kontrollieren.
Die institutionelle Bändigung des Militärs ist bis heute ein fragiles zivilisatorisches Unterfangen: Militärputsche und abtrünnige Truppen, paramilitärische Gruppen (wie Rebellen, Separatisten oder revolutionäre Gruppen etc.) gibt es bis in die Gegenwart.
Neben den Staaten können auch internationale Organisationen – wie die Europäische Union seit Inkrafttreten des Vertrags von Lissabon (2009) – als Völkerrechtssubjekte in Erscheinung treten, die ihre Rechtsfähigkeit jedoch auf die der Mitgliedsstaaten gründen.
Modernisierungstheoretische Ansätze betrachteten den Prozess der Nationsbildung als eine notwendige Stufe bei der sozialen und politischen Integration ausdifferenzierter moderner Industriegesellschaften (Deutsch 1953; Gellner 1995 [1964]).
Die äußere Nationsbildung verlief auch außerhalb Europas oft gewaltsam. Anderson (1988) unterscheidet drei Nationalismusmodelle: Volksbewegungen „von unten“ (z. B. in Latein- und Nordamerika), offizielle Nationalismen „von oben“ zur Steigerung der Legitimität bröckelnder dynastischer Imperien und schließlich einen „letzte Welle“-Nationalismus (in vielen ehemaligen Kolonien).
Weichlein (2004: 34, 298, 326 ff.) beschreibt, wie aufgrund von Initiativen national-liberaler Lehrer – manchmal auch gegen einzelstaatliche Vorbehalte – ein nationales Geschichtsbild Verbreitung fand, das die regionalen Identitäten (wie z. B. den Bayerischen Militärstolz) unbeschädigt ließ.
Noch im Ersten Weltkrieg stammten die privilegierten Berufsoffiziere der höheren Stäbe meist aus adligen Familien. Bürgerliche Frontoffiziere der Reserve waren immerhin hoch geachtet. Dagegen verrichteten Industriearbeiter ihren Militärdienst meist in den – im Ernstfall hoch gefährdeten – technischen Waffengattungen ohne hohes Prestige. Im deutschen Militär spiegelten sich die Klassenkonflikte der Gesellschaft wider.
Für Kriegervereine ist ein solcher – für die Entstehung landesweiter Vereine und Parteien wichtiger – Effekt belegt. Der Dienst garantierte einen Vertrauensvorschuss, der politischen und sonstigen Karrieren landesweit durchaus förderlich sein konnte.
Im Unterschied zu binnenstaatlicher Arbeitsmigration, an der natürlich auch junge Frauen Anteil hatten, war der Militärdienst eine vorübergehende, biografische Ausnahmesituation. Man kehrte danach an den Herkunftsort zurück.
Zu verstehen ist hierunter ein „internationales Einverständnis über die Natur praktikabler Arrangements über die zulässigen Ziele und Methoden der Außenpolitik. (…) Eine legitime Ordnung macht Konflikte nicht unmöglich, sie begrenzt jedoch ihre Dimension.“ (Kissinger 1957)
Defense trasformation wird definiert als: „changes in the concepts, organization, process, technology application and equipment through which significant gains in operational effectiveness, operating efficiencies and/or cost reductions are achieved“ (Transformation Study Group 2001: 5).
Unter dem „Gesamtbegriff einer allgemeinen Friktion“ subsumiert Clausewitz (1998 [1832]: 82 ff.) die begrenzte körperliche Belastungsfähigkeit der Soldaten, die sich häufig widersprechenden oder falschen Gefechtsfeldinformationen sowie nichtsteuerbare äußere Einflüsse (z. B. Wetter).
Vgl. Grey (1997: 50); McKitrick et al. (1995: 1) und Cooper (1994: 12). So auch Krepinevich 1994: 30; Toffler und Toffler (1993: 34) und Metz und Kievit (1995: 9).
Mit dem Lissabonner Vertrag wurde die Europäische Sicherheits- und Verteidigungspolitik (ESVP) zur Gemeinsamen Sicherheits- und Verteidigungspolitik (GSVP) weiterentwickelt und sieht seit dem Inkrafttreten am 1. Dezember 2009 u. a. auch neue, flexiblere Kooperationsformen vor.